Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
Herrn: Sanct Peter, sehr ehrbarem Thürsteher und wohl-
bestalltem Kerkermeister des Paradieses.
(Er singt.)
Kommt ein Trinker heraufgestiegen,
Laß ihn nicht vor der Thüre liegen,
Ist seine Stimme hell und klar,
Zu singen in der himmlischen Schaar: domino!
Alle. Gloria domino!
Sperr' auf das Thor, so weit du kannst,
Dem Trinker mit dem dicken Wanst,
Daß man im Himmel schwören sollt',
Es käm' ein Faß hereingerollt.
Alle. (stoßen unter Gelächter mit den Gläsern an.) Gloria
domino!
(Die große Thüre im Hintergrund öffnet sich ohne Ge-
räusch in ihrer ganzen Breite. Man erblickt einen weiten, schwarz
ausgeschlagenen, durch einige Fackeln erleuchteten Saal mit einem
großen silbernen Kreuz im Hintergrund. Schwarze und weiße
Büßende, von denen man nichts als die Augen durch die Löcher
ihrer Capuzen sieht, treten in einer langen Reihe, Fackeln in den
Händen, durch die große Thüre ein, während sie laut und in un-
heimlichem Ton singen: "De profundis clamavi ad te, domine!" --
dann stellen sie sich schweigend zu beiden Seiten des Saales auf und
bleiben daselbst unbeweglich, wie Statuen stehen, während die jungen
Edelleute sie erstaunt betrachten.)
Maffio. Was soll das heißen?
Jeppo (mit gezwungenem Lachen.) Das ist ein Scherz;
ich wette mein Pferd gegen ein Ferkel und meinen Namen
Livretto gegen den Namen Borgia, daß dies unsre allerliebsten
Damen sind, die sich verkleidet haben, um uns auf die Probe
zu stellen, und daß, wenn wir zufällig eine von diesen
Capuzen aufschlagen, wir darunter das frische und boshafte
Gesicht eines schönen Weibes finden werden. Seht nur!
Herrn: Sanct Peter, ſehr ehrbarem Thürſteher und wohl-
beſtalltem Kerkermeiſter des Paradieſes.
(Er ſingt.)
Kommt ein Trinker heraufgeſtiegen,
Laß ihn nicht vor der Thüre liegen,
Iſt ſeine Stimme hell und klar,
Zu ſingen in der himmliſchen Schaar: domino!
Alle. Gloria domino!
Sperr' auf das Thor, ſo weit du kannſt,
Dem Trinker mit dem dicken Wanſt,
Daß man im Himmel ſchwören ſollt',
Es käm' ein Faß hereingerollt.
Alle. (ſtoßen unter Gelächter mit den Gläſern an.) Gloria
domino!
(Die große Thüre im Hintergrund öffnet ſich ohne Ge-
räuſch in ihrer ganzen Breite. Man erblickt einen weiten, ſchwarz
ausgeſchlagenen, durch einige Fackeln erleuchteten Saal mit einem
großen ſilbernen Kreuz im Hintergrund. Schwarze und weiße
Büßende, von denen man nichts als die Augen durch die Löcher
ihrer Capuzen ſieht, treten in einer langen Reihe, Fackeln in den
Händen, durch die große Thüre ein, während ſie laut und in un-
heimlichem Ton ſingen: "De profundis clamavi ad te, domine!"
dann ſtellen ſie ſich ſchweigend zu beiden Seiten des Saales auf und
bleiben daſelbſt unbeweglich, wie Statuen ſtehen, während die jungen
Edelleute ſie erſtaunt betrachten.)
Maffio. Was ſoll das heißen?
Jeppo (mit gezwungenem Lachen.) Das iſt ein Scherz;
ich wette mein Pferd gegen ein Ferkel und meinen Namen
Livretto gegen den Namen Borgia, daß dies unſre allerliebſten
Damen ſind, die ſich verkleidet haben, um uns auf die Probe
zu ſtellen, und daß, wenn wir zufällig eine von dieſen
Capuzen aufſchlagen, wir darunter das friſche und boshafte
Geſicht eines ſchönen Weibes finden werden. Seht nur!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#GUB">
                <p><pb facs="#f0454" n="258"/>
Herrn: Sanct Peter, &#x017F;ehr ehrbarem Thür&#x017F;teher und wohl-<lb/>
be&#x017F;talltem Kerkermei&#x017F;ter des Paradie&#x017F;es.</p>
                <stage> <hi rendition="#et">(Er &#x017F;ingt.)</hi> </stage><lb/>
                <lg type="poem">
                  <l>Kommt ein Trinker heraufge&#x017F;tiegen,</l><lb/>
                  <l>Laß ihn nicht vor der Thüre liegen,</l><lb/>
                  <l>I&#x017F;t &#x017F;eine Stimme hell und klar,</l><lb/>
                  <l>Zu &#x017F;ingen in der himmli&#x017F;chen Schaar: <hi rendition="#aq">domino!</hi></l>
                </lg>
              </sp><lb/>
              <sp who="#ALL">
                <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Alle.</hi> </hi> </speaker>
                <p> <hi rendition="#aq">Gloria domino!</hi> </p><lb/>
                <lg type="poem">
                  <l>Sperr' auf das Thor, &#x017F;o weit du kann&#x017F;t,</l><lb/>
                  <l>Dem Trinker mit dem dicken Wan&#x017F;t,</l><lb/>
                  <l>Daß man im Himmel &#x017F;chwören &#x017F;ollt',</l><lb/>
                  <l>Es käm' ein Faß hereingerollt.</l>
                </lg>
              </sp><lb/>
              <sp who="#ALL">
                <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Alle.</hi> </hi> </speaker>
                <stage>(&#x017F;toßen unter Gelächter mit den Glä&#x017F;ern an.)</stage>
                <p> <hi rendition="#aq">Gloria<lb/>
domino!</hi> </p>
                <stage>(Die große Thüre im Hintergrund öffnet &#x017F;ich ohne Ge-<lb/>
räu&#x017F;ch in ihrer ganzen Breite. Man erblickt einen weiten, &#x017F;chwarz<lb/>
ausge&#x017F;chlagenen, durch einige Fackeln erleuchteten Saal mit einem<lb/>
großen &#x017F;ilbernen Kreuz im Hintergrund. Schwarze und weiße<lb/>
Büßende, von denen man nichts als die Augen durch die Löcher<lb/>
ihrer Capuzen &#x017F;ieht, treten in einer langen Reihe, Fackeln in den<lb/>
Händen, durch die große Thüre ein, während &#x017F;ie laut und in un-<lb/>
heimlichem Ton &#x017F;ingen: <hi rendition="#aq">"De profundis clamavi ad te, domine!"</hi> &#x2014;<lb/>
dann &#x017F;tellen &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;chweigend zu beiden Seiten des Saales auf und<lb/>
bleiben da&#x017F;elb&#x017F;t unbeweglich, wie Statuen &#x017F;tehen, während die jungen<lb/>
Edelleute &#x017F;ie er&#x017F;taunt betrachten.)</stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#MAF">
                <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Maffio.</hi> </hi> </speaker>
                <p>Was &#x017F;oll das heißen?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#JEP">
                <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Jeppo</hi> </hi> </speaker>
                <stage>(mit gezwungenem Lachen.)</stage>
                <p>Das i&#x017F;t ein Scherz;<lb/>
ich wette mein Pferd gegen ein Ferkel und meinen Namen<lb/>
Livretto gegen den Namen Borgia, daß dies un&#x017F;re allerlieb&#x017F;ten<lb/>
Damen &#x017F;ind, die &#x017F;ich verkleidet haben, um uns auf die Probe<lb/>
zu &#x017F;tellen, und daß, wenn wir zufällig eine von die&#x017F;en<lb/>
Capuzen auf&#x017F;chlagen, wir darunter das fri&#x017F;che und boshafte<lb/>
Ge&#x017F;icht eines &#x017F;chönen Weibes finden werden. Seht nur!<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0454] Herrn: Sanct Peter, ſehr ehrbarem Thürſteher und wohl- beſtalltem Kerkermeiſter des Paradieſes. (Er ſingt.) Kommt ein Trinker heraufgeſtiegen, Laß ihn nicht vor der Thüre liegen, Iſt ſeine Stimme hell und klar, Zu ſingen in der himmliſchen Schaar: domino! Alle. Gloria domino! Sperr' auf das Thor, ſo weit du kannſt, Dem Trinker mit dem dicken Wanſt, Daß man im Himmel ſchwören ſollt', Es käm' ein Faß hereingerollt. Alle. (ſtoßen unter Gelächter mit den Gläſern an.) Gloria domino! (Die große Thüre im Hintergrund öffnet ſich ohne Ge- räuſch in ihrer ganzen Breite. Man erblickt einen weiten, ſchwarz ausgeſchlagenen, durch einige Fackeln erleuchteten Saal mit einem großen ſilbernen Kreuz im Hintergrund. Schwarze und weiße Büßende, von denen man nichts als die Augen durch die Löcher ihrer Capuzen ſieht, treten in einer langen Reihe, Fackeln in den Händen, durch die große Thüre ein, während ſie laut und in un- heimlichem Ton ſingen: "De profundis clamavi ad te, domine!" — dann ſtellen ſie ſich ſchweigend zu beiden Seiten des Saales auf und bleiben daſelbſt unbeweglich, wie Statuen ſtehen, während die jungen Edelleute ſie erſtaunt betrachten.) Maffio. Was ſoll das heißen? Jeppo (mit gezwungenem Lachen.) Das iſt ein Scherz; ich wette mein Pferd gegen ein Ferkel und meinen Namen Livretto gegen den Namen Borgia, daß dies unſre allerliebſten Damen ſind, die ſich verkleidet haben, um uns auf die Probe zu ſtellen, und daß, wenn wir zufällig eine von dieſen Capuzen aufſchlagen, wir darunter das friſche und boshafte Geſicht eines ſchönen Weibes finden werden. Seht nur!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/454
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/454>, abgerufen am 23.11.2024.