Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

jene Vorgänge keine Ausnahme von den allgemeinen, dem
Stoff inhärenten Gesetzen gemacht haben können und
daß in diesem selbst die Ursache zu jener bestimmten
Art der Bewegung gelegen haben muß. Wir haben um
so mehr hierzu das Recht, als die vielen Unregelmäßig-
keiten, Zufälligkeiten und Zweckwidrigkeiten in der An-
ordnung des Weltganzen und der einzelnen Weltkörper
untereinander auch ganz direct den Gedanken an eine
persönliche Thätigkeit bei jener Anordnung ausschließen.
Wenn es einer persönlichen Schöpferkraft darauf ankam,
Welten und Wohnplätze für Thiere und Menschen zu
schaffen, warum alsdann jener ungeheure, wüste, leere,
nutzlose Weltraum, in dem nur hie und da einzelne Son-
nen und Erden als fast verschwindende Pünktchen schwim-
men? Warum sind die andern Planeten unseres Sonnen-
systems nicht so eingerichtet, daß sie ebenfalls von Men-
schen bewohnt werden können? Warum ist der Mond
ohne Wasser und Atmosphäre und darum jeder organi-
schen Entwicklung feindlich? Wozu die Unregelmäßigkeiten
und ungeheuren Verschiedenheiten in der Größe und
Entfernung der einzelnen Planeten unseres Sonnensystems?
Warum fehlt hier jede Ordnung, jede Symmetrie, jede
Schönheit? Warum sind alle Vergleichungen, Analogieen,
Spekulationen, welche man auf die Zahl und Bildung
der Planeten baute, zu Schanden geworden? -- Weil das
zufällige Begegnen der Elemente keine höhere Ordnung

jene Vorgänge keine Ausnahme von den allgemeinen, dem
Stoff inhärenten Geſetzen gemacht haben können und
daß in dieſem ſelbſt die Urſache zu jener beſtimmten
Art der Bewegung gelegen haben muß. Wir haben um
ſo mehr hierzu das Recht, als die vielen Unregelmäßig-
keiten, Zufälligkeiten und Zweckwidrigkeiten in der An-
ordnung des Weltganzen und der einzelnen Weltkörper
untereinander auch ganz direct den Gedanken an eine
perſönliche Thätigkeit bei jener Anordnung ausſchließen.
Wenn es einer perſönlichen Schöpferkraft darauf ankam,
Welten und Wohnplätze für Thiere und Menſchen zu
ſchaffen, warum alsdann jener ungeheure, wüſte, leere,
nutzloſe Weltraum, in dem nur hie und da einzelne Son-
nen und Erden als faſt verſchwindende Pünktchen ſchwim-
men? Warum ſind die andern Planeten unſeres Sonnen-
ſyſtems nicht ſo eingerichtet, daß ſie ebenfalls von Men-
ſchen bewohnt werden können? Warum iſt der Mond
ohne Waſſer und Atmoſphäre und darum jeder organi-
ſchen Entwicklung feindlich? Wozu die Unregelmäßigkeiten
und ungeheuren Verſchiedenheiten in der Größe und
Entfernung der einzelnen Planeten unſeres Sonnenſyſtems?
Warum fehlt hier jede Ordnung, jede Symmetrie, jede
Schönheit? Warum ſind alle Vergleichungen, Analogieen,
Spekulationen, welche man auf die Zahl und Bildung
der Planeten baute, zu Schanden geworden? — Weil das
zufällige Begegnen der Elemente keine höhere Ordnung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0077" n="57"/>
jene Vorgänge keine Ausnahme von den allgemeinen, dem<lb/>
Stoff inhärenten Ge&#x017F;etzen gemacht haben können und<lb/>
daß in die&#x017F;em &#x017F;elb&#x017F;t die Ur&#x017F;ache zu jener be&#x017F;timmten<lb/>
Art der Bewegung gelegen haben muß. Wir haben um<lb/>
&#x017F;o mehr hierzu das Recht, als die vielen Unregelmäßig-<lb/>
keiten, Zufälligkeiten und Zweckwidrigkeiten in der An-<lb/>
ordnung des Weltganzen und der einzelnen Weltkörper<lb/>
untereinander auch ganz direct den Gedanken an eine<lb/>
per&#x017F;önliche Thätigkeit bei jener Anordnung aus&#x017F;chließen.<lb/>
Wenn es einer per&#x017F;önlichen Schöpferkraft darauf ankam,<lb/>
Welten und Wohnplätze für Thiere und Men&#x017F;chen zu<lb/>
&#x017F;chaffen, warum alsdann jener ungeheure, wü&#x017F;te, leere,<lb/>
nutzlo&#x017F;e Weltraum, in dem nur hie und da einzelne Son-<lb/>
nen und Erden als fa&#x017F;t ver&#x017F;chwindende Pünktchen &#x017F;chwim-<lb/>
men? Warum &#x017F;ind die andern Planeten un&#x017F;eres Sonnen-<lb/>
&#x017F;y&#x017F;tems nicht &#x017F;o eingerichtet, daß &#x017F;ie ebenfalls von Men-<lb/>
&#x017F;chen bewohnt werden können? Warum i&#x017F;t der Mond<lb/>
ohne Wa&#x017F;&#x017F;er und Atmo&#x017F;phäre und darum jeder organi-<lb/>
&#x017F;chen Entwicklung feindlich? Wozu die Unregelmäßigkeiten<lb/>
und ungeheuren Ver&#x017F;chiedenheiten in der Größe und<lb/>
Entfernung der einzelnen Planeten un&#x017F;eres Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems?<lb/>
Warum fehlt hier jede Ordnung, jede Symmetrie, jede<lb/>
Schönheit? Warum &#x017F;ind alle Vergleichungen, Analogieen,<lb/>
Spekulationen, welche man auf die Zahl und Bildung<lb/>
der Planeten baute, zu Schanden geworden? &#x2014; Weil das<lb/>
zufällige Begegnen der Elemente keine höhere Ordnung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0077] jene Vorgänge keine Ausnahme von den allgemeinen, dem Stoff inhärenten Geſetzen gemacht haben können und daß in dieſem ſelbſt die Urſache zu jener beſtimmten Art der Bewegung gelegen haben muß. Wir haben um ſo mehr hierzu das Recht, als die vielen Unregelmäßig- keiten, Zufälligkeiten und Zweckwidrigkeiten in der An- ordnung des Weltganzen und der einzelnen Weltkörper untereinander auch ganz direct den Gedanken an eine perſönliche Thätigkeit bei jener Anordnung ausſchließen. Wenn es einer perſönlichen Schöpferkraft darauf ankam, Welten und Wohnplätze für Thiere und Menſchen zu ſchaffen, warum alsdann jener ungeheure, wüſte, leere, nutzloſe Weltraum, in dem nur hie und da einzelne Son- nen und Erden als faſt verſchwindende Pünktchen ſchwim- men? Warum ſind die andern Planeten unſeres Sonnen- ſyſtems nicht ſo eingerichtet, daß ſie ebenfalls von Men- ſchen bewohnt werden können? Warum iſt der Mond ohne Waſſer und Atmoſphäre und darum jeder organi- ſchen Entwicklung feindlich? Wozu die Unregelmäßigkeiten und ungeheuren Verſchiedenheiten in der Größe und Entfernung der einzelnen Planeten unſeres Sonnenſyſtems? Warum fehlt hier jede Ordnung, jede Symmetrie, jede Schönheit? Warum ſind alle Vergleichungen, Analogieen, Spekulationen, welche man auf die Zahl und Bildung der Planeten baute, zu Schanden geworden? — Weil das zufällige Begegnen der Elemente keine höhere Ordnung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/77
Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/77>, abgerufen am 01.05.2024.