Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778.Des Morgens, welch ein Malerbild! Wallt sie hervor in leichtem Kleide, Noch ungeschnürt, und halb verhült Nur in ein Mäntelchen von Seide. Entringelt auf die Schulter sinkt Die Hälfte goldner Locken nieder. Wie dann ihr rasches Auge blinkt, So blinkt das Licht aus Quellen wieder. Natur und Einfalt helfen ihr, An ihrem kleinen Morgentischgen. Des Busens und des Hauptes Zier Sind Ros' und Myrt' in einem Büschgen. Zu ihren Wangen wurde nie Ein Pinsel in Karmin getauchet; Und doch, wie Rosen, blühen sie, Von Frühlingsodem aufgehauchet. Wann
Des Morgens, welch ein Malerbild! Wallt ſie hervor in leichtem Kleide, Noch ungeſchnuͤrt, und halb verhuͤlt Nur in ein Maͤntelchen von Seide. Entringelt auf die Schulter ſinkt Die Haͤlfte goldner Locken nieder. Wie dann ihr raſches Auge blinkt, So blinkt das Licht aus Quellen wieder. Natur und Einfalt helfen ihr, An ihrem kleinen Morgentiſchgen. Des Buſens und des Hauptes Zier Sind Roſ’ und Myrt’ in einem Buͤſchgen. Zu ihren Wangen wurde nie Ein Pinſel in Karmin getauchet; Und doch, wie Roſen, bluͤhen ſie, Von Fruͤhlingsodem aufgehauchet. Wann
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Des Morgens, welch ein Malerbild!
Wallt ſie hervor in leichtem Kleide,
Noch ungeſchnuͤrt, und halb verhuͤlt
Nur in ein Maͤntelchen von Seide.
Entringelt auf die Schulter ſinkt
Die Haͤlfte goldner Locken nieder.
Wie dann ihr raſches Auge blinkt,
So blinkt das Licht aus Quellen wieder.
Natur und Einfalt helfen ihr,
An ihrem kleinen Morgentiſchgen.
Des Buſens und des Hauptes Zier
Sind Roſ’ und Myrt’ in einem Buͤſchgen.
Zu ihren Wangen wurde nie
Ein Pinſel in Karmin getauchet;
Und doch, wie Roſen, bluͤhen ſie,
Von Fruͤhlingsodem aufgehauchet.
Wann
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Zitationshilfe: | Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/183>, abgerufen am 16.02.2025. |