Wochen zwei Gesellschaften nach seinem Plane. Zunächst freilich mußte er eine sonderbare Erfahrung machen. Er war theils durch Becker's und Weidig's Vermittelung, theils durch seine Beziehungen vom Darmstädter Gymnasium her, in näheren Verkehr mit Mitgliedern einer Burschenschaft ge- treten, welche kurz vorher, in Ausführung der Stuttgarter Burschenschaftsbeschlüsse vom Dezember 1832 organisirt, bis auf kleine Aeußerlichkeiten recht wohl als revolutionärer Clubb jener Art gelten konnte, wie sie Büchner zu gründen gedachte. Darum schlug dieser den Mitgliedern vor, die Burschenschaft in eine "Gesellschaft" umzuwandeln, sein Statut zu acceptiren und auch Nichtstudenten den Eintritt zu gestatten. Bezüglich der beiden ersten Punkte traf er auf keinen, bezüglich des letzten auf unbesiegbaren Widerstand, an dem auch das Project scheiterte. Dieselben Jünglinge, welche für radicalste Gleichberechtigung, ja für eine commu- nistische Republik schwärmten, wiesen wie eine Schmach die Zumuthung zurück, mit ehrlichen Handwerksleuten an einem Tische zu berathen! Büchner's Denkweise in diesem Punkte haben wir bereits früher (S. LXIX) kennen gelernt; er handelte darnach, indem er den ihm angebotenen Eintritt in die Burschenschaft schroff ablehnte und in Gießen eine "Gesell- schaft" gründete, welche sich aus Studenten und Bürgern recrutirte. Es geschah dies im März 1834. Ihre Zahl stieg schon in den nächsten Wochen auf etwa zwanzig Mit- glieder, von denen hier neben Büchner und Becker noch die Studenten Gustav Clemm, Hermann Trapp, Karl Minnige- rode, Ludwig Becker, F. I. Schütz, die Küfermeister G. M. Faber und David Schneider genannt sein mögen. Im nächsten Monat gründete er dann, wie bereits erwähnt, eine ähnliche
Wochen zwei Geſellſchaften nach ſeinem Plane. Zunächſt freilich mußte er eine ſonderbare Erfahrung machen. Er war theils durch Becker's und Weidig's Vermittelung, theils durch ſeine Beziehungen vom Darmſtädter Gymnaſium her, in näheren Verkehr mit Mitgliedern einer Burſchenſchaft ge- treten, welche kurz vorher, in Ausführung der Stuttgarter Burſchenſchaftsbeſchlüſſe vom Dezember 1832 organiſirt, bis auf kleine Aeußerlichkeiten recht wohl als revolutionärer Clubb jener Art gelten konnte, wie ſie Büchner zu gründen gedachte. Darum ſchlug dieſer den Mitgliedern vor, die Burſchenſchaft in eine "Geſellſchaft" umzuwandeln, ſein Statut zu acceptiren und auch Nichtſtudenten den Eintritt zu geſtatten. Bezüglich der beiden erſten Punkte traf er auf keinen, bezüglich des letzten auf unbeſiegbaren Widerſtand, an dem auch das Project ſcheiterte. Dieſelben Jünglinge, welche für radicalſte Gleichberechtigung, ja für eine commu- niſtiſche Republik ſchwärmten, wieſen wie eine Schmach die Zumuthung zurück, mit ehrlichen Handwerksleuten an einem Tiſche zu berathen! Büchner's Denkweiſe in dieſem Punkte haben wir bereits früher (S. LXIX) kennen gelernt; er handelte darnach, indem er den ihm angebotenen Eintritt in die Burſchenſchaft ſchroff ablehnte und in Gießen eine "Geſell- ſchaft" gründete, welche ſich aus Studenten und Bürgern recrutirte. Es geſchah dies im März 1834. Ihre Zahl ſtieg ſchon in den nächſten Wochen auf etwa zwanzig Mit- glieder, von denen hier neben Büchner und Becker noch die Studenten Guſtav Clemm, Hermann Trapp, Karl Minnige- rode, Ludwig Becker, F. I. Schütz, die Küfermeiſter G. M. Faber und David Schneider genannt ſein mögen. Im nächſten Monat gründete er dann, wie bereits erwähnt, eine ähnliche
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[CVII/0123]
Wochen zwei Geſellſchaften nach ſeinem Plane. Zunächſt
freilich mußte er eine ſonderbare Erfahrung machen. Er
war theils durch Becker's und Weidig's Vermittelung, theils
durch ſeine Beziehungen vom Darmſtädter Gymnaſium her,
in näheren Verkehr mit Mitgliedern einer Burſchenſchaft ge-
treten, welche kurz vorher, in Ausführung der Stuttgarter
Burſchenſchaftsbeſchlüſſe vom Dezember 1832 organiſirt, bis
auf kleine Aeußerlichkeiten recht wohl als revolutionärer
Clubb jener Art gelten konnte, wie ſie Büchner zu gründen
gedachte. Darum ſchlug dieſer den Mitgliedern vor, die
Burſchenſchaft in eine "Geſellſchaft" umzuwandeln, ſein
Statut zu acceptiren und auch Nichtſtudenten den Eintritt
zu geſtatten. Bezüglich der beiden erſten Punkte traf er auf
keinen, bezüglich des letzten auf unbeſiegbaren Widerſtand,
an dem auch das Project ſcheiterte. Dieſelben Jünglinge,
welche für radicalſte Gleichberechtigung, ja für eine commu-
niſtiſche Republik ſchwärmten, wieſen wie eine Schmach die
Zumuthung zurück, mit ehrlichen Handwerksleuten an einem
Tiſche zu berathen! Büchner's Denkweiſe in dieſem Punkte
haben wir bereits früher (S. LXIX) kennen gelernt; er handelte
darnach, indem er den ihm angebotenen Eintritt in die
Burſchenſchaft ſchroff ablehnte und in Gießen eine "Geſell-
ſchaft" gründete, welche ſich aus Studenten und Bürgern
recrutirte. Es geſchah dies im März 1834. Ihre Zahl
ſtieg ſchon in den nächſten Wochen auf etwa zwanzig Mit-
glieder, von denen hier neben Büchner und Becker noch die
Studenten Guſtav Clemm, Hermann Trapp, Karl Minnige-
rode, Ludwig Becker, F. I. Schütz, die Küfermeiſter G. M.
Faber und David Schneider genannt ſein mögen. Im nächſten
Monat gründete er dann, wie bereits erwähnt, eine ähnliche
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/123>, abgerufen am 21.11.2024.
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