lich gegenwärtig (aus Fragmenten und Abbildungen restaurirt) wieder enthüllt sein werden. Sie sind das frühste erweisliche Prototyp jener in der Folge üblich gewordenen Darstellung der 24 Ältesten (aus der Apocalypse); auch das riesige Brustbild Christi in der Mitte war eines der wichtigsten der altchristlichen Kunst. Die Mosaiken der Tribunaa scheinen im XIII. Jahrh. nach einem Vorbilde des V. Jahrh. gear- beitet; sie enthalten wie fast alle Tribunenmosaiken, den thronenden Christus mit mehrern Heiligen, worunter der Kirchenheilige, auch wohl die Stifter. Anderswo wird Christus auch auf einem Hügel oder auf Wolken stehend (nicht nach neuerer Art schwebend) dargestellt.
Letzteres z. B. in dem schönsten Mosaik Roms, demjenigen vonb SS. Cosma e Damiano am Forum (526--530). Stark restaurirt, zumal in der Partie links, gewährt dieses grandiose Werk in bereits etwas erstarrenden Formen den Eindruck einer der letzten freien In- spirationen altchristlicher Kunst. Die Ausführung ist noch glänzend und sorgfältig.
In Ravenna sind die Mosaiken des Baptisteriums der Arianerc (oder S. Maria in Cosmedin, um 550?) eine blosse Nachahmung des Kuppelbildes im andern Baptisterium. -- Aus derselben Zeit (gegen 547) stammen diejenigen der Chornische in S. Vitale, welche u. a.d die glänzenden Ceremonienbilder mit dem Kirchgang Justinians und Theodora's enthalten; Werke deren sachliche Merkwürdigkeit den Kunstgehalt weit übertrifft; an den Wänden zunächst davor die blu- tigen und unblutigen Opfer des alten Bundes (Abels Opfer, Abrahams Bewirthung der drei Männer, Isaaks Opfer, Melchisedeks Empfang); Geschichten des Moses; Propheten. -- An Masse das bedeutendste Mosaikwerk des italischen Festlandes mit Ausnahme der Marcuskirche: die beiden grossen Friese mit Processionen von Heiligen in S. Apol-e linare nuovo, an den Obermauern des Mittelschiffes (553--566). Von den Städten Ravenna und Classis (der alten Hafenstadt Raven- na's), aus welchen sie hervorschreiten, ist die erstere repräsentirt durch jene hochmerkwürdige Darstellung des damaligen, jetzt bis auf einen geringen Rest (S. 56, *; 92, d) verschwundenen Palastes der ostgothischen Könige. -- Wahrscheinlich noch aus dem VI. Jahrh.:f die Mosaiken der Capelle des erzbischöflichen Palastes.
Mosaiken des VI. Jahrhunderts.
lich gegenwärtig (aus Fragmenten und Abbildungen restaurirt) wieder enthüllt sein werden. Sie sind das frühste erweisliche Prototyp jener in der Folge üblich gewordenen Darstellung der 24 Ältesten (aus der Apocalypse); auch das riesige Brustbild Christi in der Mitte war eines der wichtigsten der altchristlichen Kunst. Die Mosaiken der Tribunaa scheinen im XIII. Jahrh. nach einem Vorbilde des V. Jahrh. gear- beitet; sie enthalten wie fast alle Tribunenmosaiken, den thronenden Christus mit mehrern Heiligen, worunter der Kirchenheilige, auch wohl die Stifter. Anderswo wird Christus auch auf einem Hügel oder auf Wolken stehend (nicht nach neuerer Art schwebend) dargestellt.
Letzteres z. B. in dem schönsten Mosaik Roms, demjenigen vonb SS. Cosma e Damiano am Forum (526—530). Stark restaurirt, zumal in der Partie links, gewährt dieses grandiose Werk in bereits etwas erstarrenden Formen den Eindruck einer der letzten freien In- spirationen altchristlicher Kunst. Die Ausführung ist noch glänzend und sorgfältig.
In Ravenna sind die Mosaiken des Baptisteriums der Arianerc (oder S. Maria in Cosmedin, um 550?) eine blosse Nachahmung des Kuppelbildes im andern Baptisterium. — Aus derselben Zeit (gegen 547) stammen diejenigen der Chornische in S. Vitale, welche u. a.d die glänzenden Ceremonienbilder mit dem Kirchgang Justinians und Theodora’s enthalten; Werke deren sachliche Merkwürdigkeit den Kunstgehalt weit übertrifft; an den Wänden zunächst davor die blu- tigen und unblutigen Opfer des alten Bundes (Abels Opfer, Abrahams Bewirthung der drei Männer, Isaaks Opfer, Melchisedeks Empfang); Geschichten des Moses; Propheten. — An Masse das bedeutendste Mosaikwerk des italischen Festlandes mit Ausnahme der Marcuskirche: die beiden grossen Friese mit Processionen von Heiligen in S. Apol-e linare nuovo, an den Obermauern des Mittelschiffes (553—566). Von den Städten Ravenna und Classis (der alten Hafenstadt Raven- na’s), aus welchen sie hervorschreiten, ist die erstere repräsentirt durch jene hochmerkwürdige Darstellung des damaligen, jetzt bis auf einen geringen Rest (S. 56, *; 92, d) verschwundenen Palastes der ostgothischen Könige. — Wahrscheinlich noch aus dem VI. Jahrh.:f die Mosaiken der Capelle des erzbischöflichen Palastes.
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Mosaiken des VI. Jahrhunderts.
lich gegenwärtig (aus Fragmenten und Abbildungen restaurirt) wieder
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in der Folge üblich gewordenen Darstellung der 24 Ältesten (aus der
Apocalypse); auch das riesige Brustbild Christi in der Mitte war eines
der wichtigsten der altchristlichen Kunst. Die Mosaiken der Tribuna
scheinen im XIII. Jahrh. nach einem Vorbilde des V. Jahrh. gear-
beitet; sie enthalten wie fast alle Tribunenmosaiken, den thronenden
Christus mit mehrern Heiligen, worunter der Kirchenheilige, auch
wohl die Stifter. Anderswo wird Christus auch auf einem Hügel oder
auf Wolken stehend (nicht nach neuerer Art schwebend) dargestellt.
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Letzteres z. B. in dem schönsten Mosaik Roms, demjenigen von
SS. Cosma e Damiano am Forum (526—530). Stark restaurirt,
zumal in der Partie links, gewährt dieses grandiose Werk in bereits
etwas erstarrenden Formen den Eindruck einer der letzten freien In-
spirationen altchristlicher Kunst. Die Ausführung ist noch glänzend
und sorgfältig.
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In Ravenna sind die Mosaiken des Baptisteriums der Arianer
(oder S. Maria in Cosmedin, um 550?) eine blosse Nachahmung des
Kuppelbildes im andern Baptisterium. — Aus derselben Zeit (gegen
547) stammen diejenigen der Chornische in S. Vitale, welche u. a.
die glänzenden Ceremonienbilder mit dem Kirchgang Justinians und
Theodora’s enthalten; Werke deren sachliche Merkwürdigkeit den
Kunstgehalt weit übertrifft; an den Wänden zunächst davor die blu-
tigen und unblutigen Opfer des alten Bundes (Abels Opfer, Abrahams
Bewirthung der drei Männer, Isaaks Opfer, Melchisedeks Empfang);
Geschichten des Moses; Propheten. — An Masse das bedeutendste
Mosaikwerk des italischen Festlandes mit Ausnahme der Marcuskirche:
die beiden grossen Friese mit Processionen von Heiligen in S. Apol-
linare nuovo, an den Obermauern des Mittelschiffes (553—566).
Von den Städten Ravenna und Classis (der alten Hafenstadt Raven-
na’s), aus welchen sie hervorschreiten, ist die erstere repräsentirt
durch jene hochmerkwürdige Darstellung des damaligen, jetzt bis auf
einen geringen Rest (S. 56, *; 92, d) verschwundenen Palastes der
ostgothischen Könige. — Wahrscheinlich noch aus dem VI. Jahrh.:
die Mosaiken der Capelle des erzbischöflichen Palastes.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 733. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/755>, abgerufen am 18.12.2024.
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