aIntarsiaarabesken der guten Zeit sieht man an dem Getäfel im Chor der Kirche (gegen das Schiff zu).
Mit dem Beginn der Barockzeit fanden reiche, geschnitzte Histo- rien oder Brustbilder, begleitet von buntquellendem Ornament hier einen ausgesprochenen Vorzug. Dieser Art ist das Stuhlwerk des bNiederländers "Alberto di Brule" im Chor von S. Giorgio maggiore, das noch spätere Wandgetäfel in der Cap. del rosario und im linken Seitenschiff von S. Giovanni e Paolo, dasjenige in den obern Sälen der Scuola di S. Rocco, im Chor des Carmine etc. Bei grossem Luxus und einer oft raffinirten Behandlung des Figürlichen ist das Decorative doch ohne rechte Freudigkeit, als wäre es nur eine Ne- bensache.
Dafür sind in Venedig noch eine Anzahl geschnitzter Decken der Frührenaissance vorhanden, dergleichen man vielleicht sonst nir- gends beisammen findet. Da es sich nicht um heilige, sondern um Palasträume u. dgl. handelte, so durfte auch die Decoration hier we- niger ernst architektonisch, mehr reich und spielend verfahren. Daher überwiegt nicht die Balkenlage und Einrahmung, sondern der Zier- rath; nicht die Cassette, sondern die Rosette, als Schild, Blume etc. mit der grössten Pracht -- in der Regel gold auf blau -- stylisirt. cZwei dergleichen finden sich in den vom Brand des Jahres 1574 un- berührt gebliebenen Zimmern des Dogenpalastes (Sala de' Busti und Camera a letto, beide zur jetzigen Antikensammlung gehörend); ein dsehr reicher, mit figurirten Mittelfeldern, und ein ganz vergoldeter mit Cherubim in der Academie (Räume des alten Klosters der Carita). -- eVon Kirchendecken dieses Styles ist die (beträchtlich erneuerte) in S. Michele erhalten, mit quadratischen Cassetten. Ein schönes Stück einer Holzwölbung in S. Giacomo dall' Orio (rechtes Querschiff).
Von Gemälderahmen ist wohl nach den noch gothischen der fmuranesischen Altarbilder (Academie, zweite Nebencapelle rechts an S. Zaccaria, sowie Pinacoteca zu Bologna) als einer der schönsten der gganzen Renaissance derjenige zu nennen, welcher das Bild Giov. Bel- lini's in der Sacristei der Frari umgiebt (1488); oben Sirenen und Candelaber. Andere geringere: zweite Capelle links vom Chor, um den Johannes Donatello's; dritte Capelle links vom Chor, um das Bild des Basaiti.
Renaissance-Decoration in Holz.
aIntarsiaarabesken der guten Zeit sieht man an dem Getäfel im Chor der Kirche (gegen das Schiff zu).
Mit dem Beginn der Barockzeit fanden reiche, geschnitzte Histo- rien oder Brustbilder, begleitet von buntquellendem Ornament hier einen ausgesprochenen Vorzug. Dieser Art ist das Stuhlwerk des bNiederländers „Alberto di Brule“ im Chor von S. Giorgio maggiore, das noch spätere Wandgetäfel in der Cap. del rosario und im linken Seitenschiff von S. Giovanni e Paolo, dasjenige in den obern Sälen der Scuola di S. Rocco, im Chor des Carmine etc. Bei grossem Luxus und einer oft raffinirten Behandlung des Figürlichen ist das Decorative doch ohne rechte Freudigkeit, als wäre es nur eine Ne- bensache.
Dafür sind in Venedig noch eine Anzahl geschnitzter Decken der Frührenaissance vorhanden, dergleichen man vielleicht sonst nir- gends beisammen findet. Da es sich nicht um heilige, sondern um Palasträume u. dgl. handelte, so durfte auch die Decoration hier we- niger ernst architektonisch, mehr reich und spielend verfahren. Daher überwiegt nicht die Balkenlage und Einrahmung, sondern der Zier- rath; nicht die Cassette, sondern die Rosette, als Schild, Blume etc. mit der grössten Pracht — in der Regel gold auf blau — stylisirt. cZwei dergleichen finden sich in den vom Brand des Jahres 1574 un- berührt gebliebenen Zimmern des Dogenpalastes (Sala de’ Busti und Camera a letto, beide zur jetzigen Antikensammlung gehörend); ein dsehr reicher, mit figurirten Mittelfeldern, und ein ganz vergoldeter mit Cherubim in der Academie (Räume des alten Klosters der Carità). — eVon Kirchendecken dieses Styles ist die (beträchtlich erneuerte) in S. Michele erhalten, mit quadratischen Cassetten. Ein schönes Stück einer Holzwölbung in S. Giacomo dall’ Orio (rechtes Querschiff).
Von Gemälderahmen ist wohl nach den noch gothischen der fmuranesischen Altarbilder (Academie, zweite Nebencapelle rechts an S. Zaccaria, sowie Pinacoteca zu Bologna) als einer der schönsten der gganzen Renaissance derjenige zu nennen, welcher das Bild Giov. Bel- lini’s in der Sacristei der Frari umgiebt (1488); oben Sirenen und Candelaber. Andere geringere: zweite Capelle links vom Chor, um den Johannes Donatello’s; dritte Capelle links vom Chor, um das Bild des Basaiti.
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Renaissance-Decoration in Holz.
Intarsiaarabesken der guten Zeit sieht man an dem Getäfel im Chor
der Kirche (gegen das Schiff zu).
a
Mit dem Beginn der Barockzeit fanden reiche, geschnitzte Histo-
rien oder Brustbilder, begleitet von buntquellendem Ornament hier
einen ausgesprochenen Vorzug. Dieser Art ist das Stuhlwerk des
Niederländers „Alberto di Brule“ im Chor von S. Giorgio maggiore,
das noch spätere Wandgetäfel in der Cap. del rosario und im linken
Seitenschiff von S. Giovanni e Paolo, dasjenige in den obern Sälen
der Scuola di S. Rocco, im Chor des Carmine etc. Bei grossem
Luxus und einer oft raffinirten Behandlung des Figürlichen ist das
Decorative doch ohne rechte Freudigkeit, als wäre es nur eine Ne-
bensache.
b
Dafür sind in Venedig noch eine Anzahl geschnitzter Decken
der Frührenaissance vorhanden, dergleichen man vielleicht sonst nir-
gends beisammen findet. Da es sich nicht um heilige, sondern um
Palasträume u. dgl. handelte, so durfte auch die Decoration hier we-
niger ernst architektonisch, mehr reich und spielend verfahren. Daher
überwiegt nicht die Balkenlage und Einrahmung, sondern der Zier-
rath; nicht die Cassette, sondern die Rosette, als Schild, Blume etc.
mit der grössten Pracht — in der Regel gold auf blau — stylisirt.
Zwei dergleichen finden sich in den vom Brand des Jahres 1574 un-
berührt gebliebenen Zimmern des Dogenpalastes (Sala de’ Busti und
Camera a letto, beide zur jetzigen Antikensammlung gehörend); ein
sehr reicher, mit figurirten Mittelfeldern, und ein ganz vergoldeter mit
Cherubim in der Academie (Räume des alten Klosters der Carità). —
Von Kirchendecken dieses Styles ist die (beträchtlich erneuerte) in
S. Michele erhalten, mit quadratischen Cassetten. Ein schönes Stück
einer Holzwölbung in S. Giacomo dall’ Orio (rechtes Querschiff).
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Von Gemälderahmen ist wohl nach den noch gothischen der
muranesischen Altarbilder (Academie, zweite Nebencapelle rechts an
S. Zaccaria, sowie Pinacoteca zu Bologna) als einer der schönsten der
ganzen Renaissance derjenige zu nennen, welcher das Bild Giov. Bel-
lini’s in der Sacristei der Frari umgiebt (1488); oben Sirenen und
Candelaber. Andere geringere: zweite Capelle links vom Chor, um
den Johannes Donatello’s; dritte Capelle links vom Chor, um das
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/292>, abgerufen am 18.12.2024.
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