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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Bologna. Die Mezzaratta.
Und dieselbe Behandlungsweise, dieselbe Talentlosigkeit bleibt das
Merkmal der Schule bis über die Mitte des XV. Jahrh. hinaus. Von
diesen Madonnen- und Crucifixmalern werden hauptsächlich genannt:

Lippo di Dalmasio. Servi, eine der hintersten Cap. des Chor-a
umganges: Mad. mit SS. Cosmas und Damian; in derselben Kirche
noch mehrere alte Madonnen von verschiedenen Händen.

Simone da Bologna. In der vierten jener sieben Kirchen zub
S. Stefano (S. Pietro e Paolo) rechts neben dem Chor: ein Crucifi-
xus; -- in der siebenten (S. Trinita) an einem Pfeiler: S. Ursula mit
ihren Gefährten. (In der ersten dieser Kirchen, beiläufig gesagt, Fres-
ken der Kreuztragung -- links im Chor, und der Kreuzigung -- auf
dem Hochaltar, von einem auch der Herkunft nach unbekannten Ma-
ler des XV. Jahrh. -- In einem Gang an der siebenten Kirche: An-
zahl kleiner altbolognes. Bilder.) -- In S. Giacomo maggiore, drittec
Cap. des Chorumganges rechts: Simone's bester Crucifixus, datirt 1370.
Einzelnes in der Pinacoteca.d

Jacobus Pauli (den man in Bologna beharrlich mit dem unten
zu nennenden Giacomo d'Avanzo identificirt). Mehreres in der Pina-e
coteca; -- an dem grossen Altar in S. Giac. magg., dritte Cap. desf
Chorumgangs, rechts, ist von ihm die Krönung Mariä.

Die einzige Kirche, in der eine grössere Reihe von Fresken der
Schule erhalten ist, liegt vor Porta Castiglione auf dem Wege zur
Villa Aldini; es ist die Mad. della Mezzaratta. Hier sieht man, ge-g
genwärtig gewissenhaft gereinigt und zugänglich gemacht, Malereien
von Vitale (das Presepio), Jacobus (wahrscheinlich Jac. Pauli,
u. a. der Teich von Bethesda und die Geschichte Josephs), Simone
(der Kranke, welcher durch das Dach hereingelassen wird) Christo-
foro
oder Lorenzo (Geschichten des Moses) etc. etc. Der Durch-
schnitt ist beträchtlich besser als in den Tafelbildern.

In S. Petronio enthält die 4. Cap. links unbedeutende Wandfres-h
ken (etwa um 1400), dem Buffalmaco oder gar dem Vitale zugeschrie-
ben; beides chronologisch unmöglich. Der Maler hat z. B. in seinem
Weltgericht schon begreiflicher und wirklicher sein wollen als Or-
cagna; seine Heiligen sitzen auf zwölf Reihen Bänken zu beiden Seiten
Christi, gleichsam ein Concil bildend. (Neuerlich dem Simone beige-
legt.) -- Die beiden Fresken in der ersten Capelle links sind gering,i

Bologna. Die Mezzaratta.
Und dieselbe Behandlungsweise, dieselbe Talentlosigkeit bleibt das
Merkmal der Schule bis über die Mitte des XV. Jahrh. hinaus. Von
diesen Madonnen- und Crucifixmalern werden hauptsächlich genannt:

Lippo di Dalmasio. Servi, eine der hintersten Cap. des Chor-a
umganges: Mad. mit SS. Cosmas und Damian; in derselben Kirche
noch mehrere alte Madonnen von verschiedenen Händen.

Simone da Bologna. In der vierten jener sieben Kirchen zub
S. Stefano (S. Pietro e Paolo) rechts neben dem Chor: ein Crucifi-
xus; — in der siebenten (S. Trinità) an einem Pfeiler: S. Ursula mit
ihren Gefährten. (In der ersten dieser Kirchen, beiläufig gesagt, Fres-
ken der Kreuztragung — links im Chor, und der Kreuzigung — auf
dem Hochaltar, von einem auch der Herkunft nach unbekannten Ma-
ler des XV. Jahrh. — In einem Gang an der siebenten Kirche: An-
zahl kleiner altbolognes. Bilder.) — In S. Giacomo maggiore, drittec
Cap. des Chorumganges rechts: Simone’s bester Crucifixus, datirt 1370.
Einzelnes in der Pinacoteca.d

Jacobus Pauli (den man in Bologna beharrlich mit dem unten
zu nennenden Giacomo d’Avanzo identificirt). Mehreres in der Pina-e
coteca; — an dem grossen Altar in S. Giac. magg., dritte Cap. desf
Chorumgangs, rechts, ist von ihm die Krönung Mariä.

Die einzige Kirche, in der eine grössere Reihe von Fresken der
Schule erhalten ist, liegt vor Porta Castiglione auf dem Wege zur
Villa Aldini; es ist die Mad. della Mezzaratta. Hier sieht man, ge-g
genwärtig gewissenhaft gereinigt und zugänglich gemacht, Malereien
von Vitale (das Presepio), Jacobus (wahrscheinlich Jac. Pauli,
u. a. der Teich von Bethesda und die Geschichte Josephs), Simone
(der Kranke, welcher durch das Dach hereingelassen wird) Christo-
foro
oder Lorenzo (Geschichten des Moses) etc. etc. Der Durch-
schnitt ist beträchtlich besser als in den Tafelbildern.

In S. Petronio enthält die 4. Cap. links unbedeutende Wandfres-h
ken (etwa um 1400), dem Buffalmaco oder gar dem Vitale zugeschrie-
ben; beides chronologisch unmöglich. Der Maler hat z. B. in seinem
Weltgericht schon begreiflicher und wirklicher sein wollen als Or-
cagna; seine Heiligen sitzen auf zwölf Reihen Bänken zu beiden Seiten
Christi, gleichsam ein Concil bildend. (Neuerlich dem Simone beige-
legt.) — Die beiden Fresken in der ersten Capelle links sind gering,i

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[781/0803] Bologna. Die Mezzaratta. Und dieselbe Behandlungsweise, dieselbe Talentlosigkeit bleibt das Merkmal der Schule bis über die Mitte des XV. Jahrh. hinaus. Von diesen Madonnen- und Crucifixmalern werden hauptsächlich genannt: Lippo di Dalmasio. Servi, eine der hintersten Cap. des Chor- umganges: Mad. mit SS. Cosmas und Damian; in derselben Kirche noch mehrere alte Madonnen von verschiedenen Händen. a Simone da Bologna. In der vierten jener sieben Kirchen zu S. Stefano (S. Pietro e Paolo) rechts neben dem Chor: ein Crucifi- xus; — in der siebenten (S. Trinità) an einem Pfeiler: S. Ursula mit ihren Gefährten. (In der ersten dieser Kirchen, beiläufig gesagt, Fres- ken der Kreuztragung — links im Chor, und der Kreuzigung — auf dem Hochaltar, von einem auch der Herkunft nach unbekannten Ma- ler des XV. Jahrh. — In einem Gang an der siebenten Kirche: An- zahl kleiner altbolognes. Bilder.) — In S. Giacomo maggiore, dritte Cap. des Chorumganges rechts: Simone’s bester Crucifixus, datirt 1370. Einzelnes in der Pinacoteca. b c d Jacobus Pauli (den man in Bologna beharrlich mit dem unten zu nennenden Giacomo d’Avanzo identificirt). Mehreres in der Pina- coteca; — an dem grossen Altar in S. Giac. magg., dritte Cap. des Chorumgangs, rechts, ist von ihm die Krönung Mariä. e f Die einzige Kirche, in der eine grössere Reihe von Fresken der Schule erhalten ist, liegt vor Porta Castiglione auf dem Wege zur Villa Aldini; es ist die Mad. della Mezzaratta. Hier sieht man, ge- genwärtig gewissenhaft gereinigt und zugänglich gemacht, Malereien von Vitale (das Presepio), Jacobus (wahrscheinlich Jac. Pauli, u. a. der Teich von Bethesda und die Geschichte Josephs), Simone (der Kranke, welcher durch das Dach hereingelassen wird) Christo- foro oder Lorenzo (Geschichten des Moses) etc. etc. Der Durch- schnitt ist beträchtlich besser als in den Tafelbildern. g In S. Petronio enthält die 4. Cap. links unbedeutende Wandfres- ken (etwa um 1400), dem Buffalmaco oder gar dem Vitale zugeschrie- ben; beides chronologisch unmöglich. Der Maler hat z. B. in seinem Weltgericht schon begreiflicher und wirklicher sein wollen als Or- cagna; seine Heiligen sitzen auf zwölf Reihen Bänken zu beiden Seiten Christi, gleichsam ein Concil bildend. (Neuerlich dem Simone beige- legt.) — Die beiden Fresken in der ersten Capelle links sind gering, h i

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/803>, abgerufen am 09.06.2024.