Aufheben der Arme bedeutet Reden, Beten und Machtäusserung, je nach den Umständen; der Geist des Jahrtausends kömmt Allem so sehr entgegen, dass er die äusserlichste Andeutung an vollwichtige Zahlung nimmt und ihr bereitwillig nachdichtet, ohne irgend einen physiognomischen Ausdruck des Augenblickes, irgend eine äussere Verdeutlichung zu verlangen. Die Kunst ist, wie wir oben sagten, nie gebundener gewesen; die Zeitgenossen haben ihr aber auch nie so viel zu- und vorgegeben.
Es würde sehr weit führen, wenn wir diesen Bilderkreis hier schildern wollten; für die römischen Mosaiken giebt Platners Be- schreibung Roms den Inhalt genau; die ravennatischen haben aller- dings Vieles, das in Rom nicht vorkommt, doch kann man auch hier den Inhalt errathen. -- Unsere Aufzählung umfasst nur die bedeu- tendern Arbeiten.
Nächst den Mosaiken von S. Costanza bei Rom, aus constan- tinischer Zeit, welche oben (S. 65, a) noch bei Anlass der antiken aOrnamentik genannt wurden, sind diejenigen des orthodoxen Bapti- steriums in Ravenna das frühste Hauptwerk (vor 430), ja das einzige in welchem noch die volle decorative Pracht (Einfassungen, Zierfiguren, Abwechselung von Stuccorelief und Mosaik) spätrömischer Arbeiten sich mit einer noch immer bedeutenden und belebten Zeich- nung verbindet; zugleich eines der prachtvollsten Farben-Ensemble's der ganzen Kunst.
b
Die biblischen Geschichten, welche in S. Maria maggiore zu Rom an den Obermauern des Mittelschiffes und am Triumphbogen (S. 74) angebracht sind (vor 450, manche stark umgearbeitet oder ganz modern), können als Specimen der damals üblichen Bilderbibel gelten.
c
In der Grabcapelle der Galla Placidia zu Ravenna sind die herr- lichen farbigen Ornamente auf dunkelblauem Grunde bedeutender als das Figürliche. (Gegen 450.)
d
Aus derselben Zeit (432--440?) stammt das schon oben (S. 89, a) erwähnte Mosaikornament in der Vorhalle des lateranensischen Bapti- steriums.
e
Unter Leo dem Grossen (440--462) entstanden die vordern Mo- saiken des Triumphbogens in S. Paul bei Rom, welche wahrschein-
Malerei des Mittelalters. Mosaiken des V. Jahrh.
Aufheben der Arme bedeutet Reden, Beten und Machtäusserung, je nach den Umständen; der Geist des Jahrtausends kömmt Allem so sehr entgegen, dass er die äusserlichste Andeutung an vollwichtige Zahlung nimmt und ihr bereitwillig nachdichtet, ohne irgend einen physiognomischen Ausdruck des Augenblickes, irgend eine äussere Verdeutlichung zu verlangen. Die Kunst ist, wie wir oben sagten, nie gebundener gewesen; die Zeitgenossen haben ihr aber auch nie so viel zu- und vorgegeben.
Es würde sehr weit führen, wenn wir diesen Bilderkreis hier schildern wollten; für die römischen Mosaiken giebt Platners Be- schreibung Roms den Inhalt genau; die ravennatischen haben aller- dings Vieles, das in Rom nicht vorkommt, doch kann man auch hier den Inhalt errathen. — Unsere Aufzählung umfasst nur die bedeu- tendern Arbeiten.
Nächst den Mosaiken von S. Costanza bei Rom, aus constan- tinischer Zeit, welche oben (S. 65, a) noch bei Anlass der antiken aOrnamentik genannt wurden, sind diejenigen des orthodoxen Bapti- steriums in Ravenna das frühste Hauptwerk (vor 430), ja das einzige in welchem noch die volle decorative Pracht (Einfassungen, Zierfiguren, Abwechselung von Stuccorelief und Mosaik) spätrömischer Arbeiten sich mit einer noch immer bedeutenden und belebten Zeich- nung verbindet; zugleich eines der prachtvollsten Farben-Ensemble’s der ganzen Kunst.
b
Die biblischen Geschichten, welche in S. Maria maggiore zu Rom an den Obermauern des Mittelschiffes und am Triumphbogen (S. 74) angebracht sind (vor 450, manche stark umgearbeitet oder ganz modern), können als Specimen der damals üblichen Bilderbibel gelten.
c
In der Grabcapelle der Galla Placidia zu Ravenna sind die herr- lichen farbigen Ornamente auf dunkelblauem Grunde bedeutender als das Figürliche. (Gegen 450.)
d
Aus derselben Zeit (432—440?) stammt das schon oben (S. 89, a) erwähnte Mosaikornament in der Vorhalle des lateranensischen Bapti- steriums.
e
Unter Leo dem Grossen (440—462) entstanden die vordern Mo- saiken des Triumphbogens in S. Paul bei Rom, welche wahrschein-
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[732/0754]
Malerei des Mittelalters. Mosaiken des V. Jahrh.
Aufheben der Arme bedeutet Reden, Beten und Machtäusserung, je
nach den Umständen; der Geist des Jahrtausends kömmt Allem so
sehr entgegen, dass er die äusserlichste Andeutung an vollwichtige
Zahlung nimmt und ihr bereitwillig nachdichtet, ohne irgend einen
physiognomischen Ausdruck des Augenblickes, irgend eine äussere
Verdeutlichung zu verlangen. Die Kunst ist, wie wir oben sagten,
nie gebundener gewesen; die Zeitgenossen haben ihr aber auch nie
so viel zu- und vorgegeben.
Es würde sehr weit führen, wenn wir diesen Bilderkreis hier
schildern wollten; für die römischen Mosaiken giebt Platners Be-
schreibung Roms den Inhalt genau; die ravennatischen haben aller-
dings Vieles, das in Rom nicht vorkommt, doch kann man auch hier
den Inhalt errathen. — Unsere Aufzählung umfasst nur die bedeu-
tendern Arbeiten.
Nächst den Mosaiken von S. Costanza bei Rom, aus constan-
tinischer Zeit, welche oben (S. 65, a) noch bei Anlass der antiken
Ornamentik genannt wurden, sind diejenigen des orthodoxen Bapti-
steriums in Ravenna das frühste Hauptwerk (vor 430), ja das
einzige in welchem noch die volle decorative Pracht (Einfassungen,
Zierfiguren, Abwechselung von Stuccorelief und Mosaik) spätrömischer
Arbeiten sich mit einer noch immer bedeutenden und belebten Zeich-
nung verbindet; zugleich eines der prachtvollsten Farben-Ensemble’s
der ganzen Kunst.
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Die biblischen Geschichten, welche in S. Maria maggiore zu
Rom an den Obermauern des Mittelschiffes und am Triumphbogen
(S. 74) angebracht sind (vor 450, manche stark umgearbeitet oder
ganz modern), können als Specimen der damals üblichen Bilderbibel
gelten.
In der Grabcapelle der Galla Placidia zu Ravenna sind die herr-
lichen farbigen Ornamente auf dunkelblauem Grunde bedeutender als
das Figürliche. (Gegen 450.)
Aus derselben Zeit (432—440?) stammt das schon oben (S. 89, a)
erwähnte Mosaikornament in der Vorhalle des lateranensischen Bapti-
steriums.
Unter Leo dem Grossen (440—462) entstanden die vordern Mo-
saiken des Triumphbogens in S. Paul bei Rom, welche wahrschein-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/754>, abgerufen am 18.12.2024.
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