Ein fließendes Symbol der Ewigkeit, Und endlich sich, von jeder Form befreit, Gestaltlos mit dem Element versöhnen. O Geist, der über diesen Wassern lebt, Der hier aus diesen kühlen Gründen thaut, Der aus der Tiefe Himmel wiederblaut! Du Geist des Friedens, der mich jetzt umschwebt, Der sich den Aether maßlos läßt entfalten, Der Erde stillen Drang zum Lenz gestalten -- So liebend beut die Luft des Vogels Schwingen, Der Harfe Ton, um drin sich auszuklingen -- Was hast du uns um diesen Stern betrogen, Und, eh' es tagen wollte, uns entzogen Den Genius, der dir so rein verwandt, Sich in dein All, wie Hauch in Hauch empfand, D'rein, wie in einer Blume Kelch sich senkte, Und d'raus ein Herz, so gottesdurstig, tränkte? Du hast ein Auge der Natur genommen, Das ihr in ihre tiefste Seele sah, Um einen Beter bist du selbst gekommen -- Um einen Beter? ei, so staunet, ja! Um keinen Beter, ruhig, sicher, still, -- Die Flamme bebt, wenn sie nach oben will! Um keinen Beter -- nein, um keinen Wurm -- Es tobt das Meer und lobt den Herrn im Sturm! Der Blumen schönste brauchet einen Dorn, Ein edles Herz zu Schutz und Trutz den Zorn; Manch heiß Gebet hüllt sich in einen Fluch, Wie unsre Hoffnung in das Leichentuch.
III.
Was er geschaffen, ist ein Edelstein, D'rin blitzen Strahlen für die Ewigkeit; Doch hätt' er uns ein Leistern sollen sein In dieser halben, irrgeword'nen Zeit,
Ein fließendes Symbol der Ewigkeit, Und endlich ſich, von jeder Form befreit, Geſtaltlos mit dem Element verſöhnen. O Geiſt, der über dieſen Waſſern lebt, Der hier aus dieſen kühlen Gründen thaut, Der aus der Tiefe Himmel wiederblaut! Du Geiſt des Friedens, der mich jetzt umſchwebt, Der ſich den Aether maßlos läßt entfalten, Der Erde ſtillen Drang zum Lenz geſtalten — So liebend beut die Luft des Vogels Schwingen, Der Harfe Ton, um drin ſich auszuklingen — Was haſt du uns um dieſen Stern betrogen, Und, eh' es tagen wollte, uns entzogen Den Genius, der dir ſo rein verwandt, Sich in dein All, wie Hauch in Hauch empfand, D'rein, wie in einer Blume Kelch ſich ſenkte, Und d'raus ein Herz, ſo gottesdurſtig, tränkte? Du haſt ein Auge der Natur genommen, Das ihr in ihre tiefſte Seele ſah, Um einen Beter biſt du ſelbſt gekommen — Um einen Beter? ei, ſo ſtaunet, ja! Um keinen Beter, ruhig, ſicher, ſtill, — Die Flamme bebt, wenn ſie nach oben will! Um keinen Beter — nein, um keinen Wurm — Es tobt das Meer und lobt den Herrn im Sturm! Der Blumen ſchönſte brauchet einen Dorn, Ein edles Herz zu Schutz und Trutz den Zorn; Manch heiß Gebet hüllt ſich in einen Fluch, Wie unſre Hoffnung in das Leichentuch.
III.
Was er geſchaffen, iſt ein Edelſtein, D'rin blitzen Strahlen für die Ewigkeit; Doch hätt' er uns ein Leiſtern ſollen ſein In dieſer halben, irrgeword'nen Zeit,
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Ein fließendes Symbol der Ewigkeit,
Und endlich ſich, von jeder Form befreit,
Geſtaltlos mit dem Element verſöhnen.
O Geiſt, der über dieſen Waſſern lebt,
Der hier aus dieſen kühlen Gründen thaut,
Der aus der Tiefe Himmel wiederblaut!
Du Geiſt des Friedens, der mich jetzt umſchwebt,
Der ſich den Aether maßlos läßt entfalten,
Der Erde ſtillen Drang zum Lenz geſtalten —
So liebend beut die Luft des Vogels Schwingen,
Der Harfe Ton, um drin ſich auszuklingen —
Was haſt du uns um dieſen Stern betrogen,
Und, eh' es tagen wollte, uns entzogen
Den Genius, der dir ſo rein verwandt,
Sich in dein All, wie Hauch in Hauch empfand,
D'rein, wie in einer Blume Kelch ſich ſenkte,
Und d'raus ein Herz, ſo gottesdurſtig, tränkte?
Du haſt ein Auge der Natur genommen,
Das ihr in ihre tiefſte Seele ſah,
Um einen Beter biſt du ſelbſt gekommen —
Um einen Beter? ei, ſo ſtaunet, ja!
Um keinen Beter, ruhig, ſicher, ſtill, —
Die Flamme bebt, wenn ſie nach oben will!
Um keinen Beter — nein, um keinen Wurm —
Es tobt das Meer und lobt den Herrn im Sturm!
Der Blumen ſchönſte brauchet einen Dorn,
Ein edles Herz zu Schutz und Trutz den Zorn;
Manch heiß Gebet hüllt ſich in einen Fluch,
Wie unſre Hoffnung in das Leichentuch.
III.
Was er geſchaffen, iſt ein Edelſtein,
D'rin blitzen Strahlen für die Ewigkeit;
Doch hätt' er uns ein Leiſtern ſollen ſein
In dieſer halben, irrgeword'nen Zeit,
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/637>, abgerufen am 25.11.2024.
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