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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Moderne Malerei.
jenen herrlichen Bildern Murillo's. Es giebt gute, in Coreggio's Art
gemeinte Mütter und heilige Familien von den Caracci, zumal An-
anibale. Guido ist sehr ungleich; eine vorzügliche Madonna mit
dem schlafenden Kinde soll im Quirinal sein; eine gute frühe heil.
bFamilie im Pal. Spinola, Str. nuova zu Genua; aber eine seiner wich-
ctigsten Madonnen, die er als besonderes Bild (Brera zu Mailand, eine
dNachahmung von Elis. Sirani im Pal. Corsini zu Rom) und dann
eals Bestandtheil des grossen Bildes vom Pestgelübde (Pinac. zu Bo-
logna) behandelt hat, sieht unleidlich prätentiös aus, als liesse sie das
Kind für Geld sehen. Überhaupt wird die Mutter in dieser Epoche
fnur zu oft eine missmuthige Custodin des Kindes (Ovalbild des Ma-
ratta
im Pal. Corsini zu Rom); sie hat oft etwas zu schelten, sodass
Musikputten u. dgl. Dienerschaft nur ganz schüchtern mit einer ab-
gemessenen Ergebenheit ihre Befehle empfangen und der kleine Jo-
hannes sich kaum recht herbeiwagt. Das vornehme, zurückhaltende
Wesen, das hier den heiligen Personen zugetraut wird (vgl. S. 1033)
findet seine Parallele in damaligen Ansichten über den geistlichen
Stand (Ranke, Päpste, III, 120). -- Nicht umsonst fühlt man sich
immer wieder von Sassoferrato gefesselt, dessen milde, schöne,
gewissenhaft gemalte Madonnen ohne Ausnahme ein Mutterherz haben,
worüber man den Mangel an Grossartigkeit und an höherm Leben
gvergisst. (Beispiele a. m. O., bes. Pal. Borghese in Rom; Brera zu
hMailand; Pal. Manfrin in Venedig; in S. Sabina zu Rom, Cap. rechts
ivom Chor, das einzige grössere Altarbild: Madonna del rosario, von
ktrefflichster Ausführung; -- in den Uffizien und im Pal. Doria zu
Rom betende Madonnen ohne Kind, demüthig abwärts schauend, ohne
die Verhimmelung, durch welche sich z. B. Carlo Dolci von Sasso-
ferrato gründlich unterscheidet.) -- Unter den Madonnen der Natura-
listen wird eines der oben (S. 1010, b) erwähnten Bilder des Pellegro
Piola
zum Besten und Liebenswürdigsten gehören; Caravaggio
dagegen überträgt auch diese einfache Aufgabe in seine beliebte Zi-
lgeunerwelt (grosse heil. Familie im Pal. Borghese). Ähnlich Schi-
mdone (Pal. Pallavicini zu Genua). Maratta's Madonnen sind wie-
derum der Nachhall des Guido.


Moderne Malerei.
jenen herrlichen Bildern Murillo’s. Es giebt gute, in Coreggio’s Art
gemeinte Mütter und heilige Familien von den Caracci, zumal An-
anibale. Guido ist sehr ungleich; eine vorzügliche Madonna mit
dem schlafenden Kinde soll im Quirinal sein; eine gute frühe heil.
bFamilie im Pal. Spinola, Str. nuova zu Genua; aber eine seiner wich-
ctigsten Madonnen, die er als besonderes Bild (Brera zu Mailand, eine
dNachahmung von Elis. Sirani im Pal. Corsini zu Rom) und dann
eals Bestandtheil des grossen Bildes vom Pestgelübde (Pinac. zu Bo-
logna) behandelt hat, sieht unleidlich prätentiös aus, als liesse sie das
Kind für Geld sehen. Überhaupt wird die Mutter in dieser Epoche
fnur zu oft eine missmuthige Custodin des Kindes (Ovalbild des Ma-
ratta
im Pal. Corsini zu Rom); sie hat oft etwas zu schelten, sodass
Musikputten u. dgl. Dienerschaft nur ganz schüchtern mit einer ab-
gemessenen Ergebenheit ihre Befehle empfangen und der kleine Jo-
hannes sich kaum recht herbeiwagt. Das vornehme, zurückhaltende
Wesen, das hier den heiligen Personen zugetraut wird (vgl. S. 1033)
findet seine Parallele in damaligen Ansichten über den geistlichen
Stand (Ranke, Päpste, III, 120). — Nicht umsonst fühlt man sich
immer wieder von Sassoferrato gefesselt, dessen milde, schöne,
gewissenhaft gemalte Madonnen ohne Ausnahme ein Mutterherz haben,
worüber man den Mangel an Grossartigkeit und an höherm Leben
gvergisst. (Beispiele a. m. O., bes. Pal. Borghese in Rom; Brera zu
hMailand; Pal. Manfrin in Venedig; in S. Sabina zu Rom, Cap. rechts
ivom Chor, das einzige grössere Altarbild: Madonna del rosario, von
ktrefflichster Ausführung; — in den Uffizien und im Pal. Doria zu
Rom betende Madonnen ohne Kind, demüthig abwärts schauend, ohne
die Verhimmelung, durch welche sich z. B. Carlo Dolci von Sasso-
ferrato gründlich unterscheidet.) — Unter den Madonnen der Natura-
listen wird eines der oben (S. 1010, b) erwähnten Bilder des Pellegro
Piola
zum Besten und Liebenswürdigsten gehören; Caravaggio
dagegen überträgt auch diese einfache Aufgabe in seine beliebte Zi-
lgeunerwelt (grosse heil. Familie im Pal. Borghese). Ähnlich Schi-
mdone (Pal. Pallavicini zu Genua). Maratta’s Madonnen sind wie-
derum der Nachhall des Guido.


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[1038/1060] Moderne Malerei. jenen herrlichen Bildern Murillo’s. Es giebt gute, in Coreggio’s Art gemeinte Mütter und heilige Familien von den Caracci, zumal An- nibale. Guido ist sehr ungleich; eine vorzügliche Madonna mit dem schlafenden Kinde soll im Quirinal sein; eine gute frühe heil. Familie im Pal. Spinola, Str. nuova zu Genua; aber eine seiner wich- tigsten Madonnen, die er als besonderes Bild (Brera zu Mailand, eine Nachahmung von Elis. Sirani im Pal. Corsini zu Rom) und dann als Bestandtheil des grossen Bildes vom Pestgelübde (Pinac. zu Bo- logna) behandelt hat, sieht unleidlich prätentiös aus, als liesse sie das Kind für Geld sehen. Überhaupt wird die Mutter in dieser Epoche nur zu oft eine missmuthige Custodin des Kindes (Ovalbild des Ma- ratta im Pal. Corsini zu Rom); sie hat oft etwas zu schelten, sodass Musikputten u. dgl. Dienerschaft nur ganz schüchtern mit einer ab- gemessenen Ergebenheit ihre Befehle empfangen und der kleine Jo- hannes sich kaum recht herbeiwagt. Das vornehme, zurückhaltende Wesen, das hier den heiligen Personen zugetraut wird (vgl. S. 1033) findet seine Parallele in damaligen Ansichten über den geistlichen Stand (Ranke, Päpste, III, 120). — Nicht umsonst fühlt man sich immer wieder von Sassoferrato gefesselt, dessen milde, schöne, gewissenhaft gemalte Madonnen ohne Ausnahme ein Mutterherz haben, worüber man den Mangel an Grossartigkeit und an höherm Leben vergisst. (Beispiele a. m. O., bes. Pal. Borghese in Rom; Brera zu Mailand; Pal. Manfrin in Venedig; in S. Sabina zu Rom, Cap. rechts vom Chor, das einzige grössere Altarbild: Madonna del rosario, von trefflichster Ausführung; — in den Uffizien und im Pal. Doria zu Rom betende Madonnen ohne Kind, demüthig abwärts schauend, ohne die Verhimmelung, durch welche sich z. B. Carlo Dolci von Sasso- ferrato gründlich unterscheidet.) — Unter den Madonnen der Natura- listen wird eines der oben (S. 1010, b) erwähnten Bilder des Pellegro Piola zum Besten und Liebenswürdigsten gehören; Caravaggio dagegen überträgt auch diese einfache Aufgabe in seine beliebte Zi- geunerwelt (grosse heil. Familie im Pal. Borghese). Ähnlich Schi- done (Pal. Pallavicini zu Genua). Maratta’s Madonnen sind wie- derum der Nachhall des Guido. a b c d e f g h i k l m

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1038. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1060>, abgerufen am 18.12.2024.