dorischen Säulensystems und seiner Verhältnisse zu verbinden. Aller- dings entstanden Zwitterformen, indem die regelrecht gebildeten Ge- bälke und Capitäle zu dem roh gelassenen Übrigen nie passen können, allein Sanmicheli war der Künstler dazu, dieses vergessen zu machen. Porta nuova zeigt sowohl an den beiden Fronten als (und hauptsäch-a lich) in der Durchfahrt mit deren Seitenhallen eine imposante Anwen- dung seines Princips ohne alles Schwere und Plumpe, in vortrefflichen Verhältnissen. Porta Stuppa (oder Palio), schon lange zugemauert,b eine quer über den Weg gestellte Halle von fünf Bogen mit (nicht ganz richtig erneuerter) Attica, wirkt durch Einheit des Motives in diesen gewaltigen Dimensionen noch grossartiger. (Man bemerkt, wie Sanmicheli durch sehr schlanke Bildung seiner dorischen Halbsäulen die rohe Bossirung derselben wieder aufzuwägen suchte.) Portac S. Zeno, anspruchsloser, ist ebenfalls von ihm; Porta S. Giorgio da-d gegen (1525) der unbedeutende Bau eines weniger Entschlossenen.
Von dieser einseitigen Beschäftigung her behielt Sanmicheli (und nach ihm fast die ganze spätere veronesiche Architektur) eine Vorliebe für das Derbe auch an den Erdgeschossen der Paläste. Er behandelte sie mit lauter Rustica, ohne sich doch entschliessen zu können, ihnen in diesem Fall den entschiedenen Charakter eines blossen Sockelgeschosses zu geben, wie Palladio nachmals und wie z. B. Rafael und Giulio Romano schon um dieselbe Zeit thaten. Gleichwohl wirken diese Gebäude immer sehr bedeutend durch die mächtige Behandlung des Obergeschosses mit seinen wenigen und grossen Theilen und der ern- sten Pracht seiner Ausführung.
Das frühste dieser Gebäude in Verona möchte Pal. Bevilacquae sein; oben mit spiralförmig cannelirten Säulen, zwischen welchen ab- wechselnd grosse triumphbogenartige und kleinere Fenster mit Ober- luken sich öffnen. -- Pal. Canossa; aussen einfacher; das ganze Erd-f geschoss eine offene Halle, durch welche man in einen Pilasterhof nach Art der römischen Schule hinausblickt, dessen Hintergrund die herr- liche Landschaft jenseits der Etsch bildet. (Das kleine Mittelstock- werk oder Mezzanin gehört aussen noch zum untern Rusticageschoss; im Hof bildet es schon ein nicht glückliches besonderes Glied.) -- Es folgt der einfach herrliche Pal. Pompei; hier gab Sanmicheli die untereg Ordnung auf und verlieh dem Erdgeschoss schon mehr den Charakter
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Thore und Paläste.
dorischen Säulensystems und seiner Verhältnisse zu verbinden. Aller- dings entstanden Zwitterformen, indem die regelrecht gebildeten Ge- bälke und Capitäle zu dem roh gelassenen Übrigen nie passen können, allein Sanmicheli war der Künstler dazu, dieses vergessen zu machen. Porta nuova zeigt sowohl an den beiden Fronten als (und hauptsäch-a lich) in der Durchfahrt mit deren Seitenhallen eine imposante Anwen- dung seines Princips ohne alles Schwere und Plumpe, in vortrefflichen Verhältnissen. Porta Stuppa (oder Palio), schon lange zugemauert,b eine quer über den Weg gestellte Halle von fünf Bogen mit (nicht ganz richtig erneuerter) Attica, wirkt durch Einheit des Motives in diesen gewaltigen Dimensionen noch grossartiger. (Man bemerkt, wie Sanmicheli durch sehr schlanke Bildung seiner dorischen Halbsäulen die rohe Bossirung derselben wieder aufzuwägen suchte.) Portac S. Zeno, anspruchsloser, ist ebenfalls von ihm; Porta S. Giorgio da-d gegen (1525) der unbedeutende Bau eines weniger Entschlossenen.
Von dieser einseitigen Beschäftigung her behielt Sanmicheli (und nach ihm fast die ganze spätere veronesiche Architektur) eine Vorliebe für das Derbe auch an den Erdgeschossen der Paläste. Er behandelte sie mit lauter Rustica, ohne sich doch entschliessen zu können, ihnen in diesem Fall den entschiedenen Charakter eines blossen Sockelgeschosses zu geben, wie Palladio nachmals und wie z. B. Rafael und Giulio Romano schon um dieselbe Zeit thaten. Gleichwohl wirken diese Gebäude immer sehr bedeutend durch die mächtige Behandlung des Obergeschosses mit seinen wenigen und grossen Theilen und der ern- sten Pracht seiner Ausführung.
Das frühste dieser Gebäude in Verona möchte Pal. Bevilacquae sein; oben mit spiralförmig cannelirten Säulen, zwischen welchen ab- wechselnd grosse triumphbogenartige und kleinere Fenster mit Ober- luken sich öffnen. — Pal. Canossa; aussen einfacher; das ganze Erd-f geschoss eine offene Halle, durch welche man in einen Pilasterhof nach Art der römischen Schule hinausblickt, dessen Hintergrund die herr- liche Landschaft jenseits der Etsch bildet. (Das kleine Mittelstock- werk oder Mezzanin gehört aussen noch zum untern Rusticageschoss; im Hof bildet es schon ein nicht glückliches besonderes Glied.) — Es folgt der einfach herrliche Pal. Pompei; hier gab Sanmicheli die untereg Ordnung auf und verlieh dem Erdgeschoss schon mehr den Charakter
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Thore und Paläste.
dorischen Säulensystems und seiner Verhältnisse zu verbinden. Aller-
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bälke und Capitäle zu dem roh gelassenen Übrigen nie passen können,
allein Sanmicheli war der Künstler dazu, dieses vergessen zu machen.
Porta nuova zeigt sowohl an den beiden Fronten als (und hauptsäch-
lich) in der Durchfahrt mit deren Seitenhallen eine imposante Anwen-
dung seines Princips ohne alles Schwere und Plumpe, in vortrefflichen
Verhältnissen. Porta Stuppa (oder Palio), schon lange zugemauert,
eine quer über den Weg gestellte Halle von fünf Bogen mit (nicht
ganz richtig erneuerter) Attica, wirkt durch Einheit des Motives in
diesen gewaltigen Dimensionen noch grossartiger. (Man bemerkt, wie
Sanmicheli durch sehr schlanke Bildung seiner dorischen Halbsäulen
die rohe Bossirung derselben wieder aufzuwägen suchte.) Porta
S. Zeno, anspruchsloser, ist ebenfalls von ihm; Porta S. Giorgio da-
gegen (1525) der unbedeutende Bau eines weniger Entschlossenen.
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Von dieser einseitigen Beschäftigung her behielt Sanmicheli (und nach
ihm fast die ganze spätere veronesiche Architektur) eine Vorliebe für
das Derbe auch an den Erdgeschossen der Paläste. Er behandelte sie
mit lauter Rustica, ohne sich doch entschliessen zu können, ihnen in
diesem Fall den entschiedenen Charakter eines blossen Sockelgeschosses
zu geben, wie Palladio nachmals und wie z. B. Rafael und Giulio
Romano schon um dieselbe Zeit thaten. Gleichwohl wirken diese
Gebäude immer sehr bedeutend durch die mächtige Behandlung des
Obergeschosses mit seinen wenigen und grossen Theilen und der ern-
sten Pracht seiner Ausführung.
Das frühste dieser Gebäude in Verona möchte Pal. Bevilacqua
sein; oben mit spiralförmig cannelirten Säulen, zwischen welchen ab-
wechselnd grosse triumphbogenartige und kleinere Fenster mit Ober-
luken sich öffnen. — Pal. Canossa; aussen einfacher; das ganze Erd-
geschoss eine offene Halle, durch welche man in einen Pilasterhof nach
Art der römischen Schule hinausblickt, dessen Hintergrund die herr-
liche Landschaft jenseits der Etsch bildet. (Das kleine Mittelstock-
werk oder Mezzanin gehört aussen noch zum untern Rusticageschoss;
im Hof bildet es schon ein nicht glückliches besonderes Glied.) — Es
folgt der einfach herrliche Pal. Pompei; hier gab Sanmicheli die untere
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/345>, abgerufen am 19.12.2024.
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