ebenfalls dem Ghiberti zugeschrieben, gilt jetzt als Werk des Bau-a meisters Michelozzo; eine schöne, einfach resolute Arbeit, mit würdigen Zügen, aber von rechts gesehen ungenügend und in der Dra- perie zu allgemein. -- Die drei christlichen Tugenden, unten an demb Denkmal Johanns XXIII im Baptisterium, sind wohl sämmtlich von Michelozzo; vorzüglich edel belebt die "Hoffnung". In der innern Sacristei daselbst befindet sich die silberne Johannesstatue desselbenc Künstlers. Über der Thür der gegenüber vom Baptisterium liegenden Canonica ist der naive kleine Johannes von ihm. Als Bildhauer ward er Gehülfe Donatello's.)
Ghiberti's Richtung behielt den unmittelbaren Sieg nicht; wir werden sehen, wie der entschiedene Naturalismus Donatello's die Meisten mit sich fortriss. Was aber später von Schönheit und echtem Schwung der Form und des Gedankens zum Vorschein gekommen ist, das deutet auf Ghiberti zurück und hat seinen Anhalt an den Robbia.
Denn neben ihm, den Erzgiesser, war ein Bildner in Thon auf- getreten, wie die Welt keinen grössern gekannt hat, Luca della Robbia (1399-- nach 1480), welcher nebst seinem Neffen Andrea (1435--1528), dessen Söhnen Giovanni und Girolamo und meh- rern Verwandten und Mitgenossen eine Schule von mehr als einem Jahrhundert und doch von einem durchaus gemeinsamen Charakter bildet. Bis in die 1530er Jahre hinein wechselt der Styl derselben nur in leisen Übergängen; sie macht wenige Concessionen an den inzwischen so oft und stark geänderten Geschmack; von selbst ist sie dem Schönsten jedes Jahrzehnds seelenverwandt; sie erlischt auf der gleichmässigen Höhe ihres Könnens durch Mangel an Bestellun- gen, indem sie mit dem emporgekommenen sog. grossartigen Styl weder Verhältniss noch Bündniss schliessen kann. Hier liegt eine erbliche Gesinnung zu Grunde, die wie ein Schutzgeist unsichtbar über der Werkstatt gewaltet haben muss.
Das erste grosse Werk Luca's gehört nicht dem Thon, sondern der Marmorsculptur an; es ist der berühmte Fries, welcher ehe-e mals die eine Orgelbalustrade im Dom schmückte und jetzt in zehn Stücken in den Uffizien (Gang der toscan. Sculpt.) aufgestellt ist:
Michelozzo. Die Robbia.
ebenfalls dem Ghiberti zugeschrieben, gilt jetzt als Werk des Bau-a meisters Michelozzo; eine schöne, einfach resolute Arbeit, mit würdigen Zügen, aber von rechts gesehen ungenügend und in der Dra- perie zu allgemein. — Die drei christlichen Tugenden, unten an demb Denkmal Johanns XXIII im Baptisterium, sind wohl sämmtlich von Michelozzo; vorzüglich edel belebt die „Hoffnung“. In der innern Sacristei daselbst befindet sich die silberne Johannesstatue desselbenc Künstlers. Über der Thür der gegenüber vom Baptisterium liegenden Canonica ist der naive kleine Johannes von ihm. Als Bildhauer ward er Gehülfe Donatello’s.)
Ghiberti’s Richtung behielt den unmittelbaren Sieg nicht; wir werden sehen, wie der entschiedene Naturalismus Donatello’s die Meisten mit sich fortriss. Was aber später von Schönheit und echtem Schwung der Form und des Gedankens zum Vorschein gekommen ist, das deutet auf Ghiberti zurück und hat seinen Anhalt an den Robbia.
Denn neben ihm, den Erzgiesser, war ein Bildner in Thon auf- getreten, wie die Welt keinen grössern gekannt hat, Luca della Robbia (1399— nach 1480), welcher nebst seinem Neffen Andrea (1435—1528), dessen Söhnen Giovanni und Girolamo und meh- rern Verwandten und Mitgenossen eine Schule von mehr als einem Jahrhundert und doch von einem durchaus gemeinsamen Charakter bildet. Bis in die 1530er Jahre hinein wechselt der Styl derselben nur in leisen Übergängen; sie macht wenige Concessionen an den inzwischen so oft und stark geänderten Geschmack; von selbst ist sie dem Schönsten jedes Jahrzehnds seelenverwandt; sie erlischt auf der gleichmässigen Höhe ihres Könnens durch Mangel an Bestellun- gen, indem sie mit dem emporgekommenen sog. grossartigen Styl weder Verhältniss noch Bündniss schliessen kann. Hier liegt eine erbliche Gesinnung zu Grunde, die wie ein Schutzgeist unsichtbar über der Werkstatt gewaltet haben muss.
Das erste grosse Werk Luca’s gehört nicht dem Thon, sondern der Marmorsculptur an; es ist der berühmte Fries, welcher ehe-e mals die eine Orgelbalustrade im Dom schmückte und jetzt in zehn Stücken in den Uffizien (Gang der toscan. Sculpt.) aufgestellt ist:
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Michelozzo. Die Robbia.
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meisters Michelozzo; eine schöne, einfach resolute Arbeit, mit
würdigen Zügen, aber von rechts gesehen ungenügend und in der Dra-
perie zu allgemein. — Die drei christlichen Tugenden, unten an dem
Denkmal Johanns XXIII im Baptisterium, sind wohl sämmtlich von
Michelozzo; vorzüglich edel belebt die „Hoffnung“. In der innern
Sacristei daselbst befindet sich die silberne Johannesstatue desselben
Künstlers. Über der Thür der gegenüber vom Baptisterium liegenden
Canonica ist der naive kleine Johannes von ihm. Als Bildhauer war
er Gehülfe Donatello’s.)
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werden sehen, wie der entschiedene Naturalismus Donatello’s die
Meisten mit sich fortriss. Was aber später von Schönheit und echtem
Schwung der Form und des Gedankens zum Vorschein gekommen ist,
das deutet auf Ghiberti zurück und hat seinen Anhalt an den Robbia.
Denn neben ihm, den Erzgiesser, war ein Bildner in Thon auf-
getreten, wie die Welt keinen grössern gekannt hat, Luca della
Robbia (1399— nach 1480), welcher nebst seinem Neffen Andrea
(1435—1528), dessen Söhnen Giovanni und Girolamo und meh-
rern Verwandten und Mitgenossen eine Schule von mehr als einem
Jahrhundert und doch von einem durchaus gemeinsamen Charakter
bildet. Bis in die 1530er Jahre hinein wechselt der Styl derselben
nur in leisen Übergängen; sie macht wenige Concessionen an den
inzwischen so oft und stark geänderten Geschmack; von selbst ist
sie dem Schönsten jedes Jahrzehnds seelenverwandt; sie erlischt auf
der gleichmässigen Höhe ihres Könnens durch Mangel an Bestellun-
gen, indem sie mit dem emporgekommenen sog. grossartigen Styl
weder Verhältniss noch Bündniss schliessen kann. Hier liegt eine
erbliche Gesinnung zu Grunde, die wie ein Schutzgeist unsichtbar
über der Werkstatt gewaltet haben muss.
Das erste grosse Werk Luca’s gehört nicht dem Thon, sondern
der Marmorsculptur an; es ist der berühmte Fries, welcher ehe-
mals die eine Orgelbalustrade im Dom schmückte und jetzt in zehn
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/611>, abgerufen am 18.12.2024.
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