bisweilen wahr, schön und ausdrucksvoll, wie ich mich nicht erinnere irgend einen seiner Fachgenossen gefunden zu haben. Seine Gattung passte hauptsächlich gut für Capuzinerkirchen, die den reichern Schmuck schon durch die vorgeschriebenen hölzernen Rahmen, Git- ter etc. ausschliessen. Seine besten Altargruppen zu Genua: S. An-a nunziata, Querschiff links; -- S. Stefano, im Anbau; -- S. Maria dellab Pace: im Chor eine grosse Assunta mit S. Franz und S. Bernardin,c in der 2. Cap. rechts S. Franz der die Wundmale erhält, ausserdem linkes Querschiff und 2. Cap. links; (in der 3. Cap. rechts eine Gruppe desselben Styles von Pasquale Navone); -- in Madonna delle Vigne,d Cap. links neben dem Chor: ein Crucifix und die in ihrer Art vor- trefflichen Statuen der Maria und des Johannes; -- Capuzinerkirche,e Querschiff rechts. -- U. a. a. O.
Nicht umsonst kam z. B. Legros in der Statue des heil. Stanislasf Kostka (in einer Kapelle des Noviziates S. Andrea zu Rom) auf die (allerdings fehlgegriffene) Zusammensetzung aus verschiedenen Mar- morarten zurück. Wie, wenn man einmal zur Probe versuchte, ber- ninische Sculpturen zu bemalen? ob sie nicht gewinnen würden?
Die Gattung starb auch später nie ganz aus; für kleine Genre- figuren von Wachsmasse und von Thon wird sie vollends immer fort- dauern. Es ist bekannt, welche trefflichen Arbeiten in diesem Fache Mexico liefert (Costümbilder und heilige Gegenstände); aber auch Sicilien hat bis auf unsere Zeit wahre Künstler dieser Art, wie Ma- tera und B. Palermo gehabt.
Was kann das Relief in dieser Periode bedeuten? Schon seit dem XV. Jahrh. seines einzig wahren Stylprincipes beraubt und zum Gemälde in Marmor oder Erz herabgesetzt, muss es jetzt, mit der manierirt-naturalistischen Auffassung und Formbehandlung der Ber- ninesken, doppelt im Nachtheil sein. Überdiess kann man fragen, was eigentlich noch Relief heissen dürfe, seitdem die Gruppensculptur zu einer Wand- und Nischendecoration geworden? seitdem ganze Capellenwände mit Scenen von stark ausgeladenen lebensgrossen Stuccofiguren bedeckt werden? Man nennt z. B. Algardi's Attila (S.g Peter, Cap. Leo's des Grossen) "das grösste Relief der neuern Kunst";
Maragliano. Das Relief.
bisweilen wahr, schön und ausdrucksvoll, wie ich mich nicht erinnere irgend einen seiner Fachgenossen gefunden zu haben. Seine Gattung passte hauptsächlich gut für Capuzinerkirchen, die den reichern Schmuck schon durch die vorgeschriebenen hölzernen Rahmen, Git- ter etc. ausschliessen. Seine besten Altargruppen zu Genua: S. An-a nunziata, Querschiff links; — S. Stefano, im Anbau; — S. Maria dellab Pace: im Chor eine grosse Assunta mit S. Franz und S. Bernardin,c in der 2. Cap. rechts S. Franz der die Wundmale erhält, ausserdem linkes Querschiff und 2. Cap. links; (in der 3. Cap. rechts eine Gruppe desselben Styles von Pasquale Navone); — in Madonna delle Vigne,d Cap. links neben dem Chor: ein Crucifix und die in ihrer Art vor- trefflichen Statuen der Maria und des Johannes; — Capuzinerkirche,e Querschiff rechts. — U. a. a. O.
Nicht umsonst kam z. B. Legros in der Statue des heil. Stanislasf Kostka (in einer Kapelle des Noviziates S. Andrea zu Rom) auf die (allerdings fehlgegriffene) Zusammensetzung aus verschiedenen Mar- morarten zurück. Wie, wenn man einmal zur Probe versuchte, ber- ninische Sculpturen zu bemalen? ob sie nicht gewinnen würden?
Die Gattung starb auch später nie ganz aus; für kleine Genre- figuren von Wachsmasse und von Thon wird sie vollends immer fort- dauern. Es ist bekannt, welche trefflichen Arbeiten in diesem Fache Mexico liefert (Costümbilder und heilige Gegenstände); aber auch Sicilien hat bis auf unsere Zeit wahre Künstler dieser Art, wie Ma- tera und B. Palermo gehabt.
Was kann das Relief in dieser Periode bedeuten? Schon seit dem XV. Jahrh. seines einzig wahren Stylprincipes beraubt und zum Gemälde in Marmor oder Erz herabgesetzt, muss es jetzt, mit der manierirt-naturalistischen Auffassung und Formbehandlung der Ber- ninesken, doppelt im Nachtheil sein. Überdiess kann man fragen, was eigentlich noch Relief heissen dürfe, seitdem die Gruppensculptur zu einer Wand- und Nischendecoration geworden? seitdem ganze Capellenwände mit Scenen von stark ausgeladenen lebensgrossen Stuccofiguren bedeckt werden? Man nennt z. B. Algardi’s Attila (S.g Peter, Cap. Leo’s des Grossen) „das grösste Relief der neuern Kunst“;
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Maragliano. Das Relief.
bisweilen wahr, schön und ausdrucksvoll, wie ich mich nicht erinnere
irgend einen seiner Fachgenossen gefunden zu haben. Seine Gattung
passte hauptsächlich gut für Capuzinerkirchen, die den reichern
Schmuck schon durch die vorgeschriebenen hölzernen Rahmen, Git-
ter etc. ausschliessen. Seine besten Altargruppen zu Genua: S. An-
nunziata, Querschiff links; — S. Stefano, im Anbau; — S. Maria della
Pace: im Chor eine grosse Assunta mit S. Franz und S. Bernardin,
in der 2. Cap. rechts S. Franz der die Wundmale erhält, ausserdem
linkes Querschiff und 2. Cap. links; (in der 3. Cap. rechts eine Gruppe
desselben Styles von Pasquale Navone); — in Madonna delle Vigne,
Cap. links neben dem Chor: ein Crucifix und die in ihrer Art vor-
trefflichen Statuen der Maria und des Johannes; — Capuzinerkirche,
Querschiff rechts. — U. a. a. O.
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Kostka (in einer Kapelle des Noviziates S. Andrea zu Rom) auf die
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morarten zurück. Wie, wenn man einmal zur Probe versuchte, ber-
ninische Sculpturen zu bemalen? ob sie nicht gewinnen würden?
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Die Gattung starb auch später nie ganz aus; für kleine Genre-
figuren von Wachsmasse und von Thon wird sie vollends immer fort-
dauern. Es ist bekannt, welche trefflichen Arbeiten in diesem Fache
Mexico liefert (Costümbilder und heilige Gegenstände); aber auch
Sicilien hat bis auf unsere Zeit wahre Künstler dieser Art, wie Ma-
tera und B. Palermo gehabt.
Was kann das Relief in dieser Periode bedeuten? Schon seit
dem XV. Jahrh. seines einzig wahren Stylprincipes beraubt und zum
Gemälde in Marmor oder Erz herabgesetzt, muss es jetzt, mit der
manierirt-naturalistischen Auffassung und Formbehandlung der Ber-
ninesken, doppelt im Nachtheil sein. Überdiess kann man fragen,
was eigentlich noch Relief heissen dürfe, seitdem die Gruppensculptur
zu einer Wand- und Nischendecoration geworden? seitdem ganze
Capellenwände mit Scenen von stark ausgeladenen lebensgrossen
Stuccofiguren bedeckt werden? Man nennt z. B. Algardi’s Attila (S.
Peter, Cap. Leo’s des Grossen) „das grösste Relief der neuern Kunst“;
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/733>, abgerufen am 18.12.2024.
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