(Gladbach, Schuler, Stamm, Groß u. A.) ergriffen und fest- gesetzt, dann einige besonders schwer compromittirte Männer, wie Apotheker Trapp aus Friedberg, Pfarrer Flick aus Petterweil u. s. w. Weidig hingegen blieb frei, ebenso seine Butzbacher Jünger. Diese auffällige Thatsache erklärt sich einerseits durch die Verschwiegenheit der Verhafteten, welche keinerlei comprimittirende Aussagen machten, andrer- seits durch die Vorsicht Weidigs, welcher alle Waffen, Pa- tronen, Papiere etc. sorglich hatte wegschaffen lassen, so daß wiederholte Hausdurchsuchungen in Butzbach keinerlei Resultat ergaben. Da der Regierung bei dieser Sachlage jegliche Handhabe zu einer gerichtlichen Untersuchung gegen den miß- liebigen Mann fehlte, so ließ sie ihn polizeilich verhaften und inquiriren. Das war jedoch ein so eclatanter Ver- fassungsbruch, daß die Kammern auf die erste Kunde scharfen und feierlichen Protest gegen solche Willkühr erhoben. Herr du Thil mußte wohl oder übel nachgeben, Weidig wurde freigelassen. Aber er blieb unter polizeilicher Aufsicht, und auch sonst mußte er nun nothgedrungen die Hände in den Schooß legen. Denn jede Aussicht auf gewaltsame Erhebung war vernichtet; im Großherzogthum, wie im übrigen Deutsch- land, wuchs und erstarkte die Reaction von Tag zu Tage. Als die Regierung am 2. November 1833 auch die Kammern auflöste, wurde es still im Lande. Wohl zitterte die Er- regung ohnmächtigen Grolls in den Gemüthern, aber selbst die Muthigsten mußten sich eingestehen, daß nun Schweigen und Dulden für lange Zeit hinaus ihr einzig Theil bleibe.
In diesem Zeitpunkte wandte sich Georg Büchner dem Rector von Butzbach und seiner Partei zu, diese Sach- lage fand er vor. Wenn wir nun wieder die Frage nach
(Gladbach, Schuler, Stamm, Groß u. A.) ergriffen und feſt- geſetzt, dann einige beſonders ſchwer compromittirte Männer, wie Apotheker Trapp aus Friedberg, Pfarrer Flick aus Petterweil u. ſ. w. Weidig hingegen blieb frei, ebenſo ſeine Butzbacher Jünger. Dieſe auffällige Thatſache erklärt ſich einerſeits durch die Verſchwiegenheit der Verhafteten, welche keinerlei comprimittirende Ausſagen machten, andrer- ſeits durch die Vorſicht Weidigs, welcher alle Waffen, Pa- tronen, Papiere etc. ſorglich hatte wegſchaffen laſſen, ſo daß wiederholte Hausdurchſuchungen in Butzbach keinerlei Reſultat ergaben. Da der Regierung bei dieſer Sachlage jegliche Handhabe zu einer gerichtlichen Unterſuchung gegen den miß- liebigen Mann fehlte, ſo ließ ſie ihn polizeilich verhaften und inquiriren. Das war jedoch ein ſo eclatanter Ver- faſſungsbruch, daß die Kammern auf die erſte Kunde ſcharfen und feierlichen Proteſt gegen ſolche Willkühr erhoben. Herr du Thil mußte wohl oder übel nachgeben, Weidig wurde freigelaſſen. Aber er blieb unter polizeilicher Aufſicht, und auch ſonſt mußte er nun nothgedrungen die Hände in den Schooß legen. Denn jede Ausſicht auf gewaltſame Erhebung war vernichtet; im Großherzogthum, wie im übrigen Deutſch- land, wuchs und erſtarkte die Reaction von Tag zu Tage. Als die Regierung am 2. November 1833 auch die Kammern auflöſte, wurde es ſtill im Lande. Wohl zitterte die Er- regung ohnmächtigen Grolls in den Gemüthern, aber ſelbſt die Muthigſten mußten ſich eingeſtehen, daß nun Schweigen und Dulden für lange Zeit hinaus ihr einzig Theil bleibe.
In dieſem Zeitpunkte wandte ſich Georg Büchner dem Rector von Butzbach und ſeiner Partei zu, dieſe Sach- lage fand er vor. Wenn wir nun wieder die Frage nach
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[LXXXVII/0103]
(Gladbach, Schuler, Stamm, Groß u. A.) ergriffen und feſt-
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wie Apotheker Trapp aus Friedberg, Pfarrer Flick aus
Petterweil u. ſ. w. Weidig hingegen blieb frei, ebenſo
ſeine Butzbacher Jünger. Dieſe auffällige Thatſache erklärt
ſich einerſeits durch die Verſchwiegenheit der Verhafteten,
welche keinerlei comprimittirende Ausſagen machten, andrer-
ſeits durch die Vorſicht Weidigs, welcher alle Waffen, Pa-
tronen, Papiere etc. ſorglich hatte wegſchaffen laſſen, ſo daß
wiederholte Hausdurchſuchungen in Butzbach keinerlei Reſultat
ergaben. Da der Regierung bei dieſer Sachlage jegliche
Handhabe zu einer gerichtlichen Unterſuchung gegen den miß-
liebigen Mann fehlte, ſo ließ ſie ihn polizeilich verhaften
und inquiriren. Das war jedoch ein ſo eclatanter Ver-
faſſungsbruch, daß die Kammern auf die erſte Kunde ſcharfen
und feierlichen Proteſt gegen ſolche Willkühr erhoben. Herr
du Thil mußte wohl oder übel nachgeben, Weidig wurde
freigelaſſen. Aber er blieb unter polizeilicher Aufſicht, und
auch ſonſt mußte er nun nothgedrungen die Hände in den
Schooß legen. Denn jede Ausſicht auf gewaltſame Erhebung
war vernichtet; im Großherzogthum, wie im übrigen Deutſch-
land, wuchs und erſtarkte die Reaction von Tag zu Tage.
Als die Regierung am 2. November 1833 auch die Kammern
auflöſte, wurde es ſtill im Lande. Wohl zitterte die Er-
regung ohnmächtigen Grolls in den Gemüthern, aber ſelbſt
die Muthigſten mußten ſich eingeſtehen, daß nun Schweigen
und Dulden für lange Zeit hinaus ihr einzig Theil bleibe.
In dieſem Zeitpunkte wandte ſich Georg Büchner
dem Rector von Butzbach und ſeiner Partei zu, dieſe Sach-
lage fand er vor. Wenn wir nun wieder die Frage nach
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. LXXXVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/103>, abgerufen am 22.11.2024.
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