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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Maffio. Er hat seinen Wein über die Schulter ge-
schüttet.
Jeppo. Er ist betrunken, wie Du.
Maffio. Das ist möglich.
Gubetta. Ein Trinklied, meine Herren! Ich will Euch
ein Trinklied singen, was so viel werth ist, als das Sonett
des Marquis Oloferno. Bei dem guten alten Schädel
meines Vaters schwöre ich, daß ich das Lied nicht gemacht
habe, sintemal ich kein Dichter bin und nicht Geist genug
habe, um sich zwei Reime am Ende eines Gedankens schnäbeln
zu lassen. Da ist mein Lied. Es ist an den heiligen Peter,
den Pförtner des Paradieses, gerichtet und hat den feinen
Gedanken zu Grunde liegen, daß der Himmel des lieben
Herrgott dem Trinker gehört.
Jeppo (leise zu Maffio). Er ist mehr als betrunken, er
ist besoffen.
Alle (Gennaro ausgenommen). Das Lied! das Lied!
Kommt ein Trinker hinaufgestiegen,
Laßt ihn nicht vor der Thüre liegen,
Ist seine Stimme hell und klar,
Zu singen in der himmlischen Schaar: domino!
Alle (Gennaro ausgenommen). Gloria domino! (Sie stoßen
mit den Gläsern an, indem sie laut lachen; plötzlich hört man
Stimmen in der Ferne in schauerlichen Tönen singend).
Stimmen von Außen. Sanctum et terribile nomen
ejus. Initium sapientiae timor domini.
Jeppo (lacht aus vollem Halse). Hört meine Herren!
Corpo di bacco! während wir Trinklieder singen, singt das
Echo die Vesper.
Alle. Hört!

Maffio. Er hat ſeinen Wein über die Schulter ge-
ſchüttet.
Jeppo. Er iſt betrunken, wie Du.
Maffio. Das iſt möglich.
Gubetta. Ein Trinklied, meine Herren! Ich will Euch
ein Trinklied ſingen, was ſo viel werth iſt, als das Sonett
des Marquis Oloferno. Bei dem guten alten Schädel
meines Vaters ſchwöre ich, daß ich das Lied nicht gemacht
habe, ſintemal ich kein Dichter bin und nicht Geiſt genug
habe, um ſich zwei Reime am Ende eines Gedankens ſchnäbeln
zu laſſen. Da iſt mein Lied. Es iſt an den heiligen Peter,
den Pförtner des Paradieſes, gerichtet und hat den feinen
Gedanken zu Grunde liegen, daß der Himmel des lieben
Herrgott dem Trinker gehört.
Jeppo (leiſe zu Maffio). Er iſt mehr als betrunken, er
iſt beſoffen.
Alle (Gennaro ausgenommen). Das Lied! das Lied!
Kommt ein Trinker hinaufgeſtiegen,
Laßt ihn nicht vor der Thüre liegen,
Iſt ſeine Stimme hell und klar,
Zu ſingen in der himmliſchen Schaar: domino!
Alle (Gennaro ausgenommen). Gloria domino! (Sie ſtoßen
mit den Gläſern an, indem ſie laut lachen; plötzlich hört man
Stimmen in der Ferne in ſchauerlichen Tönen ſingend).
Stimmen von Außen. Sanctum et terribile nomen
ejus. Initium sapientiae timor domini.
Jeppo (lacht aus vollem Halſe). Hört meine Herren!
Corpo di bacco! während wir Trinklieder ſingen, ſingt das
Echo die Veſper.
Alle. Hört!

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[256/0452] Maffio. Er hat ſeinen Wein über die Schulter ge- ſchüttet. Jeppo. Er iſt betrunken, wie Du. Maffio. Das iſt möglich. Gubetta. Ein Trinklied, meine Herren! Ich will Euch ein Trinklied ſingen, was ſo viel werth iſt, als das Sonett des Marquis Oloferno. Bei dem guten alten Schädel meines Vaters ſchwöre ich, daß ich das Lied nicht gemacht habe, ſintemal ich kein Dichter bin und nicht Geiſt genug habe, um ſich zwei Reime am Ende eines Gedankens ſchnäbeln zu laſſen. Da iſt mein Lied. Es iſt an den heiligen Peter, den Pförtner des Paradieſes, gerichtet und hat den feinen Gedanken zu Grunde liegen, daß der Himmel des lieben Herrgott dem Trinker gehört. Jeppo (leiſe zu Maffio). Er iſt mehr als betrunken, er iſt beſoffen. Alle (Gennaro ausgenommen). Das Lied! das Lied! Kommt ein Trinker hinaufgeſtiegen, Laßt ihn nicht vor der Thüre liegen, Iſt ſeine Stimme hell und klar, Zu ſingen in der himmliſchen Schaar: domino! Alle (Gennaro ausgenommen). Gloria domino! (Sie ſtoßen mit den Gläſern an, indem ſie laut lachen; plötzlich hört man Stimmen in der Ferne in ſchauerlichen Tönen ſingend). Stimmen von Außen. Sanctum et terribile nomen ejus. Initium sapientiae timor domini. Jeppo (lacht aus vollem Halſe). Hört meine Herren! Corpo di bacco! während wir Trinklieder ſingen, ſingt das Echo die Veſper. Alle. Hört!

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/452>, abgerufen am 19.05.2024.