Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

im vollsten Maße gegen die, welche verachten. Es ist
deren eine große Zahl, die im Besitze einer lächerlichen
Aeußerlichkeit, die man Bildung, oder eines todten Krams,
den man Gelehrsamkeit heißt, die große Masse ihrer Brüder
ihrem verachtenden Egoismus opfern. Der Aristokratismus
ist die schändlichste Verachtung des heiligen Geistes im
Menschen; gegen ihn kehre ich seine eigenen Waffen; Hoch-
muth gegen Hochmuth, Spott gegen Spott. -- Ihr würdet
euch besser bei meinem Stiefelputzer nach mir umsehn; mein
Hochmuth und Verachtung Geistesarmer und Ungelehrter fände
dort wohl ihr bestes Object. Ich bitte, fragt ihn einmal. ..
Die Lächerlichkeit des Herablassens werdet Ihr mir doch
wohl nicht zutrauen. Ich hoffe noch immer, daß ich leiden-
den, gedrückten Gestalten mehr mitleidige Blicke zugeworfen, als
kalten, vornehmen Herzen bittere Worte gesagt habe. -- .....

14.


..... Wichtiger ist die Untersuchung wegen der Ver-
bindungen; die Relegation steht wenigstens dreißig Studenten
bevor. Ich wollte die Unschädlichkeit dieser Verschwörer eid-
lich bekräftigen. Die Regierung muß aber doch etwas zu
thun haben! Sie dankt ihrem Himmel, wenn ein paar
Kinder schleifen oder Ketten schaukeln! -- Die in Friedberg
Verhafteten sind frei, mit Ausnahme von Vieren -- ...

15.


... In Gießen war ich im Aeußern ruhig, doch war
ich in tiefe Schwermuth verfallen; dabei engten mich die

im vollſten Maße gegen die, welche verachten. Es iſt
deren eine große Zahl, die im Beſitze einer lächerlichen
Aeußerlichkeit, die man Bildung, oder eines todten Krams,
den man Gelehrſamkeit heißt, die große Maſſe ihrer Brüder
ihrem verachtenden Egoismus opfern. Der Ariſtokratismus
iſt die ſchändlichſte Verachtung des heiligen Geiſtes im
Menſchen; gegen ihn kehre ich ſeine eigenen Waffen; Hoch-
muth gegen Hochmuth, Spott gegen Spott. — Ihr würdet
euch beſſer bei meinem Stiefelputzer nach mir umſehn; mein
Hochmuth und Verachtung Geiſtesarmer und Ungelehrter fände
dort wohl ihr beſtes Object. Ich bitte, fragt ihn einmal. ..
Die Lächerlichkeit des Herablaſſens werdet Ihr mir doch
wohl nicht zutrauen. Ich hoffe noch immer, daß ich leiden-
den, gedrückten Geſtalten mehr mitleidige Blicke zugeworfen, als
kalten, vornehmen Herzen bittere Worte geſagt habe. — .....

14.


..... Wichtiger iſt die Unterſuchung wegen der Ver-
bindungen; die Relegation ſteht wenigſtens dreißig Studenten
bevor. Ich wollte die Unſchädlichkeit dieſer Verſchwörer eid-
lich bekräftigen. Die Regierung muß aber doch etwas zu
thun haben! Sie dankt ihrem Himmel, wenn ein paar
Kinder ſchleifen oder Ketten ſchaukeln! — Die in Friedberg
Verhafteten ſind frei, mit Ausnahme von Vieren — ...

15.


... In Gießen war ich im Aeußern ruhig, doch war
ich in tiefe Schwermuth verfallen; dabei engten mich die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0532" n="336"/>
im voll&#x017F;ten Maße gegen die, <hi rendition="#g">welche verachten</hi>. Es i&#x017F;t<lb/>
deren eine große Zahl, die im Be&#x017F;itze einer lächerlichen<lb/>
Aeußerlichkeit, die man Bildung, oder eines todten Krams,<lb/>
den man Gelehr&#x017F;amkeit heißt, die große Ma&#x017F;&#x017F;e ihrer Brüder<lb/>
ihrem verachtenden Egoismus opfern. Der Ari&#x017F;tokratismus<lb/>
i&#x017F;t die &#x017F;chändlich&#x017F;te Verachtung des heiligen Gei&#x017F;tes im<lb/>
Men&#x017F;chen; gegen ihn kehre ich &#x017F;eine eigenen Waffen; Hoch-<lb/>
muth gegen Hochmuth, Spott gegen Spott. &#x2014; Ihr würdet<lb/>
euch be&#x017F;&#x017F;er bei meinem Stiefelputzer nach mir um&#x017F;ehn; mein<lb/>
Hochmuth und Verachtung Gei&#x017F;tesarmer und Ungelehrter fände<lb/>
dort wohl ihr be&#x017F;tes Object. Ich bitte, fragt ihn einmal. ..<lb/>
Die Lächerlichkeit des Herabla&#x017F;&#x017F;ens werdet Ihr mir doch<lb/>
wohl nicht zutrauen. Ich hoffe noch immer, daß ich leiden-<lb/>
den, gedrückten Ge&#x017F;talten mehr mitleidige Blicke zugeworfen, als<lb/>
kalten, vornehmen Herzen bittere Worte ge&#x017F;agt habe. &#x2014; .....</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c">14.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#g">Gießen</hi>, den 19. März 1834.</dateline><lb/>
            <p>..... Wichtiger i&#x017F;t die Unter&#x017F;uchung wegen der Ver-<lb/>
bindungen; die Relegation &#x017F;teht wenig&#x017F;tens dreißig Studenten<lb/>
bevor. Ich wollte die Un&#x017F;chädlichkeit die&#x017F;er Ver&#x017F;chwörer eid-<lb/>
lich bekräftigen. Die Regierung muß aber doch etwas zu<lb/>
thun haben! Sie dankt ihrem Himmel, wenn ein paar<lb/>
Kinder &#x017F;chleifen oder Ketten &#x017F;chaukeln! &#x2014; Die in Friedberg<lb/>
Verhafteten &#x017F;ind frei, mit Ausnahme von Vieren &#x2014; ...</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c">15.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#g">Straßburg</hi>, im April 1834.</dateline><lb/>
            <p>... In Gießen war ich im Aeußern ruhig, doch war<lb/>
ich in tiefe Schwermuth verfallen; dabei engten mich die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[336/0532] im vollſten Maße gegen die, welche verachten. Es iſt deren eine große Zahl, die im Beſitze einer lächerlichen Aeußerlichkeit, die man Bildung, oder eines todten Krams, den man Gelehrſamkeit heißt, die große Maſſe ihrer Brüder ihrem verachtenden Egoismus opfern. Der Ariſtokratismus iſt die ſchändlichſte Verachtung des heiligen Geiſtes im Menſchen; gegen ihn kehre ich ſeine eigenen Waffen; Hoch- muth gegen Hochmuth, Spott gegen Spott. — Ihr würdet euch beſſer bei meinem Stiefelputzer nach mir umſehn; mein Hochmuth und Verachtung Geiſtesarmer und Ungelehrter fände dort wohl ihr beſtes Object. Ich bitte, fragt ihn einmal. .. Die Lächerlichkeit des Herablaſſens werdet Ihr mir doch wohl nicht zutrauen. Ich hoffe noch immer, daß ich leiden- den, gedrückten Geſtalten mehr mitleidige Blicke zugeworfen, als kalten, vornehmen Herzen bittere Worte geſagt habe. — ..... 14. Gießen, den 19. März 1834. ..... Wichtiger iſt die Unterſuchung wegen der Ver- bindungen; die Relegation ſteht wenigſtens dreißig Studenten bevor. Ich wollte die Unſchädlichkeit dieſer Verſchwörer eid- lich bekräftigen. Die Regierung muß aber doch etwas zu thun haben! Sie dankt ihrem Himmel, wenn ein paar Kinder ſchleifen oder Ketten ſchaukeln! — Die in Friedberg Verhafteten ſind frei, mit Ausnahme von Vieren — ... 15. Straßburg, im April 1834. ... In Gießen war ich im Aeußern ruhig, doch war ich in tiefe Schwermuth verfallen; dabei engten mich die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/532
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/532>, abgerufen am 23.11.2024.