der Barockstyl schon stellenweise in seiner vollen Thätigkeit. In der abgelegenen Via del Mandorlo bemerkt man ein hohes, schmales, ver-a rücktes Gebäude: unten statt der Rusticabekleidung gemeisselte Fels- flächen und Relieftrophäen, eingefasst von regelrechten glatten Glie- derungen, oben Backstein und Pietra serena in wüster Zusammen- stellung. Es ist das Atelier, welches sich schon 1579 der damals weltberühmte Maler Federigo Zucchero zu bauen wagte. An- deres der Art bei Anlass des Barockstyls. -- Wie lange aber auch im einzelnen Fall das Gute und Tüchtige nachwirkt, zeigt z. B. das Innere von S. Felicita in tröstlicher Weise, ein Nachklang der bessernb Zeit des XVI. Jahrhunderts und zwar vom Jahr 1736, das Werk des Architekten Ruggieri.
Ausserhalb Florenz ist mir zufällig Pal. Coltroni zu Lucca in diec Augen gefallen, mit einem einfachen aber malerischen Treppenhof, der dem toscanischen Säulenbau um 1600 alle Ehre macht.
Zu Bologna sind aus dieser Zeit die etwas nüchternen aber gut disponirten Bauten des Pellegrino Tibaldi (1522--1592) und seines Sohnes Domenico zu bemerken: der Chor von S. Pietro, die jetziged Universität, der Hof des erzbischöflichen Palastes; vorzüglich und ime Verhältniss zu dem kleinen Raum grossartig: Pal. Magnani. -- Dieserf Pellegrino Tibaldi ist identisch mit dem Architekten Pellegrini, welcher in Mailand zur Zeit des Carlo Borromeo viel beschäftigt wurde. Als Baumeister des Domes schuf er die moderne Fassade,g wovon später nur die Thüren und die nächsten Fenster beibehalten worden sind, prächtige und für den Styl dieser Zeit bezeichnende De- corationsstücke, die ich, offen gestanden, der Gothik dieses Gebäudes vorziehe. -- Die Kirche S. Fedele, ebenfalls von ihm, mit Doppelordnungh am ganzen Äussern und einfacher vortretender Ordnung im Innern, hat lange als classisches Muster gegolten und grossen Einfluss ausge- übt. -- Die sehr barocke Rundkirche S. Sebastiano erbaute er in Folgei eines städtischen Gelübdes an den Pestheiligen vom Jahr 1576. -- Im erzbischöflichen Palast ist der vordere Hof mit seiner hohen Doppel-k halle von Rustica ein weit besseres Gebäude als Ammanati's drei- stöckiger Hof im Pal. Pitti (Seite 345, b); hier wird endlich mit der
Spätere Florentiner und Mailänder.
der Barockstyl schon stellenweise in seiner vollen Thätigkeit. In der abgelegenen Via del Mandorlo bemerkt man ein hohes, schmales, ver-a rücktes Gebäude: unten statt der Rusticabekleidung gemeisselte Fels- flächen und Relieftrophäen, eingefasst von regelrechten glatten Glie- derungen, oben Backstein und Pietra serena in wüster Zusammen- stellung. Es ist das Atelier, welches sich schon 1579 der damals weltberühmte Maler Federigo Zucchero zu bauen wagte. An- deres der Art bei Anlass des Barockstyls. — Wie lange aber auch im einzelnen Fall das Gute und Tüchtige nachwirkt, zeigt z. B. das Innere von S. Felicita in tröstlicher Weise, ein Nachklang der bessernb Zeit des XVI. Jahrhunderts und zwar vom Jahr 1736, das Werk des Architekten Ruggieri.
Ausserhalb Florenz ist mir zufällig Pal. Coltroni zu Lucca in diec Augen gefallen, mit einem einfachen aber malerischen Treppenhof, der dem toscanischen Säulenbau um 1600 alle Ehre macht.
Zu Bologna sind aus dieser Zeit die etwas nüchternen aber gut disponirten Bauten des Pellegrino Tibaldi (1522—1592) und seines Sohnes Domenico zu bemerken: der Chor von S. Pietro, die jetziged Universität, der Hof des erzbischöflichen Palastes; vorzüglich und ime Verhältniss zu dem kleinen Raum grossartig: Pal. Magnani. — Dieserf Pellegrino Tibaldi ist identisch mit dem Architekten Pellegrini, welcher in Mailand zur Zeit des Carlo Borromeo viel beschäftigt wurde. Als Baumeister des Domes schuf er die moderne Fassade,g wovon später nur die Thüren und die nächsten Fenster beibehalten worden sind, prächtige und für den Styl dieser Zeit bezeichnende De- corationsstücke, die ich, offen gestanden, der Gothik dieses Gebäudes vorziehe. — Die Kirche S. Fedele, ebenfalls von ihm, mit Doppelordnungh am ganzen Äussern und einfacher vortretender Ordnung im Innern, hat lange als classisches Muster gegolten und grossen Einfluss ausge- übt. — Die sehr barocke Rundkirche S. Sebastiano erbaute er in Folgei eines städtischen Gelübdes an den Pestheiligen vom Jahr 1576. — Im erzbischöflichen Palast ist der vordere Hof mit seiner hohen Doppel-k halle von Rustica ein weit besseres Gebäude als Ammanati’s drei- stöckiger Hof im Pal. Pitti (Seite 345, b); hier wird endlich mit der
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Spätere Florentiner und Mailänder.
der Barockstyl schon stellenweise in seiner vollen Thätigkeit. In der
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rücktes Gebäude: unten statt der Rusticabekleidung gemeisselte Fels-
flächen und Relieftrophäen, eingefasst von regelrechten glatten Glie-
derungen, oben Backstein und Pietra serena in wüster Zusammen-
stellung. Es ist das Atelier, welches sich schon 1579 der damals
weltberühmte Maler Federigo Zucchero zu bauen wagte. An-
deres der Art bei Anlass des Barockstyls. — Wie lange aber auch
im einzelnen Fall das Gute und Tüchtige nachwirkt, zeigt z. B. das
Innere von S. Felicita in tröstlicher Weise, ein Nachklang der bessern
Zeit des XVI. Jahrhunderts und zwar vom Jahr 1736, das Werk des
Architekten Ruggieri.
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Augen gefallen, mit einem einfachen aber malerischen Treppenhof, der
dem toscanischen Säulenbau um 1600 alle Ehre macht.
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Zu Bologna sind aus dieser Zeit die etwas nüchternen aber gut
disponirten Bauten des Pellegrino Tibaldi (1522—1592) und seines
Sohnes Domenico zu bemerken: der Chor von S. Pietro, die jetzige
Universität, der Hof des erzbischöflichen Palastes; vorzüglich und im
Verhältniss zu dem kleinen Raum grossartig: Pal. Magnani. — Dieser
Pellegrino Tibaldi ist identisch mit dem Architekten Pellegrini,
welcher in Mailand zur Zeit des Carlo Borromeo viel beschäftigt
wurde. Als Baumeister des Domes schuf er die moderne Fassade,
wovon später nur die Thüren und die nächsten Fenster beibehalten
worden sind, prächtige und für den Styl dieser Zeit bezeichnende De-
corationsstücke, die ich, offen gestanden, der Gothik dieses Gebäudes
vorziehe. — Die Kirche S. Fedele, ebenfalls von ihm, mit Doppelordnung
am ganzen Äussern und einfacher vortretender Ordnung im Innern,
hat lange als classisches Muster gegolten und grossen Einfluss ausge-
übt. — Die sehr barocke Rundkirche S. Sebastiano erbaute er in Folge
eines städtischen Gelübdes an den Pestheiligen vom Jahr 1576. — Im
erzbischöflichen Palast ist der vordere Hof mit seiner hohen Doppel-
halle von Rustica ein weit besseres Gebäude als Ammanati’s drei-
stöckiger Hof im Pal. Pitti (Seite 345, b); hier wird endlich mit der
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/369>, abgerufen am 18.12.2024.
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