Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Schilfbusch vor meinen Augen nieder.
Was ich that, das läßt sich rathen.
Ich hätte den Kerl nicht fahren lassen,
und hätte er mir meinen ganzen Ambas-
sadeur-Gehalt gekostet. Als ich hier-
auf fürbaß und endlich auf ägyptischen
Grund und Boden kam, erhob sich ein
so ungeheuerer Sturm, daß ich mit allen
meinen Wagen, Pferden und Gefolge
schier umgerissen und in die Luft davon
geführt zu werden fürchtete. Zur linken
Seite unseres Weges standen sieben
Windmühlen in einer Reihe, deren Flü-
gel so schnell um ihre Achsen schwirrten,
als eine Rockenspindel der schnellsten
Spinnerinn. Nicht weit davon zur
Rechten stand ein Kerl, von Sir John
Falstafs Corpulenz, und hielt sein rech-
tes Nasenloch mit seinem Zeigefinger zu.
Sobald der Kerl unsere Noth und uns
so kümmerlich in diesem Sturme haspeln
sah, drehte er sich halb um, machte
Fronte gegen uns, und zog ehrerbietig,
wie ein Musquetier vor seinem Obersten,

den
F 3

Schilfbuſch vor meinen Augen nieder.
Was ich that, das laͤßt ſich rathen.
Ich haͤtte den Kerl nicht fahren laſſen,
und haͤtte er mir meinen ganzen Ambaſ-
ſadeur-Gehalt gekoſtet. Als ich hier-
auf fuͤrbaß und endlich auf aͤgyptiſchen
Grund und Boden kam, erhob ſich ein
ſo ungeheuerer Sturm, daß ich mit allen
meinen Wagen, Pferden und Gefolge
ſchier umgeriſſen und in die Luft davon
gefuͤhrt zu werden fuͤrchtete. Zur linken
Seite unſeres Weges ſtanden ſieben
Windmuͤhlen in einer Reihe, deren Fluͤ-
gel ſo ſchnell um ihre Achſen ſchwirrten,
als eine Rockenſpindel der ſchnellſten
Spinnerinn. Nicht weit davon zur
Rechten ſtand ein Kerl, von Sir John
Falſtafs Corpulenz, und hielt ſein rech-
tes Naſenloch mit ſeinem Zeigefinger zu.
Sobald der Kerl unſere Noth und uns
ſo kuͤmmerlich in dieſem Sturme haſpeln
ſah, drehte er ſich halb um, machte
Fronte gegen uns, und zog ehrerbietig,
wie ein Muſquetier vor ſeinem Oberſten,

den
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0106" n="85"/>
Schilfbu&#x017F;ch vor meinen Augen nieder.<lb/>
Was ich that, das la&#x0364;ßt &#x017F;ich rathen.<lb/>
Ich ha&#x0364;tte den Kerl nicht fahren la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und ha&#x0364;tte er mir meinen ganzen Amba&#x017F;-<lb/>
&#x017F;adeur-Gehalt geko&#x017F;tet. Als ich hier-<lb/>
auf fu&#x0364;rbaß und endlich auf a&#x0364;gypti&#x017F;chen<lb/>
Grund und Boden kam, erhob &#x017F;ich ein<lb/>
&#x017F;o ungeheuerer Sturm, daß ich mit allen<lb/>
meinen Wagen, Pferden und Gefolge<lb/>
&#x017F;chier umgeri&#x017F;&#x017F;en und in die Luft davon<lb/>
gefu&#x0364;hrt zu werden fu&#x0364;rchtete. Zur linken<lb/>
Seite un&#x017F;eres Weges &#x017F;tanden &#x017F;ieben<lb/>
Windmu&#x0364;hlen in einer Reihe, deren Flu&#x0364;-<lb/>
gel &#x017F;o &#x017F;chnell um ihre Ach&#x017F;en &#x017F;chwirrten,<lb/>
als eine Rocken&#x017F;pindel der &#x017F;chnell&#x017F;ten<lb/>
Spinnerinn. Nicht weit davon zur<lb/>
Rechten &#x017F;tand ein Kerl, von Sir John<lb/>
Fal&#x017F;tafs Corpulenz, und hielt &#x017F;ein rech-<lb/>
tes Na&#x017F;enloch mit &#x017F;einem Zeigefinger zu.<lb/>
Sobald der Kerl un&#x017F;ere Noth und uns<lb/>
&#x017F;o ku&#x0364;mmerlich in die&#x017F;em Sturme ha&#x017F;peln<lb/>
&#x017F;ah, drehte er &#x017F;ich halb um, machte<lb/>
Fronte gegen uns, und zog ehrerbietig,<lb/>
wie ein Mu&#x017F;quetier vor &#x017F;einem Ober&#x017F;ten,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0106] Schilfbuſch vor meinen Augen nieder. Was ich that, das laͤßt ſich rathen. Ich haͤtte den Kerl nicht fahren laſſen, und haͤtte er mir meinen ganzen Ambaſ- ſadeur-Gehalt gekoſtet. Als ich hier- auf fuͤrbaß und endlich auf aͤgyptiſchen Grund und Boden kam, erhob ſich ein ſo ungeheuerer Sturm, daß ich mit allen meinen Wagen, Pferden und Gefolge ſchier umgeriſſen und in die Luft davon gefuͤhrt zu werden fuͤrchtete. Zur linken Seite unſeres Weges ſtanden ſieben Windmuͤhlen in einer Reihe, deren Fluͤ- gel ſo ſchnell um ihre Achſen ſchwirrten, als eine Rockenſpindel der ſchnellſten Spinnerinn. Nicht weit davon zur Rechten ſtand ein Kerl, von Sir John Falſtafs Corpulenz, und hielt ſein rech- tes Naſenloch mit ſeinem Zeigefinger zu. Sobald der Kerl unſere Noth und uns ſo kuͤmmerlich in dieſem Sturme haſpeln ſah, drehte er ſich halb um, machte Fronte gegen uns, und zog ehrerbietig, wie ein Muſquetier vor ſeinem Oberſten, den F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/106
Zitationshilfe: [Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/106>, abgerufen am 02.05.2024.