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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Antike Malerei. Pompejanisches.
a(Was sonst zu Rom in den Titusthermen, einzelnen Sammlungen, in
bden Columbarien der Via latina und der Villa Pamfili u. a. a. O. vor-
handen ist, erscheint theils sehr verdorben, theils von geringem Be-
lang. Was von antiken Malereien ausser Rom vorkömmt, ist meist
von Pompeji hergebracht.)


Bei weitem die wichtigsten Stätten für das Studium der antiken
Malerei sind die verschütteten Orte am Vesuv und das Museum
cvon Neapel. (Unteres Stockwerk, drei Säle links, mehr der anti-
ken Decoration, und zwei Säle und ein Vorraum rechts, mehr der
eigentlichen Malerei gewidmet, doch keineswegs ausschliesslich (Seite
58 u. ff.); die Aufstellung kläglich, die Besichtigung mühevoll.)

Aus einer frühern Periode der griechischen Malerei finden sich
dhier (Vorraum rechts) einige Wandmalereien, welche in unteritali-
schen Grabkammern gefunden worden sind, Reiter, Tänze von Frauen etc.
darstellend. Statt eines durchgeführten Colorites, einer plastischen Mo-
dellirung, herrscht noch die einfache, illuminirte Umrisszeichnung, diese
aber ist lebendig und zum Theil edel, dem Geist des ältern Griechen-
thums entsprechend. In der Behandlung des Profils erkennt man wie-
der die Art des griechischen Reliefs, welches den Oberleib so zu
wenden weiss, dass er sich in seiner ganzen Wohlgestalt zeigt. (Zu
vergleichen mit den treuen Nachbildungen etruskischer Gruftgemälde
efrühern und spätern Styles, im Museo etrusco des Vaticans.)

Die pompejanischen Malereien und Mosaiken dagegen zeigen
allerdings die antike Kunst gewissermassen auf einem Höhepunkte,
nur mit folgenden beiden Einschränkungen, die man wohl beachten
möge: es ist erstens die Malerei einer nicht bedeutenden Provincial-
stadt aus römischer Zeit; zweitens handelt es sich bloss um Wand-
decorationen, welche in der Ausführung nothwendig einem andern
Princip folgen als die Tafelbilder. Letztere waren gewiss in allem
was Illusion, Verkürzung, Beleuchtung, Reflexe etc. angeht, feiner
durchgebildet, wenigstens diejenigen aus der Blüthezeit. Die Mosai-
ken sind vollends in den Mitteln der Darstellung um so viel beschränk-
ter, als man damals nur mit Steinen, noch nicht mit Glaspasten ar-
beitete.

Antike Malerei. Pompejanisches.
a(Was sonst zu Rom in den Titusthermen, einzelnen Sammlungen, in
bden Columbarien der Via latina und der Villa Pamfili u. a. a. O. vor-
handen ist, erscheint theils sehr verdorben, theils von geringem Be-
lang. Was von antiken Malereien ausser Rom vorkömmt, ist meist
von Pompeji hergebracht.)


Bei weitem die wichtigsten Stätten für das Studium der antiken
Malerei sind die verschütteten Orte am Vesuv und das Museum
cvon Neapel. (Unteres Stockwerk, drei Säle links, mehr der anti-
ken Decoration, und zwei Säle und ein Vorraum rechts, mehr der
eigentlichen Malerei gewidmet, doch keineswegs ausschliesslich (Seite
58 u. ff.); die Aufstellung kläglich, die Besichtigung mühevoll.)

Aus einer frühern Periode der griechischen Malerei finden sich
dhier (Vorraum rechts) einige Wandmalereien, welche in unteritali-
schen Grabkammern gefunden worden sind, Reiter, Tänze von Frauen etc.
darstellend. Statt eines durchgeführten Colorites, einer plastischen Mo-
dellirung, herrscht noch die einfache, illuminirte Umrisszeichnung, diese
aber ist lebendig und zum Theil edel, dem Geist des ältern Griechen-
thums entsprechend. In der Behandlung des Profils erkennt man wie-
der die Art des griechischen Reliefs, welches den Oberleib so zu
wenden weiss, dass er sich in seiner ganzen Wohlgestalt zeigt. (Zu
vergleichen mit den treuen Nachbildungen etruskischer Gruftgemälde
efrühern und spätern Styles, im Museo etrusco des Vaticans.)

Die pompejanischen Malereien und Mosaiken dagegen zeigen
allerdings die antike Kunst gewissermassen auf einem Höhepunkte,
nur mit folgenden beiden Einschränkungen, die man wohl beachten
möge: es ist erstens die Malerei einer nicht bedeutenden Provincial-
stadt aus römischer Zeit; zweitens handelt es sich bloss um Wand-
decorationen, welche in der Ausführung nothwendig einem andern
Princip folgen als die Tafelbilder. Letztere waren gewiss in allem
was Illusion, Verkürzung, Beleuchtung, Reflexe etc. angeht, feiner
durchgebildet, wenigstens diejenigen aus der Blüthezeit. Die Mosai-
ken sind vollends in den Mitteln der Darstellung um so viel beschränk-
ter, als man damals nur mit Steinen, noch nicht mit Glaspasten ar-
beitete.

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[720/0742] Antike Malerei. Pompejanisches. (Was sonst zu Rom in den Titusthermen, einzelnen Sammlungen, in den Columbarien der Via latina und der Villa Pamfili u. a. a. O. vor- handen ist, erscheint theils sehr verdorben, theils von geringem Be- lang. Was von antiken Malereien ausser Rom vorkömmt, ist meist von Pompeji hergebracht.) a b Bei weitem die wichtigsten Stätten für das Studium der antiken Malerei sind die verschütteten Orte am Vesuv und das Museum von Neapel. (Unteres Stockwerk, drei Säle links, mehr der anti- ken Decoration, und zwei Säle und ein Vorraum rechts, mehr der eigentlichen Malerei gewidmet, doch keineswegs ausschliesslich (Seite 58 u. ff.); die Aufstellung kläglich, die Besichtigung mühevoll.) c Aus einer frühern Periode der griechischen Malerei finden sich hier (Vorraum rechts) einige Wandmalereien, welche in unteritali- schen Grabkammern gefunden worden sind, Reiter, Tänze von Frauen etc. darstellend. Statt eines durchgeführten Colorites, einer plastischen Mo- dellirung, herrscht noch die einfache, illuminirte Umrisszeichnung, diese aber ist lebendig und zum Theil edel, dem Geist des ältern Griechen- thums entsprechend. In der Behandlung des Profils erkennt man wie- der die Art des griechischen Reliefs, welches den Oberleib so zu wenden weiss, dass er sich in seiner ganzen Wohlgestalt zeigt. (Zu vergleichen mit den treuen Nachbildungen etruskischer Gruftgemälde frühern und spätern Styles, im Museo etrusco des Vaticans.) d e Die pompejanischen Malereien und Mosaiken dagegen zeigen allerdings die antike Kunst gewissermassen auf einem Höhepunkte, nur mit folgenden beiden Einschränkungen, die man wohl beachten möge: es ist erstens die Malerei einer nicht bedeutenden Provincial- stadt aus römischer Zeit; zweitens handelt es sich bloss um Wand- decorationen, welche in der Ausführung nothwendig einem andern Princip folgen als die Tafelbilder. Letztere waren gewiss in allem was Illusion, Verkürzung, Beleuchtung, Reflexe etc. angeht, feiner durchgebildet, wenigstens diejenigen aus der Blüthezeit. Die Mosai- ken sind vollends in den Mitteln der Darstellung um so viel beschränk- ter, als man damals nur mit Steinen, noch nicht mit Glaspasten ar- beitete.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/742>, abgerufen am 11.06.2024.