Zuvörderst ist zu überlegen, ob man auf Menschen genug oder auf genug freie Zeit bei ihnen rechnen könne, oder ob die Menschen so geartet sind, daß sie die nö- tige Arbeit für die Manufacturen tuhn können oder tuhn wollen.
In Ländern, wo die Leibeigenschaft noch gilt, wird dem Landmann durch Frohn-Dienste zu viel Zeit genommen, und er ist auch zu gleichgültig für den Neben-Verdienst, den ihm die Manufactur geben könnte. In andern Gegenden ist der grosse Haufe zu liederlich und zu faul, und will, so geldlos er ist, nicht anders als für hohen Lohn arbeiten.
In Ländern, wo der Landbau im lebbaften Stei- gen ist, fehlt es an Händen für die Manufacturen, und man freuet sich nur, Menschen genug für die nötigsten Handwerke zu haben. Dies ist bisher noch der Fall mit Nord-America.
In mancher Gegend, wo diese Umstände mehr oder weniger zusammen kommen, hat man den Vor- teil, eine benachbarte Gegend benuzen zu können, mit deren Einwohnern es anders steht So beruhen z. B. die Manufacturen zu Mülhausen und Langensalze hauptsächlich auf dem Fleiß der Einwohner des Eichs- feldes in der für jene nötigen Vorarbeit. Den Tuch-
C. 4. In Anſehung des Manuf. Handels.
Zuvoͤrderſt iſt zu uͤberlegen, ob man auf Menſchen genug oder auf genug freie Zeit bei ihnen rechnen koͤnne, oder ob die Menſchen ſo geartet ſind, daß ſie die noͤ- tige Arbeit fuͤr die Manufacturen tuhn koͤnnen oder tuhn wollen.
In Laͤndern, wo die Leibeigenſchaft noch gilt, wird dem Landmann durch Frohn-Dienſte zu viel Zeit genommen, und er iſt auch zu gleichguͤltig fuͤr den Neben-Verdienſt, den ihm die Manufactur geben koͤnnte. In andern Gegenden iſt der groſſe Haufe zu liederlich und zu faul, und will, ſo geldlos er iſt, nicht anders als fuͤr hohen Lohn arbeiten.
In Laͤndern, wo der Landbau im lebbaften Stei- gen iſt, fehlt es an Haͤnden fuͤr die Manufacturen, und man freuet ſich nur, Menſchen genug fuͤr die noͤtigſten Handwerke zu haben. Dies iſt bisher noch der Fall mit Nord-America.
In mancher Gegend, wo dieſe Umſtaͤnde mehr oder weniger zuſammen kommen, hat man den Vor- teil, eine benachbarte Gegend benuzen zu koͤnnen, mit deren Einwohnern es anders ſteht So beruhen z. B. die Manufacturen zu Muͤlhauſen und Langenſalze hauptſaͤchlich auf dem Fleiß der Einwohner des Eichs- feldes in der fuͤr jene noͤtigen Vorarbeit. Den Tuch-
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C. 4. In Anſehung des Manuf. Handels.
Zuvoͤrderſt iſt zu uͤberlegen, ob man auf Menſchen
genug oder auf genug freie Zeit bei ihnen rechnen koͤnne,
oder ob die Menſchen ſo geartet ſind, daß ſie die noͤ-
tige Arbeit fuͤr die Manufacturen tuhn koͤnnen oder
tuhn wollen.
In Laͤndern, wo die Leibeigenſchaft noch gilt,
wird dem Landmann durch Frohn-Dienſte zu viel Zeit
genommen, und er iſt auch zu gleichguͤltig fuͤr den
Neben-Verdienſt, den ihm die Manufactur geben
koͤnnte. In andern Gegenden iſt der groſſe Haufe
zu liederlich und zu faul, und will, ſo geldlos er iſt,
nicht anders als fuͤr hohen Lohn arbeiten.
In Laͤndern, wo der Landbau im lebbaften Stei-
gen iſt, fehlt es an Haͤnden fuͤr die Manufacturen,
und man freuet ſich nur, Menſchen genug fuͤr die
noͤtigſten Handwerke zu haben. Dies iſt bisher
noch der Fall mit Nord-America.
In mancher Gegend, wo dieſe Umſtaͤnde mehr
oder weniger zuſammen kommen, hat man den Vor-
teil, eine benachbarte Gegend benuzen zu koͤnnen, mit
deren Einwohnern es anders ſteht So beruhen z. B.
die Manufacturen zu Muͤlhauſen und Langenſalze
hauptſaͤchlich auf dem Fleiß der Einwohner des Eichs-
feldes in der fuͤr jene noͤtigen Vorarbeit. Den Tuch-
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Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/239>, abgerufen am 24.11.2024.
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