als für das künstlerische Können. Mit dem Grabe Pauls III hört die grosse Freicomposition von einer Porträtstatue und zweien oder meh- rern allegorischen Figuren für längere Zeit auf; die thatenreichen Päpste der Gegenreformation müssen wieder in einer Detailerzählung gefeiert werden, welche wie zur Zeit der Renaissance (S. 615, d etc.) nur durch eine Zusammenstellung vieler Reliefs zu erreichen ist; grosse Architekturen geben den Rahmen dazu her; eine mittlere Nische ent- hält das sitzende oder knieende Standbild des Papstes. Dieser Art sind die riesigen Denkmäler Pius V und Sixtus V, Clemens VIII unda Pauls V in den beiden Prachtcapellen von S. M. maggiore; die Ten-b denz, welche hier wieder über die Kunst die Oberhand hat, brachte es bis zur saubern, sorgfältigen Darstellung des Vielen; in künstleri- scher Beziehung sind diese kostbaren Werke so nichtig, dass wir die Urheber gar nicht zu nennen brauchen. (Einiges Gute am Grabmal Pius V.) Ein vorzugsweise erzählendes Grabmal von etwas besserer Art ist dasjenige Gregors XI, 1574 von Olivieri verfertigt, inc S. Francesca romana, dagegen zeigt dasjenige eines Herzogs von Cleve im Chor der Anima, von dem Niederländer Egidio di Ri-d viere, wiederum nichts als eine gewisse Meisselgeschicklichkeit. -- Mit dem Denkmal Urbans VIII von Bernini kehrt dann jene Frei- composition wieder, aber in einem andern Sinne umgestaltet.
Die parallel stehende genuesische Sculptur der Zeit von etwa 1560--1630 hängt wie oben (S. 606, c) bemerkt, noch theilweise von den Vorbildern des Civitali, auch von ältern Lombarden ab, doch unter starker indirekter Einwirkung Michelangelo's. (Zwei Künst- lerfamilien, des Namens Carlone; ihre Sachen in S. Ambrogio,e S. Annunziata, S. Siro, S. Pietro in Banchi und überall; zugleich dief Thätigkeit Francavillas, S. 688, b). Ob irgend etwas selbständig Bedeu- tendes vorkömmt, weiss ich nicht zu entscheiden, bezweifle es aber. Luca Cambiaso, der sich auch einmal in der Sculptur versuchte, hat in seiner Fides (Dom, Cap. links vom Chor) das gerade nichtg erreicht, was seine Bilder so anziehend macht, deren beste zur Ver- gleichung daneben stehen.
B. Cicerone. 44
Spätere Römer und Genuesen.
als für das künstlerische Können. Mit dem Grabe Pauls III hört die grosse Freicomposition von einer Porträtstatue und zweien oder meh- rern allegorischen Figuren für längere Zeit auf; die thatenreichen Päpste der Gegenreformation müssen wieder in einer Detailerzählung gefeiert werden, welche wie zur Zeit der Renaissance (S. 615, d etc.) nur durch eine Zusammenstellung vieler Reliefs zu erreichen ist; grosse Architekturen geben den Rahmen dazu her; eine mittlere Nische ent- hält das sitzende oder knieende Standbild des Papstes. Dieser Art sind die riesigen Denkmäler Pius V und Sixtus V, Clemens VIII unda Pauls V in den beiden Prachtcapellen von S. M. maggiore; die Ten-b denz, welche hier wieder über die Kunst die Oberhand hat, brachte es bis zur saubern, sorgfältigen Darstellung des Vielen; in künstleri- scher Beziehung sind diese kostbaren Werke so nichtig, dass wir die Urheber gar nicht zu nennen brauchen. (Einiges Gute am Grabmal Pius V.) Ein vorzugsweise erzählendes Grabmal von etwas besserer Art ist dasjenige Gregors XI, 1574 von Olivieri verfertigt, inc S. Francesca romana, dagegen zeigt dasjenige eines Herzogs von Cleve im Chor der Anima, von dem Niederländer Egidio di Ri-d viere, wiederum nichts als eine gewisse Meisselgeschicklichkeit. — Mit dem Denkmal Urbans VIII von Bernini kehrt dann jene Frei- composition wieder, aber in einem andern Sinne umgestaltet.
Die parallel stehende genuesische Sculptur der Zeit von etwa 1560—1630 hängt wie oben (S. 606, c) bemerkt, noch theilweise von den Vorbildern des Civitali, auch von ältern Lombarden ab, doch unter starker indirekter Einwirkung Michelangelo’s. (Zwei Künst- lerfamilien, des Namens Carlone; ihre Sachen in S. Ambrogio,e S. Annunziata, S. Siro, S. Pietro in Banchi und überall; zugleich dief Thätigkeit Francavillas, S. 688, b). Ob irgend etwas selbständig Bedeu- tendes vorkömmt, weiss ich nicht zu entscheiden, bezweifle es aber. Luca Cambiaso, der sich auch einmal in der Sculptur versuchte, hat in seiner Fides (Dom, Cap. links vom Chor) das gerade nichtg erreicht, was seine Bilder so anziehend macht, deren beste zur Ver- gleichung daneben stehen.
B. Cicerone. 44
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Spätere Römer und Genuesen.
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rern allegorischen Figuren für längere Zeit auf; die thatenreichen
Päpste der Gegenreformation müssen wieder in einer Detailerzählung
gefeiert werden, welche wie zur Zeit der Renaissance (S. 615, d etc.) nur
durch eine Zusammenstellung vieler Reliefs zu erreichen ist; grosse
Architekturen geben den Rahmen dazu her; eine mittlere Nische ent-
hält das sitzende oder knieende Standbild des Papstes. Dieser Art
sind die riesigen Denkmäler Pius V und Sixtus V, Clemens VIII und
Pauls V in den beiden Prachtcapellen von S. M. maggiore; die Ten-
denz, welche hier wieder über die Kunst die Oberhand hat, brachte
es bis zur saubern, sorgfältigen Darstellung des Vielen; in künstleri-
scher Beziehung sind diese kostbaren Werke so nichtig, dass wir die
Urheber gar nicht zu nennen brauchen. (Einiges Gute am Grabmal
Pius V.) Ein vorzugsweise erzählendes Grabmal von etwas besserer
Art ist dasjenige Gregors XI, 1574 von Olivieri verfertigt, in
S. Francesca romana, dagegen zeigt dasjenige eines Herzogs von
Cleve im Chor der Anima, von dem Niederländer Egidio di Ri-
viere, wiederum nichts als eine gewisse Meisselgeschicklichkeit. —
Mit dem Denkmal Urbans VIII von Bernini kehrt dann jene Frei-
composition wieder, aber in einem andern Sinne umgestaltet.
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Die parallel stehende genuesische Sculptur der Zeit von etwa
1560—1630 hängt wie oben (S. 606, c) bemerkt, noch theilweise von
den Vorbildern des Civitali, auch von ältern Lombarden ab, doch
unter starker indirekter Einwirkung Michelangelo’s. (Zwei Künst-
lerfamilien, des Namens Carlone; ihre Sachen in S. Ambrogio,
S. Annunziata, S. Siro, S. Pietro in Banchi und überall; zugleich die
Thätigkeit Francavillas, S. 688, b). Ob irgend etwas selbständig Bedeu-
tendes vorkömmt, weiss ich nicht zu entscheiden, bezweifle es aber.
Luca Cambiaso, der sich auch einmal in der Sculptur versuchte,
hat in seiner Fides (Dom, Cap. links vom Chor) das gerade nicht
erreicht, was seine Bilder so anziehend macht, deren beste zur Ver-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/711>, abgerufen am 18.12.2024.
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