bleibt, weil überhaupt Priester und Priesterin beim feierlichen Opfer das Costüm ihrer Gottheit trugen. Isis ist in dieser Beziehung sehr leicht zu erkennen an dem Sistrum (wo es nicht restaurirt ist), einem birnförmig gebogenen, mit einigen Drähten oder Stäbchen durch- zogenen Lärminstrument von Erz, und an dem vor der Brust zusam- mengeknüpften Fransengewand. Eine späte, aber noch sehr schöne Statue im Museo Capitolino (Zimmer des sterbenden Fechters); zweia geringere im Museum von Neapel (Halle der farbigen Marmore).b
Von dem Gott des Kampfes, den die römische Kunst überdiess als Vater des Romulus zu verherrlichen hatte, besitzt man auffallender Weise keine völlig sichere Statue von guter Arbeit. Im untern Gangc des capitolinischen Museums steht ein prächtig geharnischtes und be- helmtes Colossalbild, dessen Züge wohl den Sohn des Zeus zu ver- rathen scheinen, das aber eben seiner pomphaften Bekleidung wegen doch wohl eher ein Porträt heissen mag. (Es galt früher für Pyrrhus.) Die gute nackte Statue eines reifen, fast stämmigen Mannes mit Helmd und kurzem Mantel, im grossen Saale desselben Museums, ist wohl unstreitig ein Mars, aber mit dem Angesicht Hadrians. Die mehrfach (z. B. gerade hier) vorkommende Gruppe von Mars und Venus ist durchgängig von später Arbeit und stark restaurirt. Selbst die herr- liche Statue der Villa Ludovisi wird von Manchen als Achill ine Anspruch genommen, mag aber einstweilen als ein ruhender, zur Milde gestimmter Kriegsgott gelten; mit dem Schwert in der Hand, den Schild zur Rechten, sitzt er auf einem Fels, den linken Fuss auf einen Helm gestützt; vor ihm ein Amorin; sein Typus ist im Ganzen dem des Hermes ähnlich, nur mit männlich strengern, härtern Zügen, zumal im untern Theile des Gesichtes. Die Stellung wunderbar leicht, von allen Seiten die schönsten Linien darbietend. Man glaubt auf ein Original des Skopas schliessen zu dürfen. -- In der Nähe die Statuef eines ebenfalls nackten, auf dem Boden sitzenden Helden, welche eine belehrende Vergleichung des bloss Heroischen mit dem Göttlichen des Ares gewährt.
In vollständiger Rüstung, ausschreitend und mit einer Waffe aus- holend, ist Mars hauptsächlich in den etruskischen Erzfiguren dar-
Isis. Ares.
bleibt, weil überhaupt Priester und Priesterin beim feierlichen Opfer das Costüm ihrer Gottheit trugen. Isis ist in dieser Beziehung sehr leicht zu erkennen an dem Sistrum (wo es nicht restaurirt ist), einem birnförmig gebogenen, mit einigen Drähten oder Stäbchen durch- zogenen Lärminstrument von Erz, und an dem vor der Brust zusam- mengeknüpften Fransengewand. Eine späte, aber noch sehr schöne Statue im Museo Capitolino (Zimmer des sterbenden Fechters); zweia geringere im Museum von Neapel (Halle der farbigen Marmore).b
Von dem Gott des Kampfes, den die römische Kunst überdiess als Vater des Romulus zu verherrlichen hatte, besitzt man auffallender Weise keine völlig sichere Statue von guter Arbeit. Im untern Gangc des capitolinischen Museums steht ein prächtig geharnischtes und be- helmtes Colossalbild, dessen Züge wohl den Sohn des Zeus zu ver- rathen scheinen, das aber eben seiner pomphaften Bekleidung wegen doch wohl eher ein Porträt heissen mag. (Es galt früher für Pyrrhus.) Die gute nackte Statue eines reifen, fast stämmigen Mannes mit Helmd und kurzem Mantel, im grossen Saale desselben Museums, ist wohl unstreitig ein Mars, aber mit dem Angesicht Hadrians. Die mehrfach (z. B. gerade hier) vorkommende Gruppe von Mars und Venus ist durchgängig von später Arbeit und stark restaurirt. Selbst die herr- liche Statue der Villa Ludovisi wird von Manchen als Achill ine Anspruch genommen, mag aber einstweilen als ein ruhender, zur Milde gestimmter Kriegsgott gelten; mit dem Schwert in der Hand, den Schild zur Rechten, sitzt er auf einem Fels, den linken Fuss auf einen Helm gestützt; vor ihm ein Amorin; sein Typus ist im Ganzen dem des Hermes ähnlich, nur mit männlich strengern, härtern Zügen, zumal im untern Theile des Gesichtes. Die Stellung wunderbar leicht, von allen Seiten die schönsten Linien darbietend. Man glaubt auf ein Original des Skopas schliessen zu dürfen. — In der Nähe die Statuef eines ebenfalls nackten, auf dem Boden sitzenden Helden, welche eine belehrende Vergleichung des bloss Heroischen mit dem Göttlichen des Ares gewährt.
In vollständiger Rüstung, ausschreitend und mit einer Waffe aus- holend, ist Mars hauptsächlich in den etruskischen Erzfiguren dar-
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Isis. Ares.
bleibt, weil überhaupt Priester und Priesterin beim feierlichen Opfer
das Costüm ihrer Gottheit trugen. Isis ist in dieser Beziehung sehr
leicht zu erkennen an dem Sistrum (wo es nicht restaurirt ist), einem
birnförmig gebogenen, mit einigen Drähten oder Stäbchen durch-
zogenen Lärminstrument von Erz, und an dem vor der Brust zusam-
mengeknüpften Fransengewand. Eine späte, aber noch sehr schöne
Statue im Museo Capitolino (Zimmer des sterbenden Fechters); zwei
geringere im Museum von Neapel (Halle der farbigen Marmore).
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b
Von dem Gott des Kampfes, den die römische Kunst überdiess
als Vater des Romulus zu verherrlichen hatte, besitzt man auffallender
Weise keine völlig sichere Statue von guter Arbeit. Im untern Gang
des capitolinischen Museums steht ein prächtig geharnischtes und be-
helmtes Colossalbild, dessen Züge wohl den Sohn des Zeus zu ver-
rathen scheinen, das aber eben seiner pomphaften Bekleidung wegen
doch wohl eher ein Porträt heissen mag. (Es galt früher für Pyrrhus.)
Die gute nackte Statue eines reifen, fast stämmigen Mannes mit Helm
und kurzem Mantel, im grossen Saale desselben Museums, ist wohl
unstreitig ein Mars, aber mit dem Angesicht Hadrians. Die mehrfach
(z. B. gerade hier) vorkommende Gruppe von Mars und Venus ist
durchgängig von später Arbeit und stark restaurirt. Selbst die herr-
liche Statue der Villa Ludovisi wird von Manchen als Achill in
Anspruch genommen, mag aber einstweilen als ein ruhender, zur
Milde gestimmter Kriegsgott gelten; mit dem Schwert in der Hand,
den Schild zur Rechten, sitzt er auf einem Fels, den linken Fuss auf
einen Helm gestützt; vor ihm ein Amorin; sein Typus ist im Ganzen
dem des Hermes ähnlich, nur mit männlich strengern, härtern Zügen,
zumal im untern Theile des Gesichtes. Die Stellung wunderbar leicht,
von allen Seiten die schönsten Linien darbietend. Man glaubt auf ein
Original des Skopas schliessen zu dürfen. — In der Nähe die Statue
eines ebenfalls nackten, auf dem Boden sitzenden Helden, welche eine
belehrende Vergleichung des bloss Heroischen mit dem Göttlichen des
Ares gewährt.
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In vollständiger Rüstung, ausschreitend und mit einer Waffe aus-
holend, ist Mars hauptsächlich in den etruskischen Erzfiguren dar-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/451>, abgerufen am 18.12.2024.
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