Neben Bramante, Giulio und Peruzzi erscheint der jüngere Antonio da San Gallo (+ 1546) als ein sehr ungleiches und viel- leicht innerlich nie ganz selbständiges Talent. Dagegen wurde ihm Gunst und hohe Stellung in reichem Masse zu Theil. Seine Arbeiten zeugen immer von der goldenen Zeit, weil sie wenig Falsches und Überladenes haben; allein sie sind meist etwas nüchtern. -- Die acht- eckige Kirche S. Maria di Loreto (auf Piazza Trajana) ist innena durch neuere Stucchirung, aussen durch die abgeschmackte Lanterna des Giovanni del Duca entstellt, war aber von jeher keine der edlern Renaissancekirchen. -- Das Innere von S. Spirito einfach und tüchtig;b die nahe gelegene Porta schon sehr empfindungslos. -- Das Innere vonc S. Maria di Monserrato ist nach allen (auch ganz neuerlichen) Re-d staurationen kaum mehr sein Eigenthum; der ehemals schöne kleine Hof dahinter (den der Verfasser zum letztenmal in vollem Umbau be- griffen sah) war es vielleicht nie. -- Dagegen ist Pal. Sacchetti (Viae Giulia) unstreitig von ihm und sogar zu seiner eigenen Wohnung er- baut, überdiess wohl erhalten; von allen Gebäuden jener Zeit vielleicht dasjenige, das bei grossen Dimensionen und einem gewissen Luxus am wenigsten Eigenthümliches hat. -- Was wäre vollends aus Pal. Far-f nese geworden, wenn nicht Michelangelo später den Bau auf seine Schultern genommen hätte? Der colossale Massstab allein hätte das Gebäude nicht gerettet. Die kleinen, eng an einander gerückten Fen- ster stehen zu den enormen Mauermassen im allerschlechtesten Ver- hältniss, und ihre prätentiöse Bekleidung mit Säulen lässt diess nur noch empfindlicher bemerken. Alle Hallen und Treppen des Innern haben etwas Schweres und Gedrücktes, und eine abscheuliche Ge- simsbildung. Nur die schöne dreischiffige Eingangshalle mit dem herr- lich cassettirten Tonnengewölbe in der Mitte macht eine auffallende Ausnahme; der Hof aber ist von Michelangelo (auch das untere Stock- werk, so viel davon nicht einwärts schaut), der bekanntlich auch das grosse Kranzgesimse des Palastes angab. -- An der Sala regia desg Vaticans ist bloss die allgemeine Anordnung von San Gallo; die bedeu- tende Wirkung beruht aber wesentlich auf den Stuccaturen (S. 290 f) und auf den Wandgemälden (als Ganzes, denn im Einzelnen sind sie nicht zu rühmen). Mit der anstossenden Capella Paolina verhält es
Der jüngere San Gallo.
Neben Bramante, Giulio und Peruzzi erscheint der jüngere Antonio da San Gallo († 1546) als ein sehr ungleiches und viel- leicht innerlich nie ganz selbständiges Talent. Dagegen wurde ihm Gunst und hohe Stellung in reichem Masse zu Theil. Seine Arbeiten zeugen immer von der goldenen Zeit, weil sie wenig Falsches und Überladenes haben; allein sie sind meist etwas nüchtern. — Die acht- eckige Kirche S. Maria di Loreto (auf Piazza Trajana) ist innena durch neuere Stucchirung, aussen durch die abgeschmackte Lanterna des Giovanni del Duca entstellt, war aber von jeher keine der edlern Renaissancekirchen. — Das Innere von S. Spirito einfach und tüchtig;b die nahe gelegene Porta schon sehr empfindungslos. — Das Innere vonc S. Maria di Monserrato ist nach allen (auch ganz neuerlichen) Re-d staurationen kaum mehr sein Eigenthum; der ehemals schöne kleine Hof dahinter (den der Verfasser zum letztenmal in vollem Umbau be- griffen sah) war es vielleicht nie. — Dagegen ist Pal. Sacchetti (Viae Giulia) unstreitig von ihm und sogar zu seiner eigenen Wohnung er- baut, überdiess wohl erhalten; von allen Gebäuden jener Zeit vielleicht dasjenige, das bei grossen Dimensionen und einem gewissen Luxus am wenigsten Eigenthümliches hat. — Was wäre vollends aus Pal. Far-f nese geworden, wenn nicht Michelangelo später den Bau auf seine Schultern genommen hätte? Der colossale Massstab allein hätte das Gebäude nicht gerettet. Die kleinen, eng an einander gerückten Fen- ster stehen zu den enormen Mauermassen im allerschlechtesten Ver- hältniss, und ihre prätentiöse Bekleidung mit Säulen lässt diess nur noch empfindlicher bemerken. Alle Hallen und Treppen des Innern haben etwas Schweres und Gedrücktes, und eine abscheuliche Ge- simsbildung. Nur die schöne dreischiffige Eingangshalle mit dem herr- lich cassettirten Tonnengewölbe in der Mitte macht eine auffallende Ausnahme; der Hof aber ist von Michelangelo (auch das untere Stock- werk, so viel davon nicht einwärts schaut), der bekanntlich auch das grosse Kranzgesimse des Palastes angab. — An der Sala regia desg Vaticans ist bloss die allgemeine Anordnung von San Gallo; die bedeu- tende Wirkung beruht aber wesentlich auf den Stuccaturen (S. 290 f) und auf den Wandgemälden (als Ganzes, denn im Einzelnen sind sie nicht zu rühmen). Mit der anstossenden Capella Paolina verhält es
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Der jüngere San Gallo.
Neben Bramante, Giulio und Peruzzi erscheint der jüngere
Antonio da San Gallo († 1546) als ein sehr ungleiches und viel-
leicht innerlich nie ganz selbständiges Talent. Dagegen wurde ihm
Gunst und hohe Stellung in reichem Masse zu Theil. Seine Arbeiten
zeugen immer von der goldenen Zeit, weil sie wenig Falsches und
Überladenes haben; allein sie sind meist etwas nüchtern. — Die acht-
eckige Kirche S. Maria di Loreto (auf Piazza Trajana) ist innen
durch neuere Stucchirung, aussen durch die abgeschmackte Lanterna
des Giovanni del Duca entstellt, war aber von jeher keine der edlern
Renaissancekirchen. — Das Innere von S. Spirito einfach und tüchtig;
die nahe gelegene Porta schon sehr empfindungslos. — Das Innere von
S. Maria di Monserrato ist nach allen (auch ganz neuerlichen) Re-
staurationen kaum mehr sein Eigenthum; der ehemals schöne kleine
Hof dahinter (den der Verfasser zum letztenmal in vollem Umbau be-
griffen sah) war es vielleicht nie. — Dagegen ist Pal. Sacchetti (Via
Giulia) unstreitig von ihm und sogar zu seiner eigenen Wohnung er-
baut, überdiess wohl erhalten; von allen Gebäuden jener Zeit vielleicht
dasjenige, das bei grossen Dimensionen und einem gewissen Luxus am
wenigsten Eigenthümliches hat. — Was wäre vollends aus Pal. Far-
nese geworden, wenn nicht Michelangelo später den Bau auf seine
Schultern genommen hätte? Der colossale Massstab allein hätte das
Gebäude nicht gerettet. Die kleinen, eng an einander gerückten Fen-
ster stehen zu den enormen Mauermassen im allerschlechtesten Ver-
hältniss, und ihre prätentiöse Bekleidung mit Säulen lässt diess nur
noch empfindlicher bemerken. Alle Hallen und Treppen des Innern
haben etwas Schweres und Gedrücktes, und eine abscheuliche Ge-
simsbildung. Nur die schöne dreischiffige Eingangshalle mit dem herr-
lich cassettirten Tonnengewölbe in der Mitte macht eine auffallende
Ausnahme; der Hof aber ist von Michelangelo (auch das untere Stock-
werk, so viel davon nicht einwärts schaut), der bekanntlich auch das
grosse Kranzgesimse des Palastes angab. — An der Sala regia des
Vaticans ist bloss die allgemeine Anordnung von San Gallo; die bedeu-
tende Wirkung beruht aber wesentlich auf den Stuccaturen (S. 290 f)
und auf den Wandgemälden (als Ganzes, denn im Einzelnen sind sie
nicht zu rühmen). Mit der anstossenden Capella Paolina verhält es
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/337>, abgerufen am 20.12.2024.
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