mich damit auf der Landspitze von Corn- wall in England und nahm ein Schaf mit, um von oben herab vor den Augen vieler tausend Nachgaffer Kunststücke damit zu machen. Unglücklicher Weise drehete sich der Wind innerhalb zehen Minuten nach meinem Hinaufsteigen; und anstatt mich nach Exeter zu treiben, wo ich wieder zu landen gedachte, ward ich hinaus nach der See getrieben, über welcher ich auch vermuthlich die ganze Zeit her in der unermeßlichsten Höhe geschwebet habe.
Es war gut, daß ich zu meinem Kunststückchen mit dem Schafe nicht hatte gelangen können. Denn am dritten Tage meiner Luftfahrt, wurde mein Hun- ger so groß, daß ich mich genöthigt sah, das Schaf zu schlachten. Als ich nun damals unendlich hoch über dem Monde war, und nach einer sechzehnstün- digen noch weitern Auffahrt endlich der Sonne so nahe kam, daß ich mir die Augenbraunen versengte, so legte ich das todte Schaf, nachdem ich es vor-
her
mich damit auf der Landſpitze von Corn- wall in England und nahm ein Schaf mit, um von oben herab vor den Augen vieler tauſend Nachgaffer Kunſtſtuͤcke damit zu machen. Ungluͤcklicher Weiſe drehete ſich der Wind innerhalb zehen Minuten nach meinem Hinaufſteigen; und anſtatt mich nach Exeter zu treiben, wo ich wieder zu landen gedachte, ward ich hinaus nach der See getrieben, uͤber welcher ich auch vermuthlich die ganze Zeit her in der unermeßlichſten Hoͤhe geſchwebet habe.
Es war gut, daß ich zu meinem Kunſtſtuͤckchen mit dem Schafe nicht hatte gelangen koͤnnen. Denn am dritten Tage meiner Luftfahrt, wurde mein Hun- ger ſo groß, daß ich mich genoͤthigt ſah, das Schaf zu ſchlachten. Als ich nun damals unendlich hoch uͤber dem Monde war, und nach einer ſechzehnſtuͤn- digen noch weitern Auffahrt endlich der Sonne ſo nahe kam, daß ich mir die Augenbraunen verſengte, ſo legte ich das todte Schaf, nachdem ich es vor-
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[78/0099]
mich damit auf der Landſpitze von Corn-
wall in England und nahm ein Schaf mit,
um von oben herab vor den Augen vieler
tauſend Nachgaffer Kunſtſtuͤcke damit zu
machen. Ungluͤcklicher Weiſe drehete ſich
der Wind innerhalb zehen Minuten nach
meinem Hinaufſteigen; und anſtatt mich
nach Exeter zu treiben, wo ich wieder zu
landen gedachte, ward ich hinaus nach
der See getrieben, uͤber welcher ich auch
vermuthlich die ganze Zeit her in der
unermeßlichſten Hoͤhe geſchwebet habe.
Es war gut, daß ich zu meinem
Kunſtſtuͤckchen mit dem Schafe nicht
hatte gelangen koͤnnen. Denn am dritten
Tage meiner Luftfahrt, wurde mein Hun-
ger ſo groß, daß ich mich genoͤthigt
ſah, das Schaf zu ſchlachten. Als ich
nun damals unendlich hoch uͤber dem
Monde war, und nach einer ſechzehnſtuͤn-
digen noch weitern Auffahrt endlich der
Sonne ſo nahe kam, daß ich mir die
Augenbraunen verſengte, ſo legte ich
das todte Schaf, nachdem ich es vor-
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[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/99>, abgerufen am 31.07.2024.
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