der rafaelischen Tapeten (erste Reihe). Auch hier nimmt man einea bedeutende Mitwirkung des Giov. da Udine an. Ganz kleine, isolirte Figuren und Ornamente wären hier nicht schön und deutlich genug darzustellen gewesen; daher grössere Figuren; auch bildet jedes Rand- bild ein Ganzes, sowohl in decorativer Beziehung, als vermöge des durchgehenden allegorisch-mythologischen Inhaltes. Das Vorzüglich- ste: die Parzen.
Eine wesentlich andere Aufgabe gewährte die grosse gewölbteb Decke des vordern Saales im Appartamento Borgia. In den daran stossenden Zimmern hatte Pinturicchio, wie gesagt, die Gewölbe im Styl der frühern Renaissance verziert; seine Arbeit erscheint erstaun- lich unfrei, wenn man in den vordern Saal tritt, den Giov. da Udine und Perin del Vaga unter Rafaels Beihülfe verzierten. Die Verthei- lung der Farbenflächen, die edle Mässigung der Ornamente, welche an einer Decke so wesentlich ist, die vortreffliche Bildung des Details geben diesem Saal einen hohen Werth, auch wenn man nicht wüsste, dass die Figuren der Planetengottheiten von des Meisters eigener Er- findung sind. Die vier Victorien um das päpstliche Wappen sind einer der höchsten Triumphe figürlicher Decoration.
In den Stanzen hatte Rafael, wie gesagt, frühere Deckenverzie-c rungen angetroffen und ganz (Stanza dell' incendio) oder theilweise (camera della segnatura) geschont. Was er mit der Decke der Sala di Costantino vorhatte, ist unbekannt. In der Stanza d'Eliodoro sucht er durch den ziemlich einfachen blauen Teppichgrund der vier Decken- bilder den Eindruck des Leichten hervorzubringen. Auch dürfen hier die bloss architektonischen Einfassungen der Kuppelbilder in der Ca-d pella Chigi (S. Maria del popolo zu Rom) nicht übergangen wer- den. Sie sind in ihrer Einfachheit vom edelsten Decorationsstyl gerade dieser Gattung; durchweg vergoldet; zu den Mosaiken vortrefflich stimmend. -- Höchst meisterhaft hat Giovanni da Udine in der Far-e nesina die Festons gemalt, welche die Geschichten der Psyche einfassen.
Endlich die untere offene Vorhalle der Villa Madama bei Rom.f Die Ausführung des Gebäudes gehört notorisch dem Giulio Romano, welchem man die trefflichen Friesmalereien der untern Zimmer, auch den schönen Fries mit Festons, Candelabern und Amoren, schwerlich streitig machen wird. Aber in der Vorhalle, welche von Giovanni
Tapeten. Appartamento Borgia, etc. Villa Madama.
der rafaelischen Tapeten (erste Reihe). Auch hier nimmt man einea bedeutende Mitwirkung des Giov. da Udine an. Ganz kleine, isolirte Figuren und Ornamente wären hier nicht schön und deutlich genug darzustellen gewesen; daher grössere Figuren; auch bildet jedes Rand- bild ein Ganzes, sowohl in decorativer Beziehung, als vermöge des durchgehenden allegorisch-mythologischen Inhaltes. Das Vorzüglich- ste: die Parzen.
Eine wesentlich andere Aufgabe gewährte die grosse gewölbteb Decke des vordern Saales im Appartamento Borgia. In den daran stossenden Zimmern hatte Pinturicchio, wie gesagt, die Gewölbe im Styl der frühern Renaissance verziert; seine Arbeit erscheint erstaun- lich unfrei, wenn man in den vordern Saal tritt, den Giov. da Udine und Perin del Vaga unter Rafaels Beihülfe verzierten. Die Verthei- lung der Farbenflächen, die edle Mässigung der Ornamente, welche an einer Decke so wesentlich ist, die vortreffliche Bildung des Details geben diesem Saal einen hohen Werth, auch wenn man nicht wüsste, dass die Figuren der Planetengottheiten von des Meisters eigener Er- findung sind. Die vier Victorien um das päpstliche Wappen sind einer der höchsten Triumphe figürlicher Decoration.
In den Stanzen hatte Rafael, wie gesagt, frühere Deckenverzie-c rungen angetroffen und ganz (Stanza dell’ incendio) oder theilweise (camera della segnatura) geschont. Was er mit der Decke der Sala di Costantino vorhatte, ist unbekannt. In der Stanza d’Eliodoro sucht er durch den ziemlich einfachen blauen Teppichgrund der vier Decken- bilder den Eindruck des Leichten hervorzubringen. Auch dürfen hier die bloss architektonischen Einfassungen der Kuppelbilder in der Ca-d pella Chigi (S. Maria del popolo zu Rom) nicht übergangen wer- den. Sie sind in ihrer Einfachheit vom edelsten Decorationsstyl gerade dieser Gattung; durchweg vergoldet; zu den Mosaiken vortrefflich stimmend. — Höchst meisterhaft hat Giovanni da Udine in der Far-e nesina die Festons gemalt, welche die Geschichten der Psyche einfassen.
Endlich die untere offene Vorhalle der Villa Madama bei Rom.f Die Ausführung des Gebäudes gehört notorisch dem Giulio Romano, welchem man die trefflichen Friesmalereien der untern Zimmer, auch den schönen Fries mit Festons, Candelabern und Amoren, schwerlich streitig machen wird. Aber in der Vorhalle, welche von Giovanni
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0307"n="285"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Tapeten. Appartamento Borgia, etc. Villa Madama.</hi></fw><lb/>
der rafaelischen <hirendition="#g">Tapeten</hi> (erste Reihe). Auch hier nimmt man eine<noteplace="right">a</note><lb/>
bedeutende Mitwirkung des Giov. da Udine an. Ganz kleine, isolirte<lb/>
Figuren und Ornamente wären hier nicht schön und deutlich genug<lb/>
darzustellen gewesen; daher grössere Figuren; auch bildet jedes Rand-<lb/>
bild ein Ganzes, sowohl in decorativer Beziehung, als vermöge des<lb/>
durchgehenden allegorisch-mythologischen Inhaltes. Das Vorzüglich-<lb/>
ste: die Parzen.</p><lb/><p>Eine wesentlich andere Aufgabe gewährte die grosse gewölbte<noteplace="right">b</note><lb/>
Decke des vordern <hirendition="#g">Saales</hi> im <hirendition="#g">Appartamento Borgia</hi>. In den daran<lb/>
stossenden Zimmern hatte Pinturicchio, wie gesagt, die Gewölbe im<lb/>
Styl der frühern Renaissance verziert; seine Arbeit erscheint erstaun-<lb/>
lich unfrei, wenn man in den vordern Saal tritt, den Giov. da Udine<lb/>
und Perin del Vaga unter Rafaels Beihülfe verzierten. Die Verthei-<lb/>
lung der Farbenflächen, die edle Mässigung der Ornamente, welche an<lb/>
einer Decke so wesentlich ist, die vortreffliche Bildung des Details<lb/>
geben diesem Saal einen hohen Werth, auch wenn man nicht wüsste,<lb/>
dass die Figuren der Planetengottheiten von des Meisters eigener Er-<lb/>
findung sind. Die vier Victorien um das päpstliche Wappen sind<lb/>
einer der höchsten Triumphe figürlicher Decoration.</p><lb/><p>In den Stanzen hatte Rafael, wie gesagt, frühere Deckenverzie-<noteplace="right">c</note><lb/>
rungen angetroffen und ganz (Stanza dell’ incendio) oder theilweise<lb/>
(camera della segnatura) geschont. Was er mit der Decke der Sala<lb/>
di Costantino vorhatte, ist unbekannt. In der Stanza d’Eliodoro sucht<lb/>
er durch den ziemlich einfachen blauen Teppichgrund der vier Decken-<lb/>
bilder den Eindruck des Leichten hervorzubringen. Auch dürfen hier<lb/>
die bloss architektonischen Einfassungen der Kuppelbilder in der <hirendition="#g">Ca-</hi><noteplace="right">d</note><lb/><hirendition="#g">pella Chigi</hi> (S. Maria del popolo zu Rom) nicht übergangen wer-<lb/>
den. Sie sind in ihrer Einfachheit vom edelsten Decorationsstyl gerade<lb/>
dieser Gattung; durchweg vergoldet; zu den Mosaiken vortrefflich<lb/>
stimmend. — Höchst meisterhaft hat Giovanni da Udine in der Far-<noteplace="right">e</note><lb/>
nesina die Festons gemalt, welche die Geschichten der Psyche einfassen.</p><lb/><p>Endlich die untere offene Vorhalle der <hirendition="#g">Villa Madama</hi> bei Rom.<noteplace="right">f</note><lb/>
Die Ausführung des Gebäudes gehört notorisch dem Giulio Romano,<lb/>
welchem man die trefflichen Friesmalereien der untern Zimmer, auch<lb/>
den schönen Fries mit Festons, Candelabern und Amoren, schwerlich<lb/>
streitig machen wird. Aber in der Vorhalle, welche von Giovanni<lb/></p></div></body></text></TEI>
[285/0307]
Tapeten. Appartamento Borgia, etc. Villa Madama.
der rafaelischen Tapeten (erste Reihe). Auch hier nimmt man eine
bedeutende Mitwirkung des Giov. da Udine an. Ganz kleine, isolirte
Figuren und Ornamente wären hier nicht schön und deutlich genug
darzustellen gewesen; daher grössere Figuren; auch bildet jedes Rand-
bild ein Ganzes, sowohl in decorativer Beziehung, als vermöge des
durchgehenden allegorisch-mythologischen Inhaltes. Das Vorzüglich-
ste: die Parzen.
a
Eine wesentlich andere Aufgabe gewährte die grosse gewölbte
Decke des vordern Saales im Appartamento Borgia. In den daran
stossenden Zimmern hatte Pinturicchio, wie gesagt, die Gewölbe im
Styl der frühern Renaissance verziert; seine Arbeit erscheint erstaun-
lich unfrei, wenn man in den vordern Saal tritt, den Giov. da Udine
und Perin del Vaga unter Rafaels Beihülfe verzierten. Die Verthei-
lung der Farbenflächen, die edle Mässigung der Ornamente, welche an
einer Decke so wesentlich ist, die vortreffliche Bildung des Details
geben diesem Saal einen hohen Werth, auch wenn man nicht wüsste,
dass die Figuren der Planetengottheiten von des Meisters eigener Er-
findung sind. Die vier Victorien um das päpstliche Wappen sind
einer der höchsten Triumphe figürlicher Decoration.
b
In den Stanzen hatte Rafael, wie gesagt, frühere Deckenverzie-
rungen angetroffen und ganz (Stanza dell’ incendio) oder theilweise
(camera della segnatura) geschont. Was er mit der Decke der Sala
di Costantino vorhatte, ist unbekannt. In der Stanza d’Eliodoro sucht
er durch den ziemlich einfachen blauen Teppichgrund der vier Decken-
bilder den Eindruck des Leichten hervorzubringen. Auch dürfen hier
die bloss architektonischen Einfassungen der Kuppelbilder in der Ca-
pella Chigi (S. Maria del popolo zu Rom) nicht übergangen wer-
den. Sie sind in ihrer Einfachheit vom edelsten Decorationsstyl gerade
dieser Gattung; durchweg vergoldet; zu den Mosaiken vortrefflich
stimmend. — Höchst meisterhaft hat Giovanni da Udine in der Far-
nesina die Festons gemalt, welche die Geschichten der Psyche einfassen.
c
d
e
Endlich die untere offene Vorhalle der Villa Madama bei Rom.
Die Ausführung des Gebäudes gehört notorisch dem Giulio Romano,
welchem man die trefflichen Friesmalereien der untern Zimmer, auch
den schönen Fries mit Festons, Candelabern und Amoren, schwerlich
streitig machen wird. Aber in der Vorhalle, welche von Giovanni
f
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/307>, abgerufen am 19.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.