tiken Styles ist. Die Auffassung und Wahl der Gegenstände ist aller- dings hochwichtig und charakteristisch für das ganze frühere Ver- hältniss des Christenthums zur Kunst; einen nicht geringen Ersatz bieten namentlich die altchristlichen Sarcophage (S. 554), obschon sie anicht denselben Ideenkreis darstellen; auch die figurirten Böden von Trinkgläsern (bes. im Museo Cristiano des Vaticans) mögen das Bild der ältesten christlichen Kunstübung vervollständigen helfen.
Eine fast ununterbrochene, documentirte Reihe von christlichen Malereien gewähren jedenfalls erst die Mosaiken der Kirchen. Wir müssen die Voraussetzungen, unter welchen sie zu betrachten sind, kurz erörtern.
Die Kunst ist hier auf jede Weise gebundener als je seither. Nicht bloss ein kirchlicher Luxus, sondern die stärkste Absicht auf monumentale Wirkung und ewige Dauer nöthigt sie, in einem Ma- terial zu arbeiten, welches jede Theilnahme des Künstlers an der Ausführung vollkommen ausschliesst und denselben auf die Fertigung des Cartons und auf die Wahl der farbigen Glaspasten beschränkt. Sodann verlangt und gestattet die kirchliche Aufgabe hier streng nur soviel als zum kirchlichen Zwecke dient, dieses aber soll in der im- posantesten Gestalt ans Licht treten; nur der Gegenstand herrscht, ohne räumliche Umgebung ausser was durchaus zur Verdeutlichung unentbehrlich ist; ohne den Reiz der sinnlichen Schönheit, denn die Kirche wirkt mit einem ganz andern Ausdruck auf die Phantasie; ohne Rücksicht auf die künstlerischen Gesetze des Contrastes in Be- wegungen, Formen und Farben u. s. w., denn die Kirche hat ein ganz anderes Gefühl der Harmonie in Bereitschaft als das, welches aus schönen formellen Contrasten hervorgeht. Ja der Künstler darf nicht mehr erfinden; er hat nur zu redigiren, was die Kirche für ihn erfunden hat. Eine Zeitlang behauptet die Kunst hiebei noch einen Rest der vom Alterthum her ererbten Freudigkeit und schafft inner- halb der strengen Beschränkungen noch einzelnes Grosse und Le- bendige. Allein allmälig dankt man ihr es nicht mehr und sie zieht sich endlich in die mechanische Wiederholung zurück.
Diese Wiederholung eines Auswendiggelernten ist dann der durch- gehende Charakter des sog. byzantinischen Styles. In Constan-
Malerei des Mittelalters. Mosaiken.
tiken Styles ist. Die Auffassung und Wahl der Gegenstände ist aller- dings hochwichtig und charakteristisch für das ganze frühere Ver- hältniss des Christenthums zur Kunst; einen nicht geringen Ersatz bieten namentlich die altchristlichen Sarcophage (S. 554), obschon sie anicht denselben Ideenkreis darstellen; auch die figurirten Böden von Trinkgläsern (bes. im Museo Cristiano des Vaticans) mögen das Bild der ältesten christlichen Kunstübung vervollständigen helfen.
Eine fast ununterbrochene, documentirte Reihe von christlichen Malereien gewähren jedenfalls erst die Mosaiken der Kirchen. Wir müssen die Voraussetzungen, unter welchen sie zu betrachten sind, kurz erörtern.
Die Kunst ist hier auf jede Weise gebundener als je seither. Nicht bloss ein kirchlicher Luxus, sondern die stärkste Absicht auf monumentale Wirkung und ewige Dauer nöthigt sie, in einem Ma- terial zu arbeiten, welches jede Theilnahme des Künstlers an der Ausführung vollkommen ausschliesst und denselben auf die Fertigung des Cartons und auf die Wahl der farbigen Glaspasten beschränkt. Sodann verlangt und gestattet die kirchliche Aufgabe hier streng nur soviel als zum kirchlichen Zwecke dient, dieses aber soll in der im- posantesten Gestalt ans Licht treten; nur der Gegenstand herrscht, ohne räumliche Umgebung ausser was durchaus zur Verdeutlichung unentbehrlich ist; ohne den Reiz der sinnlichen Schönheit, denn die Kirche wirkt mit einem ganz andern Ausdruck auf die Phantasie; ohne Rücksicht auf die künstlerischen Gesetze des Contrastes in Be- wegungen, Formen und Farben u. s. w., denn die Kirche hat ein ganz anderes Gefühl der Harmonie in Bereitschaft als das, welches aus schönen formellen Contrasten hervorgeht. Ja der Künstler darf nicht mehr erfinden; er hat nur zu redigiren, was die Kirche für ihn erfunden hat. Eine Zeitlang behauptet die Kunst hiebei noch einen Rest der vom Alterthum her ererbten Freudigkeit und schafft inner- halb der strengen Beschränkungen noch einzelnes Grosse und Le- bendige. Allein allmälig dankt man ihr es nicht mehr und sie zieht sich endlich in die mechanische Wiederholung zurück.
Diese Wiederholung eines Auswendiggelernten ist dann der durch- gehende Charakter des sog. byzantinischen Styles. In Constan-
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Malerei des Mittelalters. Mosaiken.
tiken Styles ist. Die Auffassung und Wahl der Gegenstände ist aller-
dings hochwichtig und charakteristisch für das ganze frühere Ver-
hältniss des Christenthums zur Kunst; einen nicht geringen Ersatz
bieten namentlich die altchristlichen Sarcophage (S. 554), obschon sie
nicht denselben Ideenkreis darstellen; auch die figurirten Böden von
Trinkgläsern (bes. im Museo Cristiano des Vaticans) mögen das Bild
der ältesten christlichen Kunstübung vervollständigen helfen.
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Eine fast ununterbrochene, documentirte Reihe von christlichen
Malereien gewähren jedenfalls erst die Mosaiken der Kirchen. Wir
müssen die Voraussetzungen, unter welchen sie zu betrachten sind,
kurz erörtern.
Die Kunst ist hier auf jede Weise gebundener als je seither.
Nicht bloss ein kirchlicher Luxus, sondern die stärkste Absicht auf
monumentale Wirkung und ewige Dauer nöthigt sie, in einem Ma-
terial zu arbeiten, welches jede Theilnahme des Künstlers an der
Ausführung vollkommen ausschliesst und denselben auf die Fertigung
des Cartons und auf die Wahl der farbigen Glaspasten beschränkt.
Sodann verlangt und gestattet die kirchliche Aufgabe hier streng nur
soviel als zum kirchlichen Zwecke dient, dieses aber soll in der im-
posantesten Gestalt ans Licht treten; nur der Gegenstand herrscht,
ohne räumliche Umgebung ausser was durchaus zur Verdeutlichung
unentbehrlich ist; ohne den Reiz der sinnlichen Schönheit, denn die
Kirche wirkt mit einem ganz andern Ausdruck auf die Phantasie;
ohne Rücksicht auf die künstlerischen Gesetze des Contrastes in Be-
wegungen, Formen und Farben u. s. w., denn die Kirche hat ein
ganz anderes Gefühl der Harmonie in Bereitschaft als das, welches
aus schönen formellen Contrasten hervorgeht. Ja der Künstler darf
nicht mehr erfinden; er hat nur zu redigiren, was die Kirche für ihn
erfunden hat. Eine Zeitlang behauptet die Kunst hiebei noch einen
Rest der vom Alterthum her ererbten Freudigkeit und schafft inner-
halb der strengen Beschränkungen noch einzelnes Grosse und Le-
bendige. Allein allmälig dankt man ihr es nicht mehr und sie zieht
sich endlich in die mechanische Wiederholung zurück.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 728. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/750>, abgerufen am 18.12.2024.
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