Bestimmtheit gesagt werden, wenn auch zu hoffen ist, daß spätere Forschungen hierüber ein genaueres Licht verbreiten werden. Doch reichen unsere Kenntnisse so weit, um uns die spontane Entstehung der organischen Wesen und die allmählige langsame Hervorbildung der höheren Formen aus vorher dagewesenen niedrigeren und unvollkommeneren, unter steter Bedingniß durch die äußeren Zustände des Erdkörpers und ohne Eingriff einer unmittelbaren höheren Gewalt, zur höchsten wissen- schaftlichen Wahrscheinlichkeit, ja subjectiven Gewißheit zu machen. Diese stufenweise und allmählige Entwicklung und Hervorbildung der niedersten organischen Formen zu stets höheren und vollkommeneren Bildungen ist gegen- wärtig eine durch die paläontologischen Forschungen derart mit Sicherheit hergestellte wissenschaftliche Thatsache, daß daran in keiner Weise etwas abgemäkelt werden kann, und es weißt diese Thatsache mit Bestimmtheit auf ein ihr zu Grunde liegendes und die Entstehung organischer Wesen vermittelndes Naturgesetz sein. Je höher dabei die Entwicklungszustände der Erde selbst wurden, um so mannigfaltiger gestaltete sich der Bau der einzelnen Thiere, um so höher wurden die Arten -- Beweis genug für die Abhängigkeit, in welcher die Entstehung concreter thierischer Formen vom Dasein äußerer bestimmender Ursachen stand. Die fossilen Thier- und Pflanzenreste sind die langsam und allmählig abgestorbenen unreifen
Beſtimmtheit geſagt werden, wenn auch zu hoffen iſt, daß ſpätere Forſchungen hierüber ein genaueres Licht verbreiten werden. Doch reichen unſere Kenntniſſe ſo weit, um uns die ſpontane Entſtehung der organiſchen Weſen und die allmählige langſame Hervorbildung der höheren Formen aus vorher dageweſenen niedrigeren und unvollkommeneren, unter ſteter Bedingniß durch die äußeren Zuſtände des Erdkörpers und ohne Eingriff einer unmittelbaren höheren Gewalt, zur höchſten wiſſen- ſchaftlichen Wahrſcheinlichkeit, ja ſubjectiven Gewißheit zu machen. Dieſe ſtufenweiſe und allmählige Entwicklung und Hervorbildung der niederſten organiſchen Formen zu ſtets höheren und vollkommeneren Bildungen iſt gegen- wärtig eine durch die paläontologiſchen Forſchungen derart mit Sicherheit hergeſtellte wiſſenſchaftliche Thatſache, daß daran in keiner Weiſe etwas abgemäkelt werden kann, und es weißt dieſe Thatſache mit Beſtimmtheit auf ein ihr zu Grunde liegendes und die Entſtehung organiſcher Weſen vermittelndes Naturgeſetz ſein. Je höher dabei die Entwicklungszuſtände der Erde ſelbſt wurden, um ſo mannigfaltiger geſtaltete ſich der Bau der einzelnen Thiere, um ſo höher wurden die Arten — Beweis genug für die Abhängigkeit, in welcher die Entſtehung concreter thieriſcher Formen vom Daſein äußerer beſtimmender Urſachen ſtand. Die foſſilen Thier- und Pflanzenreſte ſind die langſam und allmählig abgeſtorbenen unreifen
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Beſtimmtheit geſagt werden, wenn auch zu hoffen iſt,
daß ſpätere Forſchungen hierüber ein genaueres Licht
verbreiten werden. Doch reichen unſere Kenntniſſe ſo
weit, um uns die ſpontane Entſtehung der organiſchen
Weſen und die allmählige langſame Hervorbildung der
höheren Formen aus vorher dageweſenen niedrigeren und
unvollkommeneren, unter ſteter Bedingniß durch die
äußeren Zuſtände des Erdkörpers und ohne Eingriff
einer unmittelbaren höheren Gewalt, zur höchſten wiſſen-
ſchaftlichen Wahrſcheinlichkeit, ja ſubjectiven Gewißheit
zu machen. Dieſe ſtufenweiſe und allmählige Entwicklung
und Hervorbildung der niederſten organiſchen Formen
zu ſtets höheren und vollkommeneren Bildungen iſt gegen-
wärtig eine durch die paläontologiſchen Forſchungen derart
mit Sicherheit hergeſtellte wiſſenſchaftliche Thatſache, daß
daran in keiner Weiſe etwas abgemäkelt werden kann,
und es weißt dieſe Thatſache mit Beſtimmtheit auf ein
ihr zu Grunde liegendes und die Entſtehung organiſcher
Weſen vermittelndes Naturgeſetz ſein. Je höher dabei
die Entwicklungszuſtände der Erde ſelbſt wurden, um ſo
mannigfaltiger geſtaltete ſich der Bau der einzelnen Thiere,
um ſo höher wurden die Arten — Beweis genug für
die Abhängigkeit, in welcher die Entſtehung concreter
thieriſcher Formen vom Daſein äußerer beſtimmender
Urſachen ſtand. Die foſſilen Thier- und Pflanzenreſte
ſind die langſam und allmählig abgeſtorbenen unreifen
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/96>, abgerufen am 24.11.2024.
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