aDarstellung heben andere Statuen mehr den Hirtenknaben oder den Mundschenken hervor; so diejenige des Museums von Neapel (zweiter Gang): Ganymed auf den Adler gelehnt und mit ihm sprechend, eine bgute Arbeit mit schlecht restaurirter Handbewegung. (In der Nähe ein weit schlechterer Ganymed.) Ein anderes, ebenfalls schlecht re- staurirtes Exemplar in den Uffizien, erster Gang. -- Auch Ganymed den Adler tränkend kommt wenigstens in Reliefs vor. -- Eine schöne ckleine Brunnenstatue mit restaurirten Armen, auf den (nicht vorhan- denen) Adler herabschauend gedacht, im Braccio nuovo des Vaticans, dam Stamm der Name des Künstlers Phaidimos; -- eine unbedeutende im Gabinetto delle Maschere ebenda; -- ein sehr schöner Gedanke in eeiner mittelguten Statue des obern Ganges ebenda: Ganymed die Schale emporreichend; er und der Adler, welcher hier nicht als Hülle, sondern als Attribut des Zeus neben ihm steht, schauen aufwärts wie zu dem Gott empor. Es ist kein irdisches Aufwarten, sondern ein feierliches Kredenzen bezeichnet. (Der Arm mit der Schale neu, aber dem alten Ansatz nach wohl richtig ergänzt.) Raphael hat diess ähnlich empfunden, im Hochzeitsmahl der Farnesina, wo Ganymed sich auf ein Knie niederlässt.
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Die schöne lebendige Statue kleinern Massstabes in den Uffizien (Halle des Hermaphr.) hat einen Kopf und einen Adler von Benv. Cellini, stellte aber wohl ursprünglich Ganymed dar. Bildung und Stellung sind von gleicher Anmuth.
(Kinderstatuen ziehen das Verhältniss zum Adler ins Drollig- gKindliche; so die sehr meisterhaft gedachte des kleinen Ganymed, welcher den Adler nach hinten umfasst, im obern Gang des Va- ticans.)
Der Bilderkreis der Götter wird glorreich ergänzt durch Dio- nysos, den Gott der hohen Naturwonne. Nachdem ihn die Kunst lange als bärtigen Herrscher gebildet (S. 422), erhielt er zur Zeit des Skopas und Praxiteles die süsseste Jugend und sein bisher bloss bur- leskes Gefolge (man vgl. die Satyrn auf den ältern Vasen) eine reiche charakteristische Abstufung bis ins Schöne hinein. Ihm, dem reinsten Grundton und Mittelpunkt dieses gestaltenreichen Schwarmes (Thia-
Antike Sculptur. Ganymed.
aDarstellung heben andere Statuen mehr den Hirtenknaben oder den Mundschenken hervor; so diejenige des Museums von Neapel (zweiter Gang): Ganymed auf den Adler gelehnt und mit ihm sprechend, eine bgute Arbeit mit schlecht restaurirter Handbewegung. (In der Nähe ein weit schlechterer Ganymed.) Ein anderes, ebenfalls schlecht re- staurirtes Exemplar in den Uffizien, erster Gang. — Auch Ganymed den Adler tränkend kommt wenigstens in Reliefs vor. — Eine schöne ckleine Brunnenstatue mit restaurirten Armen, auf den (nicht vorhan- denen) Adler herabschauend gedacht, im Braccio nuovo des Vaticans, dam Stamm der Name des Künstlers Phaidimos; — eine unbedeutende im Gabinetto delle Maschere ebenda; — ein sehr schöner Gedanke in eeiner mittelguten Statue des obern Ganges ebenda: Ganymed die Schale emporreichend; er und der Adler, welcher hier nicht als Hülle, sondern als Attribut des Zeus neben ihm steht, schauen aufwärts wie zu dem Gott empor. Es ist kein irdisches Aufwarten, sondern ein feierliches Kredenzen bezeichnet. (Der Arm mit der Schale neu, aber dem alten Ansatz nach wohl richtig ergänzt.) Raphael hat diess ähnlich empfunden, im Hochzeitsmahl der Farnesina, wo Ganymed sich auf ein Knie niederlässt.
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Die schöne lebendige Statue kleinern Massstabes in den Uffizien (Halle des Hermaphr.) hat einen Kopf und einen Adler von Benv. Cellini, stellte aber wohl ursprünglich Ganymed dar. Bildung und Stellung sind von gleicher Anmuth.
(Kinderstatuen ziehen das Verhältniss zum Adler ins Drollig- gKindliche; so die sehr meisterhaft gedachte des kleinen Ganymed, welcher den Adler nach hinten umfasst, im obern Gang des Va- ticans.)
Der Bilderkreis der Götter wird glorreich ergänzt durch Dio- nysos, den Gott der hohen Naturwonne. Nachdem ihn die Kunst lange als bärtigen Herrscher gebildet (S. 422), erhielt er zur Zeit des Skopas und Praxiteles die süsseste Jugend und sein bisher bloss bur- leskes Gefolge (man vgl. die Satyrn auf den ältern Vasen) eine reiche charakteristische Abstufung bis ins Schöne hinein. Ihm, dem reinsten Grundton und Mittelpunkt dieses gestaltenreichen Schwarmes (Thia-
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Antike Sculptur. Ganymed.
Darstellung heben andere Statuen mehr den Hirtenknaben oder den
Mundschenken hervor; so diejenige des Museums von Neapel (zweiter
Gang): Ganymed auf den Adler gelehnt und mit ihm sprechend, eine
gute Arbeit mit schlecht restaurirter Handbewegung. (In der Nähe
ein weit schlechterer Ganymed.) Ein anderes, ebenfalls schlecht re-
staurirtes Exemplar in den Uffizien, erster Gang. — Auch Ganymed
den Adler tränkend kommt wenigstens in Reliefs vor. — Eine schöne
kleine Brunnenstatue mit restaurirten Armen, auf den (nicht vorhan-
denen) Adler herabschauend gedacht, im Braccio nuovo des Vaticans,
am Stamm der Name des Künstlers Phaidimos; — eine unbedeutende
im Gabinetto delle Maschere ebenda; — ein sehr schöner Gedanke in
einer mittelguten Statue des obern Ganges ebenda: Ganymed die
Schale emporreichend; er und der Adler, welcher hier nicht als Hülle,
sondern als Attribut des Zeus neben ihm steht, schauen aufwärts wie
zu dem Gott empor. Es ist kein irdisches Aufwarten, sondern ein
feierliches Kredenzen bezeichnet. (Der Arm mit der Schale neu, aber
dem alten Ansatz nach wohl richtig ergänzt.) Raphael hat diess
ähnlich empfunden, im Hochzeitsmahl der Farnesina, wo Ganymed
sich auf ein Knie niederlässt.
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Die schöne lebendige Statue kleinern Massstabes in den Uffizien
(Halle des Hermaphr.) hat einen Kopf und einen Adler von Benv.
Cellini, stellte aber wohl ursprünglich Ganymed dar. Bildung und
Stellung sind von gleicher Anmuth.
(Kinderstatuen ziehen das Verhältniss zum Adler ins Drollig-
Kindliche; so die sehr meisterhaft gedachte des kleinen Ganymed,
welcher den Adler nach hinten umfasst, im obern Gang des Va-
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Der Bilderkreis der Götter wird glorreich ergänzt durch Dio-
nysos, den Gott der hohen Naturwonne. Nachdem ihn die Kunst
lange als bärtigen Herrscher gebildet (S. 422), erhielt er zur Zeit des
Skopas und Praxiteles die süsseste Jugend und sein bisher bloss bur-
leskes Gefolge (man vgl. die Satyrn auf den ältern Vasen) eine reiche
charakteristische Abstufung bis ins Schöne hinein. Ihm, dem reinsten
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/492>, abgerufen am 18.12.2024.
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