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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Thürme. Kuppeln. Basiliken. Griech. Kreuz.
nommene Gliederung auf Mauermassen und Pfeilerbau berechnet,
wobei Säulen nur als vorgesetzter Schmuck zur Anwendung kamen,
nicht nur verabscheute man jetzt im Ganzen die Bogenstellungen auf
Säulen, sondern auch das Raumgefühl des Barockstyls fand bei engen
Intervallen jeglicher Art seine Rechnung nicht mehr. Dennoch ge-
hören gerade die paar Basiliken zu den bessern Gebäuden des Styles;
die Gerolomini (oder S. Filippo) in Neapel (von Giobatt. Cavagnia
1597); die Annunziata in Genua (von Giac. della Porta), beib
welcher man sich durch die schwere Vergoldung und Bemalung des
Oberbaues nicht darf irre machen lassen, u. a. m. In S. Siro und inc
Madonna delle Vigne zu Genua (1576 und 1586) stehen je zwei Säu-
len zusammen, wobei der Baumeister durch Anbringung eines Gebälk-
stückes und durch grössere Zwischenweiten sein Gewissen beruhigen
konnte; ein Motiv das damals auch bei allen Säulenhöfen befolgt oder
wenigstens verlangt wurde.

Sodann musste das griechische Kreuz, wie Bramante es für
S. Peter beabsichtigt, Michelangelo schon so viel als durchgesetzt
hatte, einen grossen Eindruck auf alle Architekten machen. Mehr als
ein halbes Jahrhundert hindurch (bis 1605) wusste man von nichts
Anderem, als dass diese Kirche aller Kirchen ein griechisches Kreuz
werden und bleiben solle, welches von seiner Kuppel nach allen
Seiten hin beherrscht worden wäre. In dieser Gestalt kannten die
grossen Baumeister von 1550--1600 S. Peter; auch wir können uns
den Eindruck vergegenwärtigen, sobald wir uns innen an das eine
Ende des Querbaues stellen, oder aussen in die Gegend neben der
Sacristei. -- Damals entlehnte hier Galeazzo Alessi, wie wir
sahen (S. 351), die Grundform für seine Madonna di Carignano; spä-
ter, nach 1596, wurde die Madonna della Ghiara in Reggio ent-d
worfen, deren schönes Innere nur durch die vollständige Bemalung
der Gewölbe und Kuppel über dem hellfarbigen Unterbau schwer er-
scheint. Beide Gebäude schliessen allerdings nicht in halbrunden,
sondern in lauter geradlinigen Fassaden, letzteres mit Ausnahme des
Chores. In Rom ist das Innere von S. Carlo a' Catinari (1612, vone
Rosati) ein schöner Bau dieser Art. Noch in ganz späten Re-
dactionen, wie S. Agnese in Piazza navona zu Rom (Inneres von
Carlo Rinaldi) und S. Alessandro in Zebedia zu Mailand wirktf

Thürme. Kuppeln. Basiliken. Griech. Kreuz.
nommene Gliederung auf Mauermassen und Pfeilerbau berechnet,
wobei Säulen nur als vorgesetzter Schmuck zur Anwendung kamen,
nicht nur verabscheute man jetzt im Ganzen die Bogenstellungen auf
Säulen, sondern auch das Raumgefühl des Barockstyls fand bei engen
Intervallen jeglicher Art seine Rechnung nicht mehr. Dennoch ge-
hören gerade die paar Basiliken zu den bessern Gebäuden des Styles;
die Gerolomini (oder S. Filippo) in Neapel (von Giobatt. Cavagnia
1597); die Annunziata in Genua (von Giac. della Porta), beib
welcher man sich durch die schwere Vergoldung und Bemalung des
Oberbaues nicht darf irre machen lassen, u. a. m. In S. Siro und inc
Madonna delle Vigne zu Genua (1576 und 1586) stehen je zwei Säu-
len zusammen, wobei der Baumeister durch Anbringung eines Gebälk-
stückes und durch grössere Zwischenweiten sein Gewissen beruhigen
konnte; ein Motiv das damals auch bei allen Säulenhöfen befolgt oder
wenigstens verlangt wurde.

Sodann musste das griechische Kreuz, wie Bramante es für
S. Peter beabsichtigt, Michelangelo schon so viel als durchgesetzt
hatte, einen grossen Eindruck auf alle Architekten machen. Mehr als
ein halbes Jahrhundert hindurch (bis 1605) wusste man von nichts
Anderem, als dass diese Kirche aller Kirchen ein griechisches Kreuz
werden und bleiben solle, welches von seiner Kuppel nach allen
Seiten hin beherrscht worden wäre. In dieser Gestalt kannten die
grossen Baumeister von 1550—1600 S. Peter; auch wir können uns
den Eindruck vergegenwärtigen, sobald wir uns innen an das eine
Ende des Querbaues stellen, oder aussen in die Gegend neben der
Sacristei. — Damals entlehnte hier Galeazzo Alessi, wie wir
sahen (S. 351), die Grundform für seine Madonna di Carignano; spä-
ter, nach 1596, wurde die Madonna della Ghiara in Reggio ent-d
worfen, deren schönes Innere nur durch die vollständige Bemalung
der Gewölbe und Kuppel über dem hellfarbigen Unterbau schwer er-
scheint. Beide Gebäude schliessen allerdings nicht in halbrunden,
sondern in lauter geradlinigen Fassaden, letzteres mit Ausnahme des
Chores. In Rom ist das Innere von S. Carlo a’ Catinari (1612, vone
Rosati) ein schöner Bau dieser Art. Noch in ganz späten Re-
dactionen, wie S. Agnese in Piazza navona zu Rom (Inneres von
Carlo Rinaldi) und S. Alessandro in Zebedia zu Mailand wirktf

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[377/0399] Thürme. Kuppeln. Basiliken. Griech. Kreuz. nommene Gliederung auf Mauermassen und Pfeilerbau berechnet, wobei Säulen nur als vorgesetzter Schmuck zur Anwendung kamen, nicht nur verabscheute man jetzt im Ganzen die Bogenstellungen auf Säulen, sondern auch das Raumgefühl des Barockstyls fand bei engen Intervallen jeglicher Art seine Rechnung nicht mehr. Dennoch ge- hören gerade die paar Basiliken zu den bessern Gebäuden des Styles; die Gerolomini (oder S. Filippo) in Neapel (von Giobatt. Cavagni 1597); die Annunziata in Genua (von Giac. della Porta), bei welcher man sich durch die schwere Vergoldung und Bemalung des Oberbaues nicht darf irre machen lassen, u. a. m. In S. Siro und in Madonna delle Vigne zu Genua (1576 und 1586) stehen je zwei Säu- len zusammen, wobei der Baumeister durch Anbringung eines Gebälk- stückes und durch grössere Zwischenweiten sein Gewissen beruhigen konnte; ein Motiv das damals auch bei allen Säulenhöfen befolgt oder wenigstens verlangt wurde. a b c Sodann musste das griechische Kreuz, wie Bramante es für S. Peter beabsichtigt, Michelangelo schon so viel als durchgesetzt hatte, einen grossen Eindruck auf alle Architekten machen. Mehr als ein halbes Jahrhundert hindurch (bis 1605) wusste man von nichts Anderem, als dass diese Kirche aller Kirchen ein griechisches Kreuz werden und bleiben solle, welches von seiner Kuppel nach allen Seiten hin beherrscht worden wäre. In dieser Gestalt kannten die grossen Baumeister von 1550—1600 S. Peter; auch wir können uns den Eindruck vergegenwärtigen, sobald wir uns innen an das eine Ende des Querbaues stellen, oder aussen in die Gegend neben der Sacristei. — Damals entlehnte hier Galeazzo Alessi, wie wir sahen (S. 351), die Grundform für seine Madonna di Carignano; spä- ter, nach 1596, wurde die Madonna della Ghiara in Reggio ent- worfen, deren schönes Innere nur durch die vollständige Bemalung der Gewölbe und Kuppel über dem hellfarbigen Unterbau schwer er- scheint. Beide Gebäude schliessen allerdings nicht in halbrunden, sondern in lauter geradlinigen Fassaden, letzteres mit Ausnahme des Chores. In Rom ist das Innere von S. Carlo a’ Catinari (1612, von Rosati) ein schöner Bau dieser Art. Noch in ganz späten Re- dactionen, wie S. Agnese in Piazza navona zu Rom (Inneres von Carlo Rinaldi) und S. Alessandro in Zebedia zu Mailand wirkt d e f

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/399>, abgerufen am 18.12.2024.