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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Dom von Como.
in der Weise der Lombardi; die Gruppe einer Pieta auf dem 4. Altar
links; der Tabernakel ohne Altar am Anfang des rechten Seitenschiffes,
datirt 1482 u. a. m. -- Von den Lombardi und von der Richtung Do-a
natello's zugleich inspirirt erscheint dann der prächtige grosse Schnitz-
altar 1) des heil. Abondio (der 2. im rechten Seitenschiff.) Der Meister
desselben ist kein grosser Bildhauer, der die lombardische Sculptur
über die Schranken des XV. Jahrh. emporgehoben hätte; in seinen
Statuen und Reliefs sind Stellungen und Bildungen zum Theil ziem-
lich unfrei und unsicher; allein sein Naturalismus schwingt sich bis-
weilen zu einer ganz unbefangenen Schönheit auf, so in der würdigen
Gestalt des heil. Bischofs und in dem lionardesken Haupt der Ma-
donna. -- Vielleicht dieselbe Hand verräth sich auch in den Denkmä-
lern des ältern und des jüngern Plinius an der Fassade (das eineb
datirt 1498), deren sitzende Statuen manierirt und doch nicht ohne
freie Schönheit sind; mit grosser Naivetät stellen die Reliefs den äl-
tern Plinius dar, wie er zum brennenden Vesuv geht, den jüngern wie
er Briefe schreibt, vor Trajan plaidirt etc.; die Putten mit Frucht-
kränzen u. s. w. zeigen dieselbe Verwandtschaft mit denjenigen der
paduanischen Malerschule, wie die der meisten genannten Decorations-
werke Oberitaliens.

Das Beste aus dem XV. Jahrh. sind wohl an diesem Gebäude
die Urnenträger unter dem Kranzgesimse der Strebepfeiler; einige,c
zumal an der Südseite, stehen an origineller Energie denjenigen von
S. Marco in Venedig gleich, während andere schon eine spätere und
allgemeinere Formenbildung zeigen. Auch die Prophetenstatuen an der
Südseite des Äussern sind besser als die der Nordseite. Von den
Statuen im Innern ist noch ein guter S. Sebastian im linken Quer-d
schiff, etwa um 1530 gearbeitet, nachzuholen; ebenda eine S. Agnes,
als Nachahmung einer antiken Gewandfigur; die übrigen Statuen im
linken Querschiff sind ziemlich flau, die Apostel im Chor modern.

1) Ich nenne ihn so, ohne bei der durchgängigen Bemalung und Vergoldung ge-
wiss zu sein, dass er wirklich ganz aus Holz und nicht zum Theil aus Stucco
u. s. w. bestehe. Vom Norden her kamen damals mehrere Schnitzaltäre nach
Oberitalien, wovon einer in S. Nazaro zu Mailand, vordere Capelle links, im*
Styl durchaus dem St. Evergisilaltar in S. Peter zu Köln entspricht. Eine
italienische Nachahmung derselben ist der in Rede stehende.

Dom von Como.
in der Weise der Lombardi; die Gruppe einer Pietà auf dem 4. Altar
links; der Tabernakel ohne Altar am Anfang des rechten Seitenschiffes,
datirt 1482 u. a. m. — Von den Lombardi und von der Richtung Do-a
natello’s zugleich inspirirt erscheint dann der prächtige grosse Schnitz-
altar 1) des heil. Abondio (der 2. im rechten Seitenschiff.) Der Meister
desselben ist kein grosser Bildhauer, der die lombardische Sculptur
über die Schranken des XV. Jahrh. emporgehoben hätte; in seinen
Statuen und Reliefs sind Stellungen und Bildungen zum Theil ziem-
lich unfrei und unsicher; allein sein Naturalismus schwingt sich bis-
weilen zu einer ganz unbefangenen Schönheit auf, so in der würdigen
Gestalt des heil. Bischofs und in dem lionardesken Haupt der Ma-
donna. — Vielleicht dieselbe Hand verräth sich auch in den Denkmä-
lern des ältern und des jüngern Plinius an der Fassade (das eineb
datirt 1498), deren sitzende Statuen manierirt und doch nicht ohne
freie Schönheit sind; mit grosser Naivetät stellen die Reliefs den äl-
tern Plinius dar, wie er zum brennenden Vesuv geht, den jüngern wie
er Briefe schreibt, vor Trajan plaidirt etc.; die Putten mit Frucht-
kränzen u. s. w. zeigen dieselbe Verwandtschaft mit denjenigen der
paduanischen Malerschule, wie die der meisten genannten Decorations-
werke Oberitaliens.

Das Beste aus dem XV. Jahrh. sind wohl an diesem Gebäude
die Urnenträger unter dem Kranzgesimse der Strebepfeiler; einige,c
zumal an der Südseite, stehen an origineller Energie denjenigen von
S. Marco in Venedig gleich, während andere schon eine spätere und
allgemeinere Formenbildung zeigen. Auch die Prophetenstatuen an der
Südseite des Äussern sind besser als die der Nordseite. Von den
Statuen im Innern ist noch ein guter S. Sebastian im linken Quer-d
schiff, etwa um 1530 gearbeitet, nachzuholen; ebenda eine S. Agnes,
als Nachahmung einer antiken Gewandfigur; die übrigen Statuen im
linken Querschiff sind ziemlich flau, die Apostel im Chor modern.

1) Ich nenne ihn so, ohne bei der durchgängigen Bemalung und Vergoldung ge-
wiss zu sein, dass er wirklich ganz aus Holz und nicht zum Theil aus Stucco
u. s. w. bestehe. Vom Norden her kamen damals mehrere Schnitzaltäre nach
Oberitalien, wovon einer in S. Nazaro zu Mailand, vordere Capelle links, im*
Styl durchaus dem St. Evergisilaltar in S. Peter zu Köln entspricht. Eine
italienische Nachahmung derselben ist der in Rede stehende.
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[633/0655] Dom von Como. in der Weise der Lombardi; die Gruppe einer Pietà auf dem 4. Altar links; der Tabernakel ohne Altar am Anfang des rechten Seitenschiffes, datirt 1482 u. a. m. — Von den Lombardi und von der Richtung Do- natello’s zugleich inspirirt erscheint dann der prächtige grosse Schnitz- altar 1) des heil. Abondio (der 2. im rechten Seitenschiff.) Der Meister desselben ist kein grosser Bildhauer, der die lombardische Sculptur über die Schranken des XV. Jahrh. emporgehoben hätte; in seinen Statuen und Reliefs sind Stellungen und Bildungen zum Theil ziem- lich unfrei und unsicher; allein sein Naturalismus schwingt sich bis- weilen zu einer ganz unbefangenen Schönheit auf, so in der würdigen Gestalt des heil. Bischofs und in dem lionardesken Haupt der Ma- donna. — Vielleicht dieselbe Hand verräth sich auch in den Denkmä- lern des ältern und des jüngern Plinius an der Fassade (das eine datirt 1498), deren sitzende Statuen manierirt und doch nicht ohne freie Schönheit sind; mit grosser Naivetät stellen die Reliefs den äl- tern Plinius dar, wie er zum brennenden Vesuv geht, den jüngern wie er Briefe schreibt, vor Trajan plaidirt etc.; die Putten mit Frucht- kränzen u. s. w. zeigen dieselbe Verwandtschaft mit denjenigen der paduanischen Malerschule, wie die der meisten genannten Decorations- werke Oberitaliens. a b Das Beste aus dem XV. Jahrh. sind wohl an diesem Gebäude die Urnenträger unter dem Kranzgesimse der Strebepfeiler; einige, zumal an der Südseite, stehen an origineller Energie denjenigen von S. Marco in Venedig gleich, während andere schon eine spätere und allgemeinere Formenbildung zeigen. Auch die Prophetenstatuen an der Südseite des Äussern sind besser als die der Nordseite. Von den Statuen im Innern ist noch ein guter S. Sebastian im linken Quer- schiff, etwa um 1530 gearbeitet, nachzuholen; ebenda eine S. Agnes, als Nachahmung einer antiken Gewandfigur; die übrigen Statuen im linken Querschiff sind ziemlich flau, die Apostel im Chor modern. c d 1) Ich nenne ihn so, ohne bei der durchgängigen Bemalung und Vergoldung ge- wiss zu sein, dass er wirklich ganz aus Holz und nicht zum Theil aus Stucco u. s. w. bestehe. Vom Norden her kamen damals mehrere Schnitzaltäre nach Oberitalien, wovon einer in S. Nazaro zu Mailand, vordere Capelle links, im Styl durchaus dem St. Evergisilaltar in S. Peter zu Köln entspricht. Eine italienische Nachahmung derselben ist der in Rede stehende.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/655>, abgerufen am 18.12.2024.