wir Halt machen könnten, und es fehlt uns alle Aus- sicht, daß dies jemals geschehen werde. Daher können wir nicht anders, als sagen: Der Stoff und damit die Welt ist unendlich im Kleinsten; und es kommt nicht darauf an, ob unser Verstand, der überall ein Maß oder Ziel zu finden sich gewöhnt hat, in seiner endlichen Be- schränkung vielleicht einen Anstoß an solcher Jdee nimmt.
Wie das Mikroskop im kleinen, so führt uns das Fernrohr im großen Weltall. Auch hier dachten die Astronomen in kühnem Muthe an das Ende der Welt vorzudringen, aber je mehr sich ihre Jnstrumente ver- vollkommneten, um so unermeßlicher, unerreichbarer dehn- ten sich neue Welten vor ihrem erstaunten Blicke aus. Die leichten weißen Nebel, welche bei hellem Himmel dem bloßen Auge am Firmamente erscheinen, löste das Fern- rohr in Myriaden von Sternen, von Welten, von Son- nen und Planetensystemen auf, und die Erde mit ihren Bewohnern, welche man sich so gern und selbstgefällig als Krone und Mittelpunkt des Daseins vorgestellt hatte, sank von ihrer eingebildeten Höhe zu einem im Welten- raume schwimmenden Atom herab. Die Entfernungen, welche die Astronomen im Weltall berechnet haben, sind so maßlos, daß unser Verstand bei deren Betrachtung schwindelt und sich verwirrt. Das Licht, welches eine so ungeheure Schnelligkeit besitzt, daß es Millionen Mei- len in einer Minute zurücklegt, bedurfte dennoch nicht
wir Halt machen könnten, und es fehlt uns alle Aus- ſicht, daß dies jemals geſchehen werde. Daher können wir nicht anders, als ſagen: Der Stoff und damit die Welt iſt unendlich im Kleinſten; und es kommt nicht darauf an, ob unſer Verſtand, der überall ein Maß oder Ziel zu finden ſich gewöhnt hat, in ſeiner endlichen Be- ſchränkung vielleicht einen Anſtoß an ſolcher Jdee nimmt.
Wie das Mikroſkop im kleinen, ſo führt uns das Fernrohr im großen Weltall. Auch hier dachten die Aſtronomen in kühnem Muthe an das Ende der Welt vorzudringen, aber je mehr ſich ihre Jnſtrumente ver- vollkommneten, um ſo unermeßlicher, unerreichbarer dehn- ten ſich neue Welten vor ihrem erſtaunten Blicke aus. Die leichten weißen Nebel, welche bei hellem Himmel dem bloßen Auge am Firmamente erſcheinen, löſte das Fern- rohr in Myriaden von Sternen, von Welten, von Son- nen und Planetenſyſtemen auf, und die Erde mit ihren Bewohnern, welche man ſich ſo gern und ſelbſtgefällig als Krone und Mittelpunkt des Daſeins vorgeſtellt hatte, ſank von ihrer eingebildeten Höhe zu einem im Welten- raume ſchwimmenden Atom herab. Die Entfernungen, welche die Aſtronomen im Weltall berechnet haben, ſind ſo maßlos, daß unſer Verſtand bei deren Betrachtung ſchwindelt und ſich verwirrt. Das Licht, welches eine ſo ungeheure Schnelligkeit beſitzt, daß es Millionen Mei- len in einer Minute zurücklegt, bedurfte dennoch nicht
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wir Halt machen könnten, und es fehlt uns alle Aus-
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wir nicht anders, als ſagen: Der Stoff und damit die
Welt iſt unendlich im Kleinſten; und es kommt nicht
darauf an, ob unſer Verſtand, der überall ein Maß oder
Ziel zu finden ſich gewöhnt hat, in ſeiner endlichen Be-
ſchränkung vielleicht einen Anſtoß an ſolcher Jdee nimmt.
Wie das Mikroſkop im kleinen, ſo führt uns das
Fernrohr im großen Weltall. Auch hier dachten die
Aſtronomen in kühnem Muthe an das Ende der Welt
vorzudringen, aber je mehr ſich ihre Jnſtrumente ver-
vollkommneten, um ſo unermeßlicher, unerreichbarer dehn-
ten ſich neue Welten vor ihrem erſtaunten Blicke aus.
Die leichten weißen Nebel, welche bei hellem Himmel dem
bloßen Auge am Firmamente erſcheinen, löſte das Fern-
rohr in Myriaden von Sternen, von Welten, von Son-
nen und Planetenſyſtemen auf, und die Erde mit ihren
Bewohnern, welche man ſich ſo gern und ſelbſtgefällig
als Krone und Mittelpunkt des Daſeins vorgeſtellt hatte,
ſank von ihrer eingebildeten Höhe zu einem im Welten-
raume ſchwimmenden Atom herab. Die Entfernungen,
welche die Aſtronomen im Weltall berechnet haben, ſind
ſo maßlos, daß unſer Verſtand bei deren Betrachtung
ſchwindelt und ſich verwirrt. Das Licht, welches eine
ſo ungeheure Schnelligkeit beſitzt, daß es Millionen Mei-
len in einer Minute zurücklegt, bedurfte dennoch nicht
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/43>, abgerufen am 24.11.2024.
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