der Entdeckung der Blutzellen, oder auf die Vorgänge der Absorption und Resorption seit der Entdeckung der Gesetze der End- und Exosmose! Und die allerwunder- barste und am unbegreiflichsten scheinende physiologische Aktion des Thierkörpers, die Nerventhätigkeit, beginnt gegenwärtig ein ganz neues Licht durch die Physik zu erhalten, und es wird immer deutlicher, welche hochwichtige Rolle eine unorganische Kraft, die Elek- tricität, bei diesen organischen Vorgängen spielt. -- Man hat den Chemikern, um ihnen dennoch die Noth- wendigkeit einer Lebenskraft zu beweisen, entgegengehalten, daß ja die Chemie nicht im Stande sei, organische Ver- bindungen, d. h. jene besonderen Gruppirungen chemi- scher Grundstoffe in s. g. ternären oder quaternären Verbindungen, deren Zustandekommen jedesmal ein orga- nisches, mit Leben und Lebenskraft begabtes Wesen vor- aussetze, darzustellen, und man ließ dabei die komische Unterstellung mitunterfließen, es müsse, wenn keine Lebens- kraft existire und Leben nur Produkt chemischer Processe sei, der Chemie auch möglich werden, organische Wesen in ihren Retorten darzustellen -- Menschen zu machen. Auch hierauf sind die Chemiker die Antwort nicht schul- dig geblieben und haben gezeigt, daß die allgemeine Chemie im Stande sei, unmittelbar organische Grund- stoffe darzustellen. Sie haben den Traubenzucker und mehrere organische Säuren dargestellt. Sie haben gewisse
der Entdeckung der Blutzellen, oder auf die Vorgänge der Abſorption und Reſorption ſeit der Entdeckung der Geſetze der End- und Exosmoſe! Und die allerwunder- barſte und am unbegreiflichſten ſcheinende phyſiologiſche Aktion des Thierkörpers, die Nerventhätigkeit, beginnt gegenwärtig ein ganz neues Licht durch die Phyſik zu erhalten, und es wird immer deutlicher, welche hochwichtige Rolle eine unorganiſche Kraft, die Elek- tricität, bei dieſen organiſchen Vorgängen ſpielt. — Man hat den Chemikern, um ihnen dennoch die Noth- wendigkeit einer Lebenskraft zu beweiſen, entgegengehalten, daß ja die Chemie nicht im Stande ſei, organiſche Ver- bindungen, d. h. jene beſonderen Gruppirungen chemi- ſcher Grundſtoffe in ſ. g. ternären oder quaternären Verbindungen, deren Zuſtandekommen jedesmal ein orga- niſches, mit Leben und Lebenskraft begabtes Weſen vor- ausſetze, darzuſtellen, und man ließ dabei die komiſche Unterſtellung mitunterfließen, es müſſe, wenn keine Lebens- kraft exiſtire und Leben nur Produkt chemiſcher Proceſſe ſei, der Chemie auch möglich werden, organiſche Weſen in ihren Retorten darzuſtellen — Menſchen zu machen. Auch hierauf ſind die Chemiker die Antwort nicht ſchul- dig geblieben und haben gezeigt, daß die allgemeine Chemie im Stande ſei, unmittelbar organiſche Grund- ſtoffe darzuſtellen. Sie haben den Traubenzucker und mehrere organiſche Säuren dargeſtellt. Sie haben gewiſſe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0246"n="226"/>
der Entdeckung der Blutzellen, oder auf die Vorgänge<lb/>
der Abſorption und Reſorption ſeit der Entdeckung der<lb/>
Geſetze der End- und Exosmoſe! Und die allerwunder-<lb/>
barſte und am unbegreiflichſten ſcheinende phyſiologiſche<lb/>
Aktion des Thierkörpers, die <hirendition="#g">Nerventhätigkeit,</hi><lb/>
beginnt gegenwärtig ein ganz neues Licht durch die<lb/>
Phyſik zu erhalten, und es wird immer deutlicher, welche<lb/>
hochwichtige Rolle eine <hirendition="#g">unorganiſche</hi> Kraft, die <hirendition="#g">Elek-<lb/>
tricität,</hi> bei dieſen organiſchen Vorgängen ſpielt. —<lb/>
Man hat den Chemikern, um ihnen dennoch die Noth-<lb/>
wendigkeit einer Lebenskraft zu beweiſen, entgegengehalten,<lb/>
daß ja die Chemie nicht im Stande ſei, organiſche Ver-<lb/>
bindungen, d. h. jene beſonderen Gruppirungen chemi-<lb/>ſcher Grundſtoffe in ſ. g. ternären oder quaternären<lb/>
Verbindungen, deren Zuſtandekommen jedesmal ein orga-<lb/>
niſches, mit Leben und Lebenskraft begabtes Weſen vor-<lb/>
ausſetze, darzuſtellen, und man ließ dabei die komiſche<lb/>
Unterſtellung mitunterfließen, es müſſe, wenn keine Lebens-<lb/>
kraft exiſtire und Leben nur Produkt chemiſcher Proceſſe<lb/>ſei, der Chemie auch möglich werden, organiſche Weſen<lb/>
in ihren Retorten darzuſtellen — Menſchen zu machen.<lb/>
Auch hierauf ſind die Chemiker die Antwort nicht ſchul-<lb/>
dig geblieben und haben gezeigt, daß die allgemeine<lb/>
Chemie im Stande ſei, unmittelbar organiſche Grund-<lb/>ſtoffe darzuſtellen. Sie haben den Traubenzucker und<lb/>
mehrere organiſche Säuren dargeſtellt. Sie haben gewiſſe<lb/></p></div></body></text></TEI>
[226/0246]
der Entdeckung der Blutzellen, oder auf die Vorgänge
der Abſorption und Reſorption ſeit der Entdeckung der
Geſetze der End- und Exosmoſe! Und die allerwunder-
barſte und am unbegreiflichſten ſcheinende phyſiologiſche
Aktion des Thierkörpers, die Nerventhätigkeit,
beginnt gegenwärtig ein ganz neues Licht durch die
Phyſik zu erhalten, und es wird immer deutlicher, welche
hochwichtige Rolle eine unorganiſche Kraft, die Elek-
tricität, bei dieſen organiſchen Vorgängen ſpielt. —
Man hat den Chemikern, um ihnen dennoch die Noth-
wendigkeit einer Lebenskraft zu beweiſen, entgegengehalten,
daß ja die Chemie nicht im Stande ſei, organiſche Ver-
bindungen, d. h. jene beſonderen Gruppirungen chemi-
ſcher Grundſtoffe in ſ. g. ternären oder quaternären
Verbindungen, deren Zuſtandekommen jedesmal ein orga-
niſches, mit Leben und Lebenskraft begabtes Weſen vor-
ausſetze, darzuſtellen, und man ließ dabei die komiſche
Unterſtellung mitunterfließen, es müſſe, wenn keine Lebens-
kraft exiſtire und Leben nur Produkt chemiſcher Proceſſe
ſei, der Chemie auch möglich werden, organiſche Weſen
in ihren Retorten darzuſtellen — Menſchen zu machen.
Auch hierauf ſind die Chemiker die Antwort nicht ſchul-
dig geblieben und haben gezeigt, daß die allgemeine
Chemie im Stande ſei, unmittelbar organiſche Grund-
ſtoffe darzuſtellen. Sie haben den Traubenzucker und
mehrere organiſche Säuren dargeſtellt. Sie haben gewiſſe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/246>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.