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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Rom. Neapel.
deckt. (Oft gezeichnet, abgegossen und nachgeahmt.) Hier verräth
sich nun die Renaissance nach ihren tiefsten Eigenschaften; sie ge-
nügt völlig, wo sie spielen darf; -- alle Pilaster und die blossen
Gewandungen, sowohl die horizontalen als die verticalen, mit ihren
Arabesken, Blumen, Schilden, Guirlanden u. s. w. sind von der schön-
sten, leichtesten Wirkung; dagegen ist das Bauliche nur wenig orga-
nisch, die Profile zu dünn, das Tragende zu decorativ. Die mensch-
lichen Figuren, die ohnediess auf keine Weise den Ornamenten
ebenbürtig sind, auch lastend an der Decke anzubringen, war ein
ganz speciell neapolitanischer Gedanke.

Das Übrige sind Nischen, Altäre und Grabmäler, in unüberseh-
licher Menge; an diesen Aufgaben bildete sich eine ganze grosse
Decoratorenschule, welche jedoch erst im XVI. Jahrhundert und durch-
schnittlich erst in den nicht mehr reinen Werken durch bestimmte
Künstlernamen repräsentirt ist: Giovanni (Merliano) da Nola,
Girolamo Santacroce, Domenico di Auria
, und eine Reihe
Geringerer bis auf Cosimo Fansaga hinab, der noch in bernini-
scher Zeit die Art der ältern Schule nicht ganz verläugnete. -- Als
Bildhauer ist selbst Giov. da Nola nur untergeordneten Ranges; das
Wenige plastisch Ausgezeichnete wird bei Anlass der Sculptur er-
wähnt werden. Als Decoratoren, ob von aussen abhängig oder nicht,
wird man diese Künstler immer achten müssen, weil die Verbindung
des Baulichen und des Figürlichen in ihren Werken im Ganzen eine
sichere und glückliche ist, selbst wo die Figuren gering sind und nur
gleichsam in den Kauf gegeben werden.

Was die Altäre betrifft, so dauern fürs Erste aus dem Mittel-
alter noch die den Altartisch bedachenden Tabernakel fort: reiche
Bogen und Giebel auf 4 oder nur 2 Säulen und dann hinten an-
gelehnt. In S. Chiara, zu beiden Seiten des Portals, ein gothischera
und einer der Frührenaissance. -- Sodann bildet sich gerade in Neapel
der sculpirte Altar, mit Statuen und Reliefs in einer Wandarchitektur,
oft Alles innerhalb einer grossen Nische, mit dem vollsten Luxus aus.
Zum Zierlichsten gehören die Altäre zu beiden Seiten der Thür vonb
Monte Oliveto (von Nola und Santa Croce); -- prachtvoll und um-
ständlich eine grosse Nische mit Altar in S. Giovanni a Carbonarac
(die Figuren zusammengesucht); ebenda noch Mehreres von ähnlicher

Rom. Neapel.
deckt. (Oft gezeichnet, abgegossen und nachgeahmt.) Hier verräth
sich nun die Renaissance nach ihren tiefsten Eigenschaften; sie ge-
nügt völlig, wo sie spielen darf; — alle Pilaster und die blossen
Gewandungen, sowohl die horizontalen als die verticalen, mit ihren
Arabesken, Blumen, Schilden, Guirlanden u. s. w. sind von der schön-
sten, leichtesten Wirkung; dagegen ist das Bauliche nur wenig orga-
nisch, die Profile zu dünn, das Tragende zu decorativ. Die mensch-
lichen Figuren, die ohnediess auf keine Weise den Ornamenten
ebenbürtig sind, auch lastend an der Decke anzubringen, war ein
ganz speciell neapolitanischer Gedanke.

Das Übrige sind Nischen, Altäre und Grabmäler, in unüberseh-
licher Menge; an diesen Aufgaben bildete sich eine ganze grosse
Decoratorenschule, welche jedoch erst im XVI. Jahrhundert und durch-
schnittlich erst in den nicht mehr reinen Werken durch bestimmte
Künstlernamen repräsentirt ist: Giovanni (Merliano) da Nola,
Girolamo Santacroce, Domenico di Auria
, und eine Reihe
Geringerer bis auf Cosimo Fansaga hinab, der noch in bernini-
scher Zeit die Art der ältern Schule nicht ganz verläugnete. — Als
Bildhauer ist selbst Giov. da Nola nur untergeordneten Ranges; das
Wenige plastisch Ausgezeichnete wird bei Anlass der Sculptur er-
wähnt werden. Als Decoratoren, ob von aussen abhängig oder nicht,
wird man diese Künstler immer achten müssen, weil die Verbindung
des Baulichen und des Figürlichen in ihren Werken im Ganzen eine
sichere und glückliche ist, selbst wo die Figuren gering sind und nur
gleichsam in den Kauf gegeben werden.

Was die Altäre betrifft, so dauern fürs Erste aus dem Mittel-
alter noch die den Altartisch bedachenden Tabernakel fort: reiche
Bogen und Giebel auf 4 oder nur 2 Säulen und dann hinten an-
gelehnt. In S. Chiara, zu beiden Seiten des Portals, ein gothischera
und einer der Frührenaissance. — Sodann bildet sich gerade in Neapel
der sculpirte Altar, mit Statuen und Reliefs in einer Wandarchitektur,
oft Alles innerhalb einer grossen Nische, mit dem vollsten Luxus aus.
Zum Zierlichsten gehören die Altäre zu beiden Seiten der Thür vonb
Monte Oliveto (von Nola und Santa Croce); — prachtvoll und um-
ständlich eine grosse Nische mit Altar in S. Giovanni a Carbonarac
(die Figuren zusammengesucht); ebenda noch Mehreres von ähnlicher

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[245/0267] Rom. Neapel. deckt. (Oft gezeichnet, abgegossen und nachgeahmt.) Hier verräth sich nun die Renaissance nach ihren tiefsten Eigenschaften; sie ge- nügt völlig, wo sie spielen darf; — alle Pilaster und die blossen Gewandungen, sowohl die horizontalen als die verticalen, mit ihren Arabesken, Blumen, Schilden, Guirlanden u. s. w. sind von der schön- sten, leichtesten Wirkung; dagegen ist das Bauliche nur wenig orga- nisch, die Profile zu dünn, das Tragende zu decorativ. Die mensch- lichen Figuren, die ohnediess auf keine Weise den Ornamenten ebenbürtig sind, auch lastend an der Decke anzubringen, war ein ganz speciell neapolitanischer Gedanke. Das Übrige sind Nischen, Altäre und Grabmäler, in unüberseh- licher Menge; an diesen Aufgaben bildete sich eine ganze grosse Decoratorenschule, welche jedoch erst im XVI. Jahrhundert und durch- schnittlich erst in den nicht mehr reinen Werken durch bestimmte Künstlernamen repräsentirt ist: Giovanni (Merliano) da Nola, Girolamo Santacroce, Domenico di Auria, und eine Reihe Geringerer bis auf Cosimo Fansaga hinab, der noch in bernini- scher Zeit die Art der ältern Schule nicht ganz verläugnete. — Als Bildhauer ist selbst Giov. da Nola nur untergeordneten Ranges; das Wenige plastisch Ausgezeichnete wird bei Anlass der Sculptur er- wähnt werden. Als Decoratoren, ob von aussen abhängig oder nicht, wird man diese Künstler immer achten müssen, weil die Verbindung des Baulichen und des Figürlichen in ihren Werken im Ganzen eine sichere und glückliche ist, selbst wo die Figuren gering sind und nur gleichsam in den Kauf gegeben werden. Was die Altäre betrifft, so dauern fürs Erste aus dem Mittel- alter noch die den Altartisch bedachenden Tabernakel fort: reiche Bogen und Giebel auf 4 oder nur 2 Säulen und dann hinten an- gelehnt. In S. Chiara, zu beiden Seiten des Portals, ein gothischer und einer der Frührenaissance. — Sodann bildet sich gerade in Neapel der sculpirte Altar, mit Statuen und Reliefs in einer Wandarchitektur, oft Alles innerhalb einer grossen Nische, mit dem vollsten Luxus aus. Zum Zierlichsten gehören die Altäre zu beiden Seiten der Thür von Monte Oliveto (von Nola und Santa Croce); — prachtvoll und um- ständlich eine grosse Nische mit Altar in S. Giovanni a Carbonara (die Figuren zusammengesucht); ebenda noch Mehreres von ähnlicher a b c

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/267>, abgerufen am 18.12.2024.