Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

her abgehäutet, an denjenigen Ort im
Wagen, wo die Sonne die meiste Kraft
hatte, oder mit andern Worten, wo
der Ballon keinen Schatten hinwarf,
auf welche Weise es denn in ohngefähr
drey Viertel Stunden völlig gar briet.
Von diesem Braten habe ich die ganze Zeit
her gelebt" -- Hier hielt mein Mann
ein, und schien sich in Betrachtung der
Gegenstände um ihn her zu vertiefen.
Als ich ihm sagte, daß die Gebäude
da vor uns das Seraglio des Großherrn
zu Constantinopel wären, so schien er
außerordentlich bestürzt, indem er sich
ganz wo anders zu befinden geglaubt
hatte. "Die Ursache meines langen
Fluges, fügte er endlich hinzu, war,
daß mir ein Faden zerriß, der an einer
Klappe in dem Luftballe saß, und dazu
diente, die inflammable Luft herauszu-
lassen. Wäre nun nicht auf den Ball
gefeuert und derselbe dadurch aufgerissen
worden, so möchte er wohl, wie Ma-
homet, bis an den jüngsten Tag zwi-

schen

her abgehaͤutet, an denjenigen Ort im
Wagen, wo die Sonne die meiſte Kraft
hatte, oder mit andern Worten, wo
der Ballon keinen Schatten hinwarf,
auf welche Weiſe es denn in ohngefaͤhr
drey Viertel Stunden voͤllig gar briet.
Von dieſem Braten habe ich die ganze Zeit
her gelebt〟 — Hier hielt mein Mann
ein, und ſchien ſich in Betrachtung der
Gegenſtaͤnde um ihn her zu vertiefen.
Als ich ihm ſagte, daß die Gebaͤude
da vor uns das Seraglio des Großherrn
zu Conſtantinopel waͤren, ſo ſchien er
außerordentlich beſtuͤrzt, indem er ſich
ganz wo anders zu befinden geglaubt
hatte. 〟Die Urſache meines langen
Fluges, fuͤgte er endlich hinzu, war,
daß mir ein Faden zerriß, der an einer
Klappe in dem Luftballe ſaß, und dazu
diente, die inflammable Luft herauszu-
laſſen. Waͤre nun nicht auf den Ball
gefeuert und derſelbe dadurch aufgeriſſen
worden, ſo moͤchte er wohl, wie Ma-
homet, bis an den juͤngſten Tag zwi-

ſchen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="79"/>
her abgeha&#x0364;utet, an denjenigen Ort im<lb/>
Wagen, wo die Sonne die mei&#x017F;te Kraft<lb/>
hatte, oder mit andern Worten, wo<lb/>
der Ballon keinen Schatten hinwarf,<lb/>
auf welche Wei&#x017F;e es denn in ohngefa&#x0364;hr<lb/>
drey Viertel Stunden vo&#x0364;llig gar briet.<lb/>
Von die&#x017F;em Braten habe ich die ganze Zeit<lb/>
her gelebt&#x301F; &#x2014; Hier hielt mein Mann<lb/>
ein, und &#x017F;chien &#x017F;ich in Betrachtung der<lb/>
Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde um ihn her zu vertiefen.<lb/>
Als ich ihm &#x017F;agte, daß die Geba&#x0364;ude<lb/>
da vor uns das Seraglio des Großherrn<lb/>
zu Con&#x017F;tantinopel wa&#x0364;ren, &#x017F;o &#x017F;chien er<lb/>
außerordentlich be&#x017F;tu&#x0364;rzt, indem er &#x017F;ich<lb/>
ganz wo anders zu befinden geglaubt<lb/>
hatte. &#x301F;Die Ur&#x017F;ache meines langen<lb/>
Fluges, fu&#x0364;gte er endlich hinzu, war,<lb/>
daß mir ein Faden zerriß, der an einer<lb/>
Klappe in dem Luftballe &#x017F;aß, und dazu<lb/>
diente, die inflammable Luft herauszu-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Wa&#x0364;re nun nicht auf den Ball<lb/>
gefeuert und der&#x017F;elbe dadurch aufgeri&#x017F;&#x017F;en<lb/>
worden, &#x017F;o mo&#x0364;chte er wohl, wie Ma-<lb/>
homet, bis an den ju&#x0364;ng&#x017F;ten Tag zwi-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0100] her abgehaͤutet, an denjenigen Ort im Wagen, wo die Sonne die meiſte Kraft hatte, oder mit andern Worten, wo der Ballon keinen Schatten hinwarf, auf welche Weiſe es denn in ohngefaͤhr drey Viertel Stunden voͤllig gar briet. Von dieſem Braten habe ich die ganze Zeit her gelebt〟 — Hier hielt mein Mann ein, und ſchien ſich in Betrachtung der Gegenſtaͤnde um ihn her zu vertiefen. Als ich ihm ſagte, daß die Gebaͤude da vor uns das Seraglio des Großherrn zu Conſtantinopel waͤren, ſo ſchien er außerordentlich beſtuͤrzt, indem er ſich ganz wo anders zu befinden geglaubt hatte. 〟Die Urſache meines langen Fluges, fuͤgte er endlich hinzu, war, daß mir ein Faden zerriß, der an einer Klappe in dem Luftballe ſaß, und dazu diente, die inflammable Luft herauszu- laſſen. Waͤre nun nicht auf den Ball gefeuert und derſelbe dadurch aufgeriſſen worden, ſo moͤchte er wohl, wie Ma- homet, bis an den juͤngſten Tag zwi- ſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/100
Zitationshilfe: [Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/100>, abgerufen am 23.11.2024.