(Uffizien, Halle der Inschriften) ist wiederum eigenthümlich reizenda verhüllt; aus dem weiten Obergewande, welches die ganze Gestalt umgiebt, sieht nur die Linke (mit der restaurirten Schale) heraus; die Brüste und der untergeschlagene rechte Arm sind im Gewande vorzüglich edel ausgedrückt. -- Eine köstliche Priesterin findet sich auch unter den halblebensgrossen Statuen in einem der hintern Säleb der Galerie des Pal. Pitti. (Mit den Wandfresken des Pietro da Cortona.)
Das Untergewand wird als Hauptausdruck der Stellung behan- delt in drei sitzenden Statuen aus der frühern Kaiserzeit, welche man für Bildnisse theils der ältern, theils der jüngern Agrippina erklärt. (Museo capitolino, Zimmer der Kaiser; Villa Albani, untere Halle desc Palastes; wozu als Erzänzung die bejahrte Sitzende mit verschlunge- nen Händen gehört, Museum von Neapel, dritter Gang.) Wenn esd nun misslich bleibt, physiognomisch Partei zu nehmen für Bilder, welche entweder eine der tugendhaftesten oder eine der lasterhafte- sten Römerinnen darstellen -- und beide Taufen sind unsicher! -- so haben wir doch jedenfalls denjenigen allgemeinen Typus vor uns, in welchem sich die grossen Damen des Tacitus und Juvenal mit Vor- liebe abbilden liessen. Das bequeme Auflehnen auf dem Sessel, die schöne Entwicklung der schönen Glieder, die sich dabei ergiebt, muss- ten dieses Motiv sehr in Gunst setzen 1). Freilich scheinen diese Sta- tuen nur gut, bis man die sitzenden Frauen der parthenonischen Giebel (Abgüsse im Lateran und anderswo) damit vergleicht. Mit welch an- derm Lebensgefühl fliessen hier die leichten Gewänder über die gött- lichen Gestalten!
Eine sehr eigenthümlich und gut gedachte sitzende Spätrömerin müssen wir indess hier noch erwähnen. Man sieht in der obern Ga-e lerie des capitolinischen Museums eine ganz eingehüllte Gestalt, mit der verhüllten Rechten das Gewand an das Kinn ziehend, die offene Linke unterschlagend. Die Statue soll Julia Mäsa vorstellen, die Grossmutter der ungleichen Vettern Elagabal und Alexander Severus.
1) Diesen Agrippinenstatuen gleichen im Motiv zwei unbekannte Römerinnen der* Uffizien zu Florenz (Anfang des ersten Ganges), beide von untergeordne- ter Arbeit.
B. Cicerone. 30
Weibliche Gewandstatuen.
(Uffizien, Halle der Inschriften) ist wiederum eigenthümlich reizenda verhüllt; aus dem weiten Obergewande, welches die ganze Gestalt umgiebt, sieht nur die Linke (mit der restaurirten Schale) heraus; die Brüste und der untergeschlagene rechte Arm sind im Gewande vorzüglich edel ausgedrückt. — Eine köstliche Priesterin findet sich auch unter den halblebensgrossen Statuen in einem der hintern Säleb der Galerie des Pal. Pitti. (Mit den Wandfresken des Pietro da Cortona.)
Das Untergewand wird als Hauptausdruck der Stellung behan- delt in drei sitzenden Statuen aus der frühern Kaiserzeit, welche man für Bildnisse theils der ältern, theils der jüngern Agrippina erklärt. (Museo capitolino, Zimmer der Kaiser; Villa Albani, untere Halle desc Palastes; wozu als Erzänzung die bejahrte Sitzende mit verschlunge- nen Händen gehört, Museum von Neapel, dritter Gang.) Wenn esd nun misslich bleibt, physiognomisch Partei zu nehmen für Bilder, welche entweder eine der tugendhaftesten oder eine der lasterhafte- sten Römerinnen darstellen — und beide Taufen sind unsicher! — so haben wir doch jedenfalls denjenigen allgemeinen Typus vor uns, in welchem sich die grossen Damen des Tacitus und Juvenal mit Vor- liebe abbilden liessen. Das bequeme Auflehnen auf dem Sessel, die schöne Entwicklung der schönen Glieder, die sich dabei ergiebt, muss- ten dieses Motiv sehr in Gunst setzen 1). Freilich scheinen diese Sta- tuen nur gut, bis man die sitzenden Frauen der parthenonischen Giebel (Abgüsse im Lateran und anderswo) damit vergleicht. Mit welch an- derm Lebensgefühl fliessen hier die leichten Gewänder über die gött- lichen Gestalten!
Eine sehr eigenthümlich und gut gedachte sitzende Spätrömerin müssen wir indess hier noch erwähnen. Man sieht in der obern Ga-e lerie des capitolinischen Museums eine ganz eingehüllte Gestalt, mit der verhüllten Rechten das Gewand an das Kinn ziehend, die offene Linke unterschlagend. Die Statue soll Julia Mäsa vorstellen, die Grossmutter der ungleichen Vettern Elagabal und Alexander Severus.
1) Diesen Agrippinenstatuen gleichen im Motiv zwei unbekannte Römerinnen der* Uffizien zu Florenz (Anfang des ersten Ganges), beide von untergeordne- ter Arbeit.
B. Cicerone. 30
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Weibliche Gewandstatuen.
(Uffizien, Halle der Inschriften) ist wiederum eigenthümlich reizend
verhüllt; aus dem weiten Obergewande, welches die ganze Gestalt
umgiebt, sieht nur die Linke (mit der restaurirten Schale) heraus;
die Brüste und der untergeschlagene rechte Arm sind im Gewande
vorzüglich edel ausgedrückt. — Eine köstliche Priesterin findet sich
auch unter den halblebensgrossen Statuen in einem der hintern Säle
der Galerie des Pal. Pitti. (Mit den Wandfresken des Pietro da
Cortona.)
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Das Untergewand wird als Hauptausdruck der Stellung behan-
delt in drei sitzenden Statuen aus der frühern Kaiserzeit, welche man
für Bildnisse theils der ältern, theils der jüngern Agrippina erklärt.
(Museo capitolino, Zimmer der Kaiser; Villa Albani, untere Halle des
Palastes; wozu als Erzänzung die bejahrte Sitzende mit verschlunge-
nen Händen gehört, Museum von Neapel, dritter Gang.) Wenn es
nun misslich bleibt, physiognomisch Partei zu nehmen für Bilder,
welche entweder eine der tugendhaftesten oder eine der lasterhafte-
sten Römerinnen darstellen — und beide Taufen sind unsicher! — so
haben wir doch jedenfalls denjenigen allgemeinen Typus vor uns, in
welchem sich die grossen Damen des Tacitus und Juvenal mit Vor-
liebe abbilden liessen. Das bequeme Auflehnen auf dem Sessel, die
schöne Entwicklung der schönen Glieder, die sich dabei ergiebt, muss-
ten dieses Motiv sehr in Gunst setzen 1). Freilich scheinen diese Sta-
tuen nur gut, bis man die sitzenden Frauen der parthenonischen Giebel
(Abgüsse im Lateran und anderswo) damit vergleicht. Mit welch an-
derm Lebensgefühl fliessen hier die leichten Gewänder über die gött-
lichen Gestalten!
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Eine sehr eigenthümlich und gut gedachte sitzende Spätrömerin
müssen wir indess hier noch erwähnen. Man sieht in der obern Ga-
lerie des capitolinischen Museums eine ganz eingehüllte Gestalt, mit
der verhüllten Rechten das Gewand an das Kinn ziehend, die offene
Linke unterschlagend. Die Statue soll Julia Mäsa vorstellen, die
Grossmutter der ungleichen Vettern Elagabal und Alexander Severus.
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1) Diesen Agrippinenstatuen gleichen im Motiv zwei unbekannte Römerinnen der
Uffizien zu Florenz (Anfang des ersten Ganges), beide von untergeordne-
ter Arbeit.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/487>, abgerufen am 18.12.2024.
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