Dieses Werk resumirt das ganze ornamentale Wissen und Können der damaligen Paduaner; an Fleiss, Gediegenheit, Detailgeschmack hat es kaum seines Gleichen. Allein es ist des Guten zu viel; die Gliederung hat wohl doppelt so viele Absätze oder Stockwerke als ein antiker Leuchter bei gleicher Grösse haben würde, und diese ein- zelnen Abtheilungen sind untereinander zu gleichartig im Massstab. Verbunden mit der dunkeln Farbe wird dies doppelt fühlbar. Man sehe den Candelaber aus einer Entfernung von zehn Schritten an und denke sich z. B. den gleich grossen vaticanischen daneben, beide als Silhouetten wirkend 1).
Ausserdem ist die Capella del Santo nichts als Ein Prachtstücka von Renaissance. Ich sehe nicht ein, warum man dieses Werk dem J. Sansovino zuschreibt, während sich Matteo und Tommaso Garvi an dem Eckpilaster rechts ausdrücklich nennen 2). Ausser der Architektur und der glänzenden, aber nicht ganz reinen Decoration fast sämmtlicher Bauglieder gehört ihnen wahrscheinlich auch ein grosser Theil des plastischen Einzelschmuckes an; so die (allzu) reiche Figurirung der äussern Eckpilaster, deren Styl kenntlich die Schule des Leopardo verräth; die Propheten in den Bogenfüllungen nach innen und nach aussen; die Putten an den innern und äussern Frie- sen; vielleicht sogar die fünf Heiligenstatuen auf der obern Brüstung. Wenn aber etwas Decoratives dem Jac. Sansovino bleiben soll, so sind es am ehesten die herrlichen von Tiziano Minio ausgeführten Ara- besken der gewölbten Decke. Wem die Reliefhalbfiguren der Apo- stel in den Lunetten derselben zugeschrieben werden müssen, mag dahin gestellt bleiben.
1) Sonst ist wohl das Grabmal Turriani in S. Fermo zu Verona (Capelle neben* dem linken Querschiff) ganz von Riccio; die bronzenen Reliefs rings um den Sarcophag sind in Paris geblieben und schmücken jetzt die Thür der Salle des Cariatides im Louvre; das Decorative -- eine untere bauchige Säulchen- stellung, drüber eherne Sphinxe, welche den Sarcophag tragen -- ist zwar sorgfältig und zierlich, aber im Ganzen zu möbelhaft gedacht für ein Grabmal.
2) Die Inschrift ist wohl so zu lesen: Matthaeus et Thomas sculptores et archi- tecti fratres Garvi de Allio Mediolanensi faciebant. Am Pilaster links steht allerdings der Name des Girol. Pironi, aber nur an dem Nebenstreifen.
Padua.
Dieses Werk resumirt das ganze ornamentale Wissen und Können der damaligen Paduaner; an Fleiss, Gediegenheit, Detailgeschmack hat es kaum seines Gleichen. Allein es ist des Guten zu viel; die Gliederung hat wohl doppelt so viele Absätze oder Stockwerke als ein antiker Leuchter bei gleicher Grösse haben würde, und diese ein- zelnen Abtheilungen sind untereinander zu gleichartig im Massstab. Verbunden mit der dunkeln Farbe wird dies doppelt fühlbar. Man sehe den Candelaber aus einer Entfernung von zehn Schritten an und denke sich z. B. den gleich grossen vaticanischen daneben, beide als Silhouetten wirkend 1).
Ausserdem ist die Capella del Santo nichts als Ein Prachtstücka von Renaissance. Ich sehe nicht ein, warum man dieses Werk dem J. Sansovino zuschreibt, während sich Matteo und Tommaso Garvi an dem Eckpilaster rechts ausdrücklich nennen 2). Ausser der Architektur und der glänzenden, aber nicht ganz reinen Decoration fast sämmtlicher Bauglieder gehört ihnen wahrscheinlich auch ein grosser Theil des plastischen Einzelschmuckes an; so die (allzu) reiche Figurirung der äussern Eckpilaster, deren Styl kenntlich die Schule des Leopardo verräth; die Propheten in den Bogenfüllungen nach innen und nach aussen; die Putten an den innern und äussern Frie- sen; vielleicht sogar die fünf Heiligenstatuen auf der obern Brüstung. Wenn aber etwas Decoratives dem Jac. Sansovino bleiben soll, so sind es am ehesten die herrlichen von Tiziano Minio ausgeführten Ara- besken der gewölbten Decke. Wem die Reliefhalbfiguren der Apo- stel in den Lunetten derselben zugeschrieben werden müssen, mag dahin gestellt bleiben.
1) Sonst ist wohl das Grabmal Turriani in S. Fermo zu Verona (Capelle neben* dem linken Querschiff) ganz von Riccio; die bronzenen Reliefs rings um den Sarcophag sind in Paris geblieben und schmücken jetzt die Thür der Salle des Cariatides im Louvre; das Decorative — eine untere bauchige Säulchen- stellung, drüber eherne Sphinxe, welche den Sarcophag tragen — ist zwar sorgfältig und zierlich, aber im Ganzen zu möbelhaft gedacht für ein Grabmal.
2) Die Inschrift ist wohl so zu lesen: Matthæus et Thomas sculptores et archi- tecti fratres Garvi de Allio Mediolanensi faciebant. Am Pilaster links steht allerdings der Name des Girol. Pironi, aber nur an dem Nebenstreifen.
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Padua.
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Gliederung hat wohl doppelt so viele Absätze oder Stockwerke als
ein antiker Leuchter bei gleicher Grösse haben würde, und diese ein-
zelnen Abtheilungen sind untereinander zu gleichartig im Massstab.
Verbunden mit der dunkeln Farbe wird dies doppelt fühlbar. Man
sehe den Candelaber aus einer Entfernung von zehn Schritten an und
denke sich z. B. den gleich grossen vaticanischen daneben, beide als
Silhouetten wirkend 1).
Ausserdem ist die Capella del Santo nichts als Ein Prachtstück
von Renaissance. Ich sehe nicht ein, warum man dieses Werk dem
J. Sansovino zuschreibt, während sich Matteo und Tommaso
Garvi an dem Eckpilaster rechts ausdrücklich nennen 2). Ausser der
Architektur und der glänzenden, aber nicht ganz reinen Decoration
fast sämmtlicher Bauglieder gehört ihnen wahrscheinlich auch ein
grosser Theil des plastischen Einzelschmuckes an; so die (allzu) reiche
Figurirung der äussern Eckpilaster, deren Styl kenntlich die Schule
des Leopardo verräth; die Propheten in den Bogenfüllungen nach
innen und nach aussen; die Putten an den innern und äussern Frie-
sen; vielleicht sogar die fünf Heiligenstatuen auf der obern Brüstung.
Wenn aber etwas Decoratives dem Jac. Sansovino bleiben soll, so sind
es am ehesten die herrlichen von Tiziano Minio ausgeführten Ara-
besken der gewölbten Decke. Wem die Reliefhalbfiguren der Apo-
stel in den Lunetten derselben zugeschrieben werden müssen, mag
dahin gestellt bleiben.
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1) Sonst ist wohl das Grabmal Turriani in S. Fermo zu Verona (Capelle neben
dem linken Querschiff) ganz von Riccio; die bronzenen Reliefs rings um den
Sarcophag sind in Paris geblieben und schmücken jetzt die Thür der Salle
des Cariatides im Louvre; das Decorative — eine untere bauchige Säulchen-
stellung, drüber eherne Sphinxe, welche den Sarcophag tragen — ist zwar
sorgfältig und zierlich, aber im Ganzen zu möbelhaft gedacht für ein Grabmal.
2) Die Inschrift ist wohl so zu lesen: Matthæus et Thomas sculptores et archi-
tecti fratres Garvi de Allio Mediolanensi faciebant. Am Pilaster links steht
allerdings der Name des Girol. Pironi, aber nur an dem Nebenstreifen.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/277>, abgerufen am 18.12.2024.
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