dere zieht die Mütze vor dem Herrn; auf dem Gipfel des Baldachins ein Schildhalter. Diess ganze, durchaus profane Werk ist umgeben von einer barock-gothischen Einrahmung; erst über dieser folgen -- in Fresco -- Engel, Heilige und Legendenscenen. Auch alles Plasti- sche ist bemalt.
Was sonst im Westen von Venedig bis ins Herzogthum Mailand hinein von Sculpturen seit etwa 1450 vorkömmt, hat fast durchgän- gig eine nahe Verwandtschaft mit dem Styl der Lombardi, deren Na- men wir desshalb (S. 622) unbedenklich als Landesnamen in Anspruch genommen haben. Es sind dieselben conventionellen Stellungen, Ge- wandmotive, Kopfbildungen, nur nicht eben häufig mit der Präcision eines Pietro Lombardo und noch seltener mit dem süssen Reiz eines Leopardo durchgeführt.
In Verona trifft man auf eine Menge Giebelstatuen, hauptsäch- lich über den Renaissancealtären der ältern Kirchen, welche diesen allgemeinen Schultypus wiedergeben. So diejenigen im Dom, in S. Ana-a stasia u. a. a. O.; auch die über dem Portal des bischöflichen Palastesb (dat. 1502); die fünf berühmten Veronesen auf der Dachbalustrade desc Palazzo del consiglio u. s. w. Das Bedeutendste enthalten ein paar Altäre in S. Anastasia: der 4. links mit vier Statuen über einanderd auf jeder Seite, von reinem und gutem Ausdruck; der S. Sebastian keine geringe Bildung; -- und der erste links, mit bemalten Sta- tuen auf den Seiten und im Giebel, naturalistischer und befangener, aber von bedeutendem Charakter und beseelt von Andacht; die drei Hauptstatuen des Altares selbst wohl von anderer Hand.
Im Dom von Brescia (3. Altar, rechts) ist der Marmorschreine des heil. Apollonius mit seinen Legendenreliefs und Statuetten ein sehr sorgfältiges doch nicht gleichmässig belebtes Werk der Zeit um 1500.
In Bergamo enthält die Capelle Coleoni bei S. Maria mag-f giore ausser den reichen Fassadensculpturen das prächtige Grabmal des Feldherrn Bartolommeo Coleoni selbst, theilweise von Antonio Amadeo. Vier auf Löwen ruhende Säulen tragen eine Basis mit Passionsreliefs, ganz von der fleissigen und saubern aber im Ausdruck
Verona. Bergamo.
dere zieht die Mütze vor dem Herrn; auf dem Gipfel des Baldachins ein Schildhalter. Diess ganze, durchaus profane Werk ist umgeben von einer barock-gothischen Einrahmung; erst über dieser folgen — in Fresco — Engel, Heilige und Legendenscenen. Auch alles Plasti- sche ist bemalt.
Was sonst im Westen von Venedig bis ins Herzogthum Mailand hinein von Sculpturen seit etwa 1450 vorkömmt, hat fast durchgän- gig eine nahe Verwandtschaft mit dem Styl der Lombardi, deren Na- men wir desshalb (S. 622) unbedenklich als Landesnamen in Anspruch genommen haben. Es sind dieselben conventionellen Stellungen, Ge- wandmotive, Kopfbildungen, nur nicht eben häufig mit der Präcision eines Pietro Lombardo und noch seltener mit dem süssen Reiz eines Leopardo durchgeführt.
In Verona trifft man auf eine Menge Giebelstatuen, hauptsäch- lich über den Renaissancealtären der ältern Kirchen, welche diesen allgemeinen Schultypus wiedergeben. So diejenigen im Dom, in S. Ana-a stasia u. a. a. O.; auch die über dem Portal des bischöflichen Palastesb (dat. 1502); die fünf berühmten Veronesen auf der Dachbalustrade desc Palazzo del consiglio u. s. w. Das Bedeutendste enthalten ein paar Altäre in S. Anastasia: der 4. links mit vier Statuen über einanderd auf jeder Seite, von reinem und gutem Ausdruck; der S. Sebastian keine geringe Bildung; — und der erste links, mit bemalten Sta- tuen auf den Seiten und im Giebel, naturalistischer und befangener, aber von bedeutendem Charakter und beseelt von Andacht; die drei Hauptstatuen des Altares selbst wohl von anderer Hand.
Im Dom von Brescia (3. Altar, rechts) ist der Marmorschreine des heil. Apollonius mit seinen Legendenreliefs und Statuetten ein sehr sorgfältiges doch nicht gleichmässig belebtes Werk der Zeit um 1500.
In Bergamo enthält die Capelle Coleoni bei S. Maria mag-f giore ausser den reichen Fassadensculpturen das prächtige Grabmal des Feldherrn Bartolommeo Coleoni selbst, theilweise von Antonio Amadeo. Vier auf Löwen ruhende Säulen tragen eine Basis mit Passionsreliefs, ganz von der fleissigen und saubern aber im Ausdruck
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[631/0653]
Verona. Bergamo.
dere zieht die Mütze vor dem Herrn; auf dem Gipfel des Baldachins
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von einer barock-gothischen Einrahmung; erst über dieser folgen —
in Fresco — Engel, Heilige und Legendenscenen. Auch alles Plasti-
sche ist bemalt.
Was sonst im Westen von Venedig bis ins Herzogthum Mailand
hinein von Sculpturen seit etwa 1450 vorkömmt, hat fast durchgän-
gig eine nahe Verwandtschaft mit dem Styl der Lombardi, deren Na-
men wir desshalb (S. 622) unbedenklich als Landesnamen in Anspruch
genommen haben. Es sind dieselben conventionellen Stellungen, Ge-
wandmotive, Kopfbildungen, nur nicht eben häufig mit der Präcision
eines Pietro Lombardo und noch seltener mit dem süssen Reiz eines
Leopardo durchgeführt.
In Verona trifft man auf eine Menge Giebelstatuen, hauptsäch-
lich über den Renaissancealtären der ältern Kirchen, welche diesen
allgemeinen Schultypus wiedergeben. So diejenigen im Dom, in S. Ana-
stasia u. a. a. O.; auch die über dem Portal des bischöflichen Palastes
(dat. 1502); die fünf berühmten Veronesen auf der Dachbalustrade des
Palazzo del consiglio u. s. w. Das Bedeutendste enthalten ein paar
Altäre in S. Anastasia: der 4. links mit vier Statuen über einander
auf jeder Seite, von reinem und gutem Ausdruck; der S. Sebastian
keine geringe Bildung; — und der erste links, mit bemalten Sta-
tuen auf den Seiten und im Giebel, naturalistischer und befangener,
aber von bedeutendem Charakter und beseelt von Andacht; die drei
Hauptstatuen des Altares selbst wohl von anderer Hand.
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Im Dom von Brescia (3. Altar, rechts) ist der Marmorschrein
des heil. Apollonius mit seinen Legendenreliefs und Statuetten ein
sehr sorgfältiges doch nicht gleichmässig belebtes Werk der Zeit
um 1500.
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In Bergamo enthält die Capelle Coleoni bei S. Maria mag-
giore ausser den reichen Fassadensculpturen das prächtige Grabmal
des Feldherrn Bartolommeo Coleoni selbst, theilweise von Antonio
Amadeo. Vier auf Löwen ruhende Säulen tragen eine Basis mit
Passionsreliefs, ganz von der fleissigen und saubern aber im Ausdruck
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/653>, abgerufen am 18.12.2024.
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