Villa des Diomedes reich an Räumen aller Art und Anordnung,a unter welchen sich auch ein halbrund abgeschlossenes Triclinium mit Fenstern findet; für den Effect des Ganzen ist das Studium der öfter versuchten Restaurationen unentbehrlich. -- In Herculanum ist we-b nigstens eine schöne Villa vollständig aufgedeckt. -- Als Ergänzung zu diesen Bauten betrachte man die vielen kleinen Veduten in den Wand- decorationen zu Pompeji und im Museum von Neapel; sie stellen zume nicht geringen Theil Landhäuser und Paläste meist am Meeresstrand dar, allerdings nicht bloss wie sie waren, sondern wie die vergrös- sernde Phantasie sie gerne gehabt hätte; ausserdem besonders reiche Hafenansichten.
Am Strand von Pozzuoli, Bajä und weiter hinaus liegen died meist völlig entstellten Trümmer zahlloser Landhäuser, als deren Eigen- thümer man einige der berühmtesten Namen des römischen Alterthums aufzuzählen pflegt. Die merkwürdigsten sind die ins Meer hinausge- bauten, von welchen man noch im Wasser die Fundamente und in jenen Abbildungen wenigstens die ungefähre Gestalt sieht. Diese Bau- weise erscheint durchaus nicht als blosser Luxus; sie schützte vor der Fieberluft, welche schon damals jene Küste heimzusuchen pflegte.
Von den Trümmern der Bauten Tiber's auf Capri offenbart diee Villa Jovis durch ihre für das erste Jahrhundert ziemlich nachlässige Construction, dass der alte Herr rasch fertig werden und bald ge- niessen wollte.
In und um Rom1) nehmen Paläste und Villen einen grössern Charakter an und gehen in einzelnen Prachtbestandtheilen weit über das bloss Wohnliche hinaus. Wir können das Einzelne an den Ruinen dieser Art in Tusculum, bei Tibur u. s. w. nicht verfolgen, da der jetzige Trümmeranblick bei weitem mehr wegen des malerischen als wegen des kunsthistorischen Werthes geschätzt wird. Über der Villa des Mäcenas, wie das Wasser des Anio ihre Bogen durchströmt, ver-f gisst man den ehemaligen Grundplan und selbst den Eigenthümer. Von den hieher gehörenden Kaiserbauten ist der Palatin mit seinen Trüm-g mern nur Ein grosses Räthsel. Zeitweise (z. B. in den 80ger Jahren
1) Die Anordnung der Privathäuser in Rom erscheint dem capitolinischen Stadt- plan zufolge der pompejanischen sehr ähnlich.
Pozzuoli, Bajä, Capri, Rom.
Villa des Diomedes reich an Räumen aller Art und Anordnung,a unter welchen sich auch ein halbrund abgeschlossenes Triclinium mit Fenstern findet; für den Effect des Ganzen ist das Studium der öfter versuchten Restaurationen unentbehrlich. — In Herculanum ist we-b nigstens eine schöne Villa vollständig aufgedeckt. — Als Ergänzung zu diesen Bauten betrachte man die vielen kleinen Veduten in den Wand- decorationen zu Pompeji und im Museum von Neapel; sie stellen zume nicht geringen Theil Landhäuser und Paläste meist am Meeresstrand dar, allerdings nicht bloss wie sie waren, sondern wie die vergrös- sernde Phantasie sie gerne gehabt hätte; ausserdem besonders reiche Hafenansichten.
Am Strand von Pozzuoli, Bajä und weiter hinaus liegen died meist völlig entstellten Trümmer zahlloser Landhäuser, als deren Eigen- thümer man einige der berühmtesten Namen des römischen Alterthums aufzuzählen pflegt. Die merkwürdigsten sind die ins Meer hinausge- bauten, von welchen man noch im Wasser die Fundamente und in jenen Abbildungen wenigstens die ungefähre Gestalt sieht. Diese Bau- weise erscheint durchaus nicht als blosser Luxus; sie schützte vor der Fieberluft, welche schon damals jene Küste heimzusuchen pflegte.
Von den Trümmern der Bauten Tiber’s auf Capri offenbart diee Villa Jovis durch ihre für das erste Jahrhundert ziemlich nachlässige Construction, dass der alte Herr rasch fertig werden und bald ge- niessen wollte.
In und um Rom1) nehmen Paläste und Villen einen grössern Charakter an und gehen in einzelnen Prachtbestandtheilen weit über das bloss Wohnliche hinaus. Wir können das Einzelne an den Ruinen dieser Art in Tusculum, bei Tibur u. s. w. nicht verfolgen, da der jetzige Trümmeranblick bei weitem mehr wegen des malerischen als wegen des kunsthistorischen Werthes geschätzt wird. Über der Villa des Mäcenas, wie das Wasser des Anio ihre Bogen durchströmt, ver-f gisst man den ehemaligen Grundplan und selbst den Eigenthümer. Von den hieher gehörenden Kaiserbauten ist der Palatin mit seinen Trüm-g mern nur Ein grosses Räthsel. Zeitweise (z. B. in den 80ger Jahren
1) Die Anordnung der Privathäuser in Rom erscheint dem capitolinischen Stadt- plan zufolge der pompejanischen sehr ähnlich.
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Pozzuoli, Bajä, Capri, Rom.
Villa des Diomedes reich an Räumen aller Art und Anordnung,
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Fenstern findet; für den Effect des Ganzen ist das Studium der öfter
versuchten Restaurationen unentbehrlich. — In Herculanum ist we-
nigstens eine schöne Villa vollständig aufgedeckt. — Als Ergänzung zu
diesen Bauten betrachte man die vielen kleinen Veduten in den Wand-
decorationen zu Pompeji und im Museum von Neapel; sie stellen zum
nicht geringen Theil Landhäuser und Paläste meist am Meeresstrand
dar, allerdings nicht bloss wie sie waren, sondern wie die vergrös-
sernde Phantasie sie gerne gehabt hätte; ausserdem besonders reiche
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Am Strand von Pozzuoli, Bajä und weiter hinaus liegen die
meist völlig entstellten Trümmer zahlloser Landhäuser, als deren Eigen-
thümer man einige der berühmtesten Namen des römischen Alterthums
aufzuzählen pflegt. Die merkwürdigsten sind die ins Meer hinausge-
bauten, von welchen man noch im Wasser die Fundamente und in
jenen Abbildungen wenigstens die ungefähre Gestalt sieht. Diese Bau-
weise erscheint durchaus nicht als blosser Luxus; sie schützte vor der
Fieberluft, welche schon damals jene Küste heimzusuchen pflegte.
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Von den Trümmern der Bauten Tiber’s auf Capri offenbart die
Villa Jovis durch ihre für das erste Jahrhundert ziemlich nachlässige
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In und um Rom 1) nehmen Paläste und Villen einen grössern
Charakter an und gehen in einzelnen Prachtbestandtheilen weit über
das bloss Wohnliche hinaus. Wir können das Einzelne an den Ruinen
dieser Art in Tusculum, bei Tibur u. s. w. nicht verfolgen, da der
jetzige Trümmeranblick bei weitem mehr wegen des malerischen als
wegen des kunsthistorischen Werthes geschätzt wird. Über der Villa
des Mäcenas, wie das Wasser des Anio ihre Bogen durchströmt, ver-
gisst man den ehemaligen Grundplan und selbst den Eigenthümer. Von
den hieher gehörenden Kaiserbauten ist der Palatin mit seinen Trüm-
mern nur Ein grosses Räthsel. Zeitweise (z. B. in den 80ger Jahren
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plan zufolge der pompejanischen sehr ähnlich.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/77>, abgerufen am 04.05.2024.
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