und umgekehrt für die entgegengesetzten Seiten. Dieser sog. Contra- posto wird allerdings bei Manchen nur zu bald der einzige Gehalt des Werkes. Endlich bleiben zahlreiche vereinzelte Aneignungen aus an- tiken Werken nicht aus. Was uns in den manierirten Werken an- stössig erscheint, ist nicht das Antikisiren an sich, womit man noch immer ein Thorwaldsen sein kann, sondern die unechte Verquickung desselben mit fremden Intentionen.
Am übelsten ging es dabei dem Relief. Die grosse Masse der vorliegenden antiken Reliefs, nämlich die spätrömischen Sarcophage, schienen jede Überladung zu rechtfertigen; schon das XV. Jahrhun- dert hatte die Sache so verstanden, war aber noch bedeutend weiter gegangen als die spätesten Römer und hatte, wie wir sahen, Gemälde mit reichem und tiefem Hintergrund in Marmor und Erz übersetzt. Diesen ganzen Missbrauch behielt die Sculptur jetzt mit wenigen Aus- nahmen bei, nur ohne die Naivetät des XV. Jahrh., in anspruchvol- lern und bald ganz öden Formen. Wie das Relief erzählen muss, welches seine nothwendigen Schranken sind, davon hatte schon etwa von 1530 an Niemand mehr auch nur das leiseste Gefühl. Eine Masse von Talent und von äussern Mitteln geht von da an für mehr als volle 200 Jahre an einer ganz falschen Richtung verloren.
Der erste und wohl der edelste der Bildhauer, welche das XVI. Jahrhundert vertreten, ist Andrea (Contucci da Monte) San- sovino, geb. 1460 (?), st. 1529. Mit einer milden, schönen Empfin- dungsweise begabt, die sich in ihrer Äusserung etwas an Lionardo da Vinci anlehnt 1), wächst er halb unbewusst in die Freiheit des XVI. Jahrh. hinein, sodass man zweifelhaft bleibt, ob die hohe Schönheit der Form und der bei ihm zuerst streng durchgeführte Gegensatz der Theile mehr seiner eigenen innern Ausbildung oder mehr dem Studium der Antiken angehören.
Die beiden Prälatengräber (Basso und Sforza Visconti) im Chora von S. Maria del popolo (1505 ff.) die herrlichsten, welche Rom überhaupt enthält, folgen in der Anordnung noch dem Einrahmungs-
1) Ausserdem ist auch der Einfluss des Matteo Civitali wahrscheinlich.
Das Relief. Andrea Sansovino.
und umgekehrt für die entgegengesetzten Seiten. Dieser sog. Contra- posto wird allerdings bei Manchen nur zu bald der einzige Gehalt des Werkes. Endlich bleiben zahlreiche vereinzelte Aneignungen aus an- tiken Werken nicht aus. Was uns in den manierirten Werken an- stössig erscheint, ist nicht das Antikisiren an sich, womit man noch immer ein Thorwaldsen sein kann, sondern die unechte Verquickung desselben mit fremden Intentionen.
Am übelsten ging es dabei dem Relief. Die grosse Masse der vorliegenden antiken Reliefs, nämlich die spätrömischen Sarcophage, schienen jede Überladung zu rechtfertigen; schon das XV. Jáhrhun- dert hatte die Sache so verstanden, war aber noch bedeutend weiter gegangen als die spätesten Römer und hatte, wie wir sahen, Gemälde mit reichem und tiefem Hintergrund in Marmor und Erz übersetzt. Diesen ganzen Missbrauch behielt die Sculptur jetzt mit wenigen Aus- nahmen bei, nur ohne die Naivetät des XV. Jahrh., in anspruchvol- lern und bald ganz öden Formen. Wie das Relief erzählen muss, welches seine nothwendigen Schranken sind, davon hatte schon etwa von 1530 an Niemand mehr auch nur das leiseste Gefühl. Eine Masse von Talent und von äussern Mitteln geht von da an für mehr als volle 200 Jahre an einer ganz falschen Richtung verloren.
Der erste und wohl der edelste der Bildhauer, welche das XVI. Jahrhundert vertreten, ist Andrea (Contucci da Monte) San- sovino, geb. 1460 (?), st. 1529. Mit einer milden, schönen Empfin- dungsweise begabt, die sich in ihrer Äusserung etwas an Lionardo da Vinci anlehnt 1), wächst er halb unbewusst in die Freiheit des XVI. Jahrh. hinein, sodass man zweifelhaft bleibt, ob die hohe Schönheit der Form und der bei ihm zuerst streng durchgeführte Gegensatz der Theile mehr seiner eigenen innern Ausbildung oder mehr dem Studium der Antiken angehören.
Die beiden Prälatengräber (Basso und Sforza Visconti) im Chora von S. Maria del popolo (1505 ff.) die herrlichsten, welche Rom überhaupt enthält, folgen in der Anordnung noch dem Einrahmungs-
1) Ausserdem ist auch der Einfluss des Matteo Civitali wahrscheinlich.
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Das Relief. Andrea Sansovino.
und umgekehrt für die entgegengesetzten Seiten. Dieser sog. Contra-
posto wird allerdings bei Manchen nur zu bald der einzige Gehalt des
Werkes. Endlich bleiben zahlreiche vereinzelte Aneignungen aus an-
tiken Werken nicht aus. Was uns in den manierirten Werken an-
stössig erscheint, ist nicht das Antikisiren an sich, womit man noch
immer ein Thorwaldsen sein kann, sondern die unechte Verquickung
desselben mit fremden Intentionen.
Am übelsten ging es dabei dem Relief. Die grosse Masse der
vorliegenden antiken Reliefs, nämlich die spätrömischen Sarcophage,
schienen jede Überladung zu rechtfertigen; schon das XV. Jáhrhun-
dert hatte die Sache so verstanden, war aber noch bedeutend weiter
gegangen als die spätesten Römer und hatte, wie wir sahen, Gemälde
mit reichem und tiefem Hintergrund in Marmor und Erz übersetzt.
Diesen ganzen Missbrauch behielt die Sculptur jetzt mit wenigen Aus-
nahmen bei, nur ohne die Naivetät des XV. Jahrh., in anspruchvol-
lern und bald ganz öden Formen. Wie das Relief erzählen muss,
welches seine nothwendigen Schranken sind, davon hatte schon etwa
von 1530 an Niemand mehr auch nur das leiseste Gefühl. Eine Masse
von Talent und von äussern Mitteln geht von da an für mehr als
volle 200 Jahre an einer ganz falschen Richtung verloren.
Der erste und wohl der edelste der Bildhauer, welche das XVI.
Jahrhundert vertreten, ist Andrea (Contucci da Monte) San-
sovino, geb. 1460 (?), st. 1529. Mit einer milden, schönen Empfin-
dungsweise begabt, die sich in ihrer Äusserung etwas an Lionardo da
Vinci anlehnt 1), wächst er halb unbewusst in die Freiheit des XVI.
Jahrh. hinein, sodass man zweifelhaft bleibt, ob die hohe Schönheit
der Form und der bei ihm zuerst streng durchgeführte Gegensatz der
Theile mehr seiner eigenen innern Ausbildung oder mehr dem Studium
der Antiken angehören.
Die beiden Prälatengräber (Basso und Sforza Visconti) im Chor
von S. Maria del popolo (1505 ff.) die herrlichsten, welche Rom
überhaupt enthält, folgen in der Anordnung noch dem Einrahmungs-
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1) Ausserdem ist auch der Einfluss des Matteo Civitali wahrscheinlich.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/661>, abgerufen am 18.12.2024.
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