Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Moderne Malerei.
aangenehmes Helldunkel zumal in der Carnation. Deckengemälde der
Chiesa nuova in Rom (in der Sacristei die Engel mit Marterwerk-
bzeugen); Gewölbe des colossalen Hauptsaales im Pal. Barberini; ein
cSaal im Pal. Pamfili auf Piazza navona(?); Anzahl von Plafonds im
dPal. Pitti (S. 396, a); Wandfresken in einem der Säle daselbst, wo
seine halbe Gründlichkeit widriger erscheint als seine sonstige ganze
Flüchtigkeit. Unter den Staffeleibildern giebt etwa die Geburt der
eMaria (Pal. Corsini) den günstigsten Begriff von seinem Colorit.

Von ihm und von Paolo Veronese geht dann das Colorit des Luca
Giordano
aus, welcher sich darin vermöge seines unzerstörbaren
Temperamentes doch bisweilen zu einer wahren Freudigkeit erhebt.
fIm Tesoro zu S. Martino in Neapel hat er die Geschichten der Judith
und der ehernen Schlange binnen 48 Stunden an das Gewölbe gemalt;
gsein S. Franz Xaver der die Wilden tauft (Museum) ist in 3 Tagen
vollendet, -- Beides so, dass an dieser Palette noch immer Einiges
zu beneiden bleibt. Auch seine übrigen Bilder (wovon im Museum
eine Auswahl), ohne einen wirklich sichern Contour, ohne irgend
welche Wahl in Formen oder Motiven, üben doch wesentlich durch
die Farbe, durch die napolitanische Süssigkeit mancher Köpfe, durch
eine gewisse liederliche Anspruchlosigkeit (neben den Prätensionen
eines Salvator und Consorten), durch den ganzen angenehmen Schein
des Lebens einen grossen Reiz aus. -- Seine Nachfolger, im besten
Falle brillante Decoratoren mit blühendem Colorit: Solimena: Fres-
hken der Sacristeien von S. Paolo und von S. Domenico maggiore;
igrosse Geschichte des Heliodor innen über dem Portal des Gesu
knuovo; -- Luigi Garzi: Fresken an Decke und Frontwand von
lS. Caterina a formello; -- Conca: grosses Mittelbild der Decke von
S. Chiara, David vor der Bundeslade tanzend; -- Franc. de Mura:
mgrosses Deckengemälde in S. Severino; -- Bonito: kleineres Decken-
nbild in S. Chiara, u. s. w. -- Beim Verkommen der Localschulen in
ganz Italien reisten vorzüglich diese Neapolitaner als Virtuosen der
Schnellmalerei herum und drangen auch in Toscana ein, nachdem
schon vorher Salvator Rosa daselbst einen grossen Theil seines Lebens
ozugebracht hatte. So hat z. B. Conca im Hospital della Scala zu Siena
die Chornische mit der Geschichte des Teiches von Bethesda ganz

Moderne Malerei.
aangenehmes Helldunkel zumal in der Carnation. Deckengemälde der
Chiesa nuova in Rom (in der Sacristei die Engel mit Marterwerk-
bzeugen); Gewölbe des colossalen Hauptsaales im Pal. Barberini; ein
cSaal im Pal. Pamfili auf Piazza navona(?); Anzahl von Plafonds im
dPal. Pitti (S. 396, a); Wandfresken in einem der Säle daselbst, wo
seine halbe Gründlichkeit widriger erscheint als seine sonstige ganze
Flüchtigkeit. Unter den Staffeleibildern giebt etwa die Geburt der
eMaria (Pal. Corsini) den günstigsten Begriff von seinem Colorit.

Von ihm und von Paolo Veronese geht dann das Colorit des Luca
Giordano
aus, welcher sich darin vermöge seines unzerstörbaren
Temperamentes doch bisweilen zu einer wahren Freudigkeit erhebt.
fIm Tesoro zu S. Martino in Neapel hat er die Geschichten der Judith
und der ehernen Schlange binnen 48 Stunden an das Gewölbe gemalt;
gsein S. Franz Xaver der die Wilden tauft (Museum) ist in 3 Tagen
vollendet, — Beides so, dass an dieser Palette noch immer Einiges
zu beneiden bleibt. Auch seine übrigen Bilder (wovon im Museum
eine Auswahl), ohne einen wirklich sichern Contour, ohne irgend
welche Wahl in Formen oder Motiven, üben doch wesentlich durch
die Farbe, durch die napolitanische Süssigkeit mancher Köpfe, durch
eine gewisse liederliche Anspruchlosigkeit (neben den Prätensionen
eines Salvator und Consorten), durch den ganzen angenehmen Schein
des Lebens einen grossen Reiz aus. — Seine Nachfolger, im besten
Falle brillante Decoratoren mit blühendem Colorit: Solimena: Fres-
hken der Sacristeien von S. Paolo und von S. Domenico maggiore;
igrosse Geschichte des Heliodor innen über dem Portal des Gesù
knuovo; — Luigi Garzi: Fresken an Decke und Frontwand von
lS. Caterina a formello; — Conca: grosses Mittelbild der Decke von
S. Chiara, David vor der Bundeslade tanzend; — Franc. de Mura:
mgrosses Deckengemälde in S. Severino; — Bonito: kleineres Decken-
nbild in S. Chiara, u. s. w. — Beim Verkommen der Localschulen in
ganz Italien reisten vorzüglich diese Neapolitaner als Virtuosen der
Schnellmalerei herum und drangen auch in Toscana ein, nachdem
schon vorher Salvator Rosa daselbst einen grossen Theil seines Lebens
ozugebracht hatte. So hat z. B. Conca im Hospital della Scala zu Siena
die Chornische mit der Geschichte des Teiches von Bethesda ganz

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1040" n="1018"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Moderne Malerei.</hi></fw><lb/><note place="left">a</note>angenehmes Helldunkel zumal in der Carnation. Deckengemälde der<lb/>
Chiesa nuova in Rom (in der Sacristei die Engel mit Marterwerk-<lb/><note place="left">b</note>zeugen); Gewölbe des colossalen Hauptsaales im Pal. Barberini; ein<lb/><note place="left">c</note>Saal im Pal. Pamfili auf Piazza navona(?); Anzahl von Plafonds im<lb/><note place="left">d</note>Pal. Pitti (S. 396, a); Wandfresken in einem der Säle daselbst, wo<lb/>
seine halbe Gründlichkeit widriger erscheint als seine sonstige ganze<lb/>
Flüchtigkeit. Unter den Staffeleibildern giebt etwa die Geburt der<lb/><note place="left">e</note>Maria (Pal. Corsini) den günstigsten Begriff von seinem Colorit.</p><lb/>
        <p>Von ihm und von Paolo Veronese geht dann das Colorit des <hi rendition="#g">Luca<lb/>
Giordano</hi> aus, welcher sich darin vermöge seines unzerstörbaren<lb/>
Temperamentes doch bisweilen zu einer wahren Freudigkeit erhebt.<lb/><note place="left">f</note>Im Tesoro zu S. Martino in Neapel hat er die Geschichten der Judith<lb/>
und der ehernen Schlange binnen 48 Stunden an das Gewölbe gemalt;<lb/><note place="left">g</note>sein S. Franz Xaver der die Wilden tauft (Museum) ist in 3 Tagen<lb/>
vollendet, &#x2014; Beides so, dass an dieser Palette noch immer Einiges<lb/>
zu beneiden bleibt. Auch seine übrigen Bilder (wovon im Museum<lb/>
eine Auswahl), ohne einen wirklich sichern Contour, ohne irgend<lb/>
welche Wahl in Formen oder Motiven, üben doch wesentlich durch<lb/>
die Farbe, durch die napolitanische Süssigkeit mancher Köpfe, durch<lb/>
eine gewisse liederliche Anspruchlosigkeit (neben den Prätensionen<lb/>
eines Salvator und Consorten), durch den ganzen angenehmen Schein<lb/>
des Lebens einen grossen Reiz aus. &#x2014; Seine Nachfolger, im besten<lb/>
Falle brillante Decoratoren mit blühendem Colorit: <hi rendition="#g">Solimena:</hi> Fres-<lb/><note place="left">h</note>ken der Sacristeien von S. Paolo und von S. Domenico maggiore;<lb/><note place="left">i</note>grosse Geschichte des Heliodor innen über dem Portal des Gesù<lb/><note place="left">k</note>nuovo; &#x2014; <hi rendition="#g">Luigi Garzi:</hi> Fresken an Decke und Frontwand von<lb/><note place="left">l</note>S. Caterina a formello; &#x2014; <hi rendition="#g">Conca:</hi> grosses Mittelbild der Decke von<lb/>
S. Chiara, David vor der Bundeslade tanzend; &#x2014; <hi rendition="#g">Franc. de Mura:</hi><lb/><note place="left">m</note>grosses Deckengemälde in S. Severino; &#x2014; <hi rendition="#g">Bonito:</hi> kleineres Decken-<lb/><note place="left">n</note>bild in S. Chiara, u. s. w. &#x2014; Beim Verkommen der Localschulen in<lb/>
ganz Italien reisten vorzüglich diese Neapolitaner als Virtuosen der<lb/>
Schnellmalerei herum und drangen auch in Toscana ein, nachdem<lb/>
schon vorher Salvator Rosa daselbst einen grossen Theil seines Lebens<lb/><note place="left">o</note>zugebracht hatte. So hat z. B. Conca im Hospital della Scala zu Siena<lb/>
die Chornische mit der Geschichte des Teiches von Bethesda ganz<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1018/1040] Moderne Malerei. angenehmes Helldunkel zumal in der Carnation. Deckengemälde der Chiesa nuova in Rom (in der Sacristei die Engel mit Marterwerk- zeugen); Gewölbe des colossalen Hauptsaales im Pal. Barberini; ein Saal im Pal. Pamfili auf Piazza navona(?); Anzahl von Plafonds im Pal. Pitti (S. 396, a); Wandfresken in einem der Säle daselbst, wo seine halbe Gründlichkeit widriger erscheint als seine sonstige ganze Flüchtigkeit. Unter den Staffeleibildern giebt etwa die Geburt der Maria (Pal. Corsini) den günstigsten Begriff von seinem Colorit. a b c d e Von ihm und von Paolo Veronese geht dann das Colorit des Luca Giordano aus, welcher sich darin vermöge seines unzerstörbaren Temperamentes doch bisweilen zu einer wahren Freudigkeit erhebt. Im Tesoro zu S. Martino in Neapel hat er die Geschichten der Judith und der ehernen Schlange binnen 48 Stunden an das Gewölbe gemalt; sein S. Franz Xaver der die Wilden tauft (Museum) ist in 3 Tagen vollendet, — Beides so, dass an dieser Palette noch immer Einiges zu beneiden bleibt. Auch seine übrigen Bilder (wovon im Museum eine Auswahl), ohne einen wirklich sichern Contour, ohne irgend welche Wahl in Formen oder Motiven, üben doch wesentlich durch die Farbe, durch die napolitanische Süssigkeit mancher Köpfe, durch eine gewisse liederliche Anspruchlosigkeit (neben den Prätensionen eines Salvator und Consorten), durch den ganzen angenehmen Schein des Lebens einen grossen Reiz aus. — Seine Nachfolger, im besten Falle brillante Decoratoren mit blühendem Colorit: Solimena: Fres- ken der Sacristeien von S. Paolo und von S. Domenico maggiore; grosse Geschichte des Heliodor innen über dem Portal des Gesù nuovo; — Luigi Garzi: Fresken an Decke und Frontwand von S. Caterina a formello; — Conca: grosses Mittelbild der Decke von S. Chiara, David vor der Bundeslade tanzend; — Franc. de Mura: grosses Deckengemälde in S. Severino; — Bonito: kleineres Decken- bild in S. Chiara, u. s. w. — Beim Verkommen der Localschulen in ganz Italien reisten vorzüglich diese Neapolitaner als Virtuosen der Schnellmalerei herum und drangen auch in Toscana ein, nachdem schon vorher Salvator Rosa daselbst einen grossen Theil seines Lebens zugebracht hatte. So hat z. B. Conca im Hospital della Scala zu Siena die Chornische mit der Geschichte des Teiches von Bethesda ganz f g h i k l m n o

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1040
Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1018. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1040>, abgerufen am 26.05.2024.