beweist durch Zahlen die verhältnißmäßige Gewichtsver- ringerung des Gehirns je nach der Tiefe der geistigen Störung (Comptes rendus du 31. Juillet 1848). -- Hauner, Arzt am Kinderspital in München, sieht sich durch seine Erfahrungen berechtigt zu sagen: "Wir haben uns durch unsere bei allen Kindern seit Jahren genau angestellte Untersuchung des Schädels die Ueberzeugung verschafft, daß die abnorme Kleinheit der knöchernen Schädeldecke, wenn sie auch nicht immer Cretinismus und Jdiotismus mit ihren Folgekrankheiten bedingt, doch meistens, wenn nicht dadurch die Grundlage zu einer bald tödtlich werdenden Krankheit gelegt wird, zur Be- schränktheit der geistigen Fähigkeiten führt, während bei abnormer Größe des Schädels eine so sichere geistige Störung viel seltener und häufig gar nicht beobachtet wird." -- Die ausgezeichneten und für die Entwicklung der physiologischen Wissenschaften so unendlich wichtig gewordenen Vivisektionen und Versuche von Flourens sind so beweisend für unser Gesetz, daß sie jeden Wider- spruch niederzuschlagen geeignet sind. Flourens experi- mentirte an solchen Thieren, deren körperliche Verhält- nisse sie zum Ertragen bedeutender Verletzungen des Schädels und Gehirns geschickt machen. Schichtweise trug er die oberen Theile des Gehirns nach einander ab, und man sagt nicht zuviel, wenn man erzählt, daß damit zugleich schichtweise und nach einander die geisti-
beweiſt durch Zahlen die verhältnißmäßige Gewichtsver- ringerung des Gehirns je nach der Tiefe der geiſtigen Störung (Comptes rendus du 31. Juillet 1848). — Hauner, Arzt am Kinderſpital in München, ſieht ſich durch ſeine Erfahrungen berechtigt zu ſagen: „Wir haben uns durch unſere bei allen Kindern ſeit Jahren genau angeſtellte Unterſuchung des Schädels die Ueberzeugung verſchafft, daß die abnorme Kleinheit der knöchernen Schädeldecke, wenn ſie auch nicht immer Cretinismus und Jdiotismus mit ihren Folgekrankheiten bedingt, doch meiſtens, wenn nicht dadurch die Grundlage zu einer bald tödtlich werdenden Krankheit gelegt wird, zur Be- ſchränktheit der geiſtigen Fähigkeiten führt, während bei abnormer Größe des Schädels eine ſo ſichere geiſtige Störung viel ſeltener und häufig gar nicht beobachtet wird.‟ — Die ausgezeichneten und für die Entwicklung der phyſiologiſchen Wiſſenſchaften ſo unendlich wichtig gewordenen Viviſektionen und Verſuche von Flourens ſind ſo beweiſend für unſer Geſetz, daß ſie jeden Wider- ſpruch niederzuſchlagen geeignet ſind. Flourens experi- mentirte an ſolchen Thieren, deren körperliche Verhält- niſſe ſie zum Ertragen bedeutender Verletzungen des Schädels und Gehirns geſchickt machen. Schichtweiſe trug er die oberen Theile des Gehirns nach einander ab, und man ſagt nicht zuviel, wenn man erzählt, daß damit zugleich ſchichtweiſe und nach einander die geiſti-
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beweiſt durch Zahlen die verhältnißmäßige Gewichtsver-
ringerung des Gehirns je nach der Tiefe der geiſtigen
Störung (Comptes rendus du 31. Juillet 1848). —
Hauner, Arzt am Kinderſpital in München, ſieht ſich
durch ſeine Erfahrungen berechtigt zu ſagen: „Wir haben
uns durch unſere bei allen Kindern ſeit Jahren genau
angeſtellte Unterſuchung des Schädels die Ueberzeugung
verſchafft, daß die abnorme Kleinheit der knöchernen
Schädeldecke, wenn ſie auch nicht immer Cretinismus
und Jdiotismus mit ihren Folgekrankheiten bedingt, doch
meiſtens, wenn nicht dadurch die Grundlage zu einer
bald tödtlich werdenden Krankheit gelegt wird, zur Be-
ſchränktheit der geiſtigen Fähigkeiten führt, während bei
abnormer Größe des Schädels eine ſo ſichere geiſtige
Störung viel ſeltener und häufig gar nicht beobachtet
wird.‟ — Die ausgezeichneten und für die Entwicklung
der phyſiologiſchen Wiſſenſchaften ſo unendlich wichtig
gewordenen Viviſektionen und Verſuche von Flourens
ſind ſo beweiſend für unſer Geſetz, daß ſie jeden Wider-
ſpruch niederzuſchlagen geeignet ſind. Flourens experi-
mentirte an ſolchen Thieren, deren körperliche Verhält-
niſſe ſie zum Ertragen bedeutender Verletzungen des
Schädels und Gehirns geſchickt machen. Schichtweiſe
trug er die oberen Theile des Gehirns nach einander
ab, und man ſagt nicht zuviel, wenn man erzählt, daß
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/146>, abgerufen am 28.11.2024.
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