Pauls III im Chor von S. Peter. Die gewonnene Stylfreiheit ista vortrefflich benützt in der sitzenden Bronzestatue des Papstes, welche Guglielmo's volles Eigenthum ist; lebenswahr und doch heroisch er- höht. Die beiden auf dem Sarcophag lehnenden Frauen, angeordnet wie die vier Tageszeiten auf den Gräbern von S. Lorenzo, sind diesen an Bedeutung der plastischen Linien nicht zu vergleichen, allein Guglielmo übertraf den Meister wenigstens von der einen Seite, wo ihm leicht beizukommen war, von Seiten der sinnlichen Schönheit. Seine "Gerechtigkeit" ist zwar darob etwas lüstern und absichtlich ausgefallen; die betagte "Klugheit" hat mehr von Michelangelo. -- Im grossen Saal des Pal. Farnese findet man zwei ähnliche Statuen,b welche wie erste, weniger gerathene Proben derselben Aufgabe aus- sehen, jedoch zu demselben Grabmal gehörten und erst bei dessen Versetzung an die jetzige Stelle davon weggenommen wurden. -- Von Guglielmo's Bruder Giacomo sind die Grabmäler der Cap. Aldo-c brandini in der Minerva (die 6. rechts) wenigstens entworfen; in der Ausführung erinnern sie an Guglielmo.
Unter den Lombarden, welche von Michelangelo die Richtung ihres Styles empfingen, ist nächst Gugl. della Porta ein gewisser Prospero Clementi nicht unbedeutend, welcher hauptsächlich in seiner Vaterstadt Reggio um die Mitte des Jahrh. thätig war. Im Dom daselbst (Cap. rechts vom Chor) ist das Grabmal des Bischofsd Ugo Rangoni sein Hauptwerk; sowohl die sitzende Statue als die beiden Putten am Sarcophag und die zwei kleinen Reliefs (Tugenden) an der Basis verrathen den Einfluss Michelangelo's, ja schon den des della Porta, allein es ist ein solider Rest von Naivetät übrig ge- blieben, der weder arge Manier noch falsches Pathos aufkommen lässt. Dann möchte ich dem Clementi, an dem absurd (als colossales Stundenglas) gebildeten Grabdenkmal des Ch. Sforziano, gleich links vom Eingang, die drei vorzüglich schönen Statuetten des Auferstandenen und zweier Tugenden zuschreiben. Sie verbinden die Art der rö- mischen Schule mit einer noch fast sansovinischen Milde und Mässi- gung. (Viel geringer und wohl von anderer Hand das Grab Maleguzzi, 1583, gegenüber.) -- Am Palazzo Ducale zu Modena, beim Portal, diee
Della Porta. Clementi.
Pauls III im Chor von S. Peter. Die gewonnene Stylfreiheit ista vortrefflich benützt in der sitzenden Bronzestatue des Papstes, welche Guglielmo’s volles Eigenthum ist; lebenswahr und doch heroisch er- höht. Die beiden auf dem Sarcophag lehnenden Frauen, angeordnet wie die vier Tageszeiten auf den Gräbern von S. Lorenzo, sind diesen an Bedeutung der plastischen Linien nicht zu vergleichen, allein Guglielmo übertraf den Meister wenigstens von der einen Seite, wo ihm leicht beizukommen war, von Seiten der sinnlichen Schönheit. Seine „Gerechtigkeit“ ist zwar darob etwas lüstern und absichtlich ausgefallen; die betagte „Klugheit“ hat mehr von Michelangelo. — Im grossen Saal des Pal. Farnese findet man zwei ähnliche Statuen,b welche wie erste, weniger gerathene Proben derselben Aufgabe aus- sehen, jedoch zu demselben Grabmal gehörten und erst bei dessen Versetzung an die jetzige Stelle davon weggenommen wurden. — Von Guglielmo’s Bruder Giacomo sind die Grabmäler der Cap. Aldo-c brandini in der Minerva (die 6. rechts) wenigstens entworfen; in der Ausführung erinnern sie an Guglielmo.
Unter den Lombarden, welche von Michelangelo die Richtung ihres Styles empfingen, ist nächst Gugl. della Porta ein gewisser Prospero Clementi nicht unbedeutend, welcher hauptsächlich in seiner Vaterstadt Reggio um die Mitte des Jahrh. thätig war. Im Dom daselbst (Cap. rechts vom Chor) ist das Grabmal des Bischofsd Ugo Rangoni sein Hauptwerk; sowohl die sitzende Statue als die beiden Putten am Sarcophag und die zwei kleinen Reliefs (Tugenden) an der Basis verrathen den Einfluss Michelangelo’s, ja schon den des della Porta, allein es ist ein solider Rest von Naivetät übrig ge- blieben, der weder arge Manier noch falsches Pathos aufkommen lässt. Dann möchte ich dem Clementi, an dem absurd (als colossales Stundenglas) gebildeten Grabdenkmal des Ch. Sforziano, gleich links vom Eingang, die drei vorzüglich schönen Statuetten des Auferstandenen und zweier Tugenden zuschreiben. Sie verbinden die Art der rö- mischen Schule mit einer noch fast sansovinischen Milde und Mässi- gung. (Viel geringer und wohl von anderer Hand das Grab Maleguzzi, 1583, gegenüber.) — Am Palazzo Ducale zu Modena, beim Portal, diee
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Della Porta. Clementi.
Pauls III im Chor von S. Peter. Die gewonnene Stylfreiheit ist
vortrefflich benützt in der sitzenden Bronzestatue des Papstes, welche
Guglielmo’s volles Eigenthum ist; lebenswahr und doch heroisch er-
höht. Die beiden auf dem Sarcophag lehnenden Frauen, angeordnet
wie die vier Tageszeiten auf den Gräbern von S. Lorenzo, sind diesen
an Bedeutung der plastischen Linien nicht zu vergleichen, allein
Guglielmo übertraf den Meister wenigstens von der einen Seite, wo
ihm leicht beizukommen war, von Seiten der sinnlichen Schönheit.
Seine „Gerechtigkeit“ ist zwar darob etwas lüstern und absichtlich
ausgefallen; die betagte „Klugheit“ hat mehr von Michelangelo. —
Im grossen Saal des Pal. Farnese findet man zwei ähnliche Statuen,
welche wie erste, weniger gerathene Proben derselben Aufgabe aus-
sehen, jedoch zu demselben Grabmal gehörten und erst bei dessen
Versetzung an die jetzige Stelle davon weggenommen wurden. — Von
Guglielmo’s Bruder Giacomo sind die Grabmäler der Cap. Aldo-
brandini in der Minerva (die 6. rechts) wenigstens entworfen; in der
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ihres Styles empfingen, ist nächst Gugl. della Porta ein gewisser
Prospero Clementi nicht unbedeutend, welcher hauptsächlich in
seiner Vaterstadt Reggio um die Mitte des Jahrh. thätig war. Im
Dom daselbst (Cap. rechts vom Chor) ist das Grabmal des Bischofs
Ugo Rangoni sein Hauptwerk; sowohl die sitzende Statue als die
beiden Putten am Sarcophag und die zwei kleinen Reliefs (Tugenden)
an der Basis verrathen den Einfluss Michelangelo’s, ja schon den des
della Porta, allein es ist ein solider Rest von Naivetät übrig ge-
blieben, der weder arge Manier noch falsches Pathos aufkommen
lässt. Dann möchte ich dem Clementi, an dem absurd (als colossales
Stundenglas) gebildeten Grabdenkmal des Ch. Sforziano, gleich links vom
Eingang, die drei vorzüglich schönen Statuetten des Auferstandenen
und zweier Tugenden zuschreiben. Sie verbinden die Art der rö-
mischen Schule mit einer noch fast sansovinischen Milde und Mässi-
gung. (Viel geringer und wohl von anderer Hand das Grab Maleguzzi,
1583, gegenüber.) — Am Palazzo Ducale zu Modena, beim Portal, die
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/701>, abgerufen am 18.12.2024.
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