jungen Frau dargestellt; auf der andern Seite Johannes der Täufer. a-- Die gegenüberstehende Reliefmadonna des kleinern Altars (in der Handlung des Säugens) zeigt eine etwas idealere Bildung. -- In S. bCaterina (Cap. rechts neben dem Chor) ein Engel Gabriel und eine Madonna, ersterer eine der schönsten pisanischen Statuen, auch letz- tere von trefflicher Arbeit aber einem nichts weniger als hohen Typus (1370). An dem dortigen Erzbischofsgrab (links neben der Thür), vom Jahr 1342, möchten doch wohl nur die untern Reliefs von Nino sein; die obern Figuren sind zu ungeschickt.
Weniger eigenthümlich als Nino ist sein Bruder Tommaso Pi- csano. Von ihm ist der Altar N. 33 im Camposanto und die kleine Madonna N. 172, gute fleissige Arbeiten.
Den Ausgang der pisanischen Schule in die Art des XV. Jahr- dhunderts, etwa in der Art des Quercia, bezeichnen ein paar Reliefs in S. Sisto zu Pisa. (Sonstige pisanische Sculpturen s. S. 570.)
Die damaligen sienesischen Bildhauer, gleich Agostino und Agnolo mehr von Giovanni Pisano's Geist als von dem der gleich- zeitigen Maler ihrer Stadt berührt, haben einige nicht unbedeutende eWerke hinterlassen. Die Sculpturen an der Fassade des Domes, theils von dem frühern Bau entlehnt, theils modern, geben keinen Massstab. fIm Dom von Pistoja (rechts) ist das Grabmal des Rechtsgelehrten Cino (1337) eine naive Arbeit des Sienesen Cinello; der Verstorbene gist als Docent nebst Zuhörern dargestellt 1). Im Dom von Florenz sieht man gegen Ende des rechten Seitenschiffes oben auf einem Aus- bau schwebend ein Bischofsgrab von dem Sienesen Lino di Camaino, mit gutem Relief, sonst merkwürdig durch die für diese Höhe mit Recht sitzend, aber als sitzende Leiche gebildeten Bischofsstatue. -- Von Lino ist auch das mehr decorativ wichtige Grabmal des Bischofs
1) Diese Art von Professorendenkmälern ist dann besonders häufig in Bologna *wiederholt worden, wo man dergleichen sowohl vom Styl des XIV. als des **XV. Jahrhunderts, z. B. im Klosterhof von S. Domenico, im Chorumgang von S. Giacomo etc., mehrere findet. Die bessern zeigen in den Zuhörern einen abwechselnden, bisweilen tief gemeinten Ausdruck. (Staunen, Sinnen, Federspitzen, Nachschreiben u. s. w.).
Germanische Sculptur. Pisa. Siena.
jungen Frau dargestellt; auf der andern Seite Johannes der Täufer. a— Die gegenüberstehende Reliefmadonna des kleinern Altars (in der Handlung des Säugens) zeigt eine etwas idealere Bildung. — In S. bCaterina (Cap. rechts neben dem Chor) ein Engel Gabriel und eine Madonna, ersterer eine der schönsten pisanischen Statuen, auch letz- tere von trefflicher Arbeit aber einem nichts weniger als hohen Typus (1370). An dem dortigen Erzbischofsgrab (links neben der Thür), vom Jahr 1342, möchten doch wohl nur die untern Reliefs von Nino sein; die obern Figuren sind zu ungeschickt.
Weniger eigenthümlich als Nino ist sein Bruder Tommaso Pi- csano. Von ihm ist der Altar N. 33 im Camposanto und die kleine Madonna N. 172, gute fleissige Arbeiten.
Den Ausgang der pisanischen Schule in die Art des XV. Jahr- dhunderts, etwa in der Art des Quercia, bezeichnen ein paar Reliefs in S. Sisto zu Pisa. (Sonstige pisanische Sculpturen s. S. 570.)
Die damaligen sienesischen Bildhauer, gleich Agostino und Agnolo mehr von Giovanni Pisano’s Geist als von dem der gleich- zeitigen Maler ihrer Stadt berührt, haben einige nicht unbedeutende eWerke hinterlassen. Die Sculpturen an der Fassade des Domes, theils von dem frühern Bau entlehnt, theils modern, geben keinen Massstab. fIm Dom von Pistoja (rechts) ist das Grabmal des Rechtsgelehrten Cino (1337) eine naive Arbeit des Sienesen Cinello; der Verstorbene gist als Docent nebst Zuhörern dargestellt 1). Im Dom von Florenz sieht man gegen Ende des rechten Seitenschiffes oben auf einem Aus- bau schwebend ein Bischofsgrab von dem Sienesen Lino di Camaino, mit gutem Relief, sonst merkwürdig durch die für diese Höhe mit Recht sitzend, aber als sitzende Leiche gebildeten Bischofsstatue. — Von Lino ist auch das mehr decorativ wichtige Grabmal des Bischofs
1) Diese Art von Professorendenkmälern ist dann besonders häufig in Bologna *wiederholt worden, wo man dergleichen sowohl vom Styl des XIV. als des **XV. Jahrhunderts, z. B. im Klosterhof von S. Domenico, im Chorumgang von S. Giacomo etc., mehrere findet. Die bessern zeigen in den Zuhörern einen abwechselnden, bisweilen tief gemeinten Ausdruck. (Staunen, Sinnen, Federspitzen, Nachschreiben u. s. w.).
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Germanische Sculptur. Pisa. Siena.
jungen Frau dargestellt; auf der andern Seite Johannes der Täufer.
— Die gegenüberstehende Reliefmadonna des kleinern Altars (in der
Handlung des Säugens) zeigt eine etwas idealere Bildung. — In S.
Caterina (Cap. rechts neben dem Chor) ein Engel Gabriel und eine
Madonna, ersterer eine der schönsten pisanischen Statuen, auch letz-
tere von trefflicher Arbeit aber einem nichts weniger als hohen Typus
(1370). An dem dortigen Erzbischofsgrab (links neben der Thür),
vom Jahr 1342, möchten doch wohl nur die untern Reliefs von Nino
sein; die obern Figuren sind zu ungeschickt.
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Weniger eigenthümlich als Nino ist sein Bruder Tommaso Pi-
sano. Von ihm ist der Altar N. 33 im Camposanto und die kleine
Madonna N. 172, gute fleissige Arbeiten.
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Den Ausgang der pisanischen Schule in die Art des XV. Jahr-
hunderts, etwa in der Art des Quercia, bezeichnen ein paar Reliefs
in S. Sisto zu Pisa. (Sonstige pisanische Sculpturen s. S. 570.)
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Die damaligen sienesischen Bildhauer, gleich Agostino und
Agnolo mehr von Giovanni Pisano’s Geist als von dem der gleich-
zeitigen Maler ihrer Stadt berührt, haben einige nicht unbedeutende
Werke hinterlassen. Die Sculpturen an der Fassade des Domes, theils
von dem frühern Bau entlehnt, theils modern, geben keinen Massstab.
Im Dom von Pistoja (rechts) ist das Grabmal des Rechtsgelehrten
Cino (1337) eine naive Arbeit des Sienesen Cinello; der Verstorbene
ist als Docent nebst Zuhörern dargestellt 1). Im Dom von Florenz
sieht man gegen Ende des rechten Seitenschiffes oben auf einem Aus-
bau schwebend ein Bischofsgrab von dem Sienesen Lino di Camaino,
mit gutem Relief, sonst merkwürdig durch die für diese Höhe mit
Recht sitzend, aber als sitzende Leiche gebildeten Bischofsstatue. —
Von Lino ist auch das mehr decorativ wichtige Grabmal des Bischofs
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1) Diese Art von Professorendenkmälern ist dann besonders häufig in Bologna
wiederholt worden, wo man dergleichen sowohl vom Styl des XIV. als des
XV. Jahrhunderts, z. B. im Klosterhof von S. Domenico, im Chorumgang
von S. Giacomo etc., mehrere findet. Die bessern zeigen in den Zuhörern
einen abwechselnden, bisweilen tief gemeinten Ausdruck. (Staunen, Sinnen,
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/596>, abgerufen am 18.12.2024.
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