Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
könnte? Wodurch verdient er einen Vorzug vor
seinen Mitbürgern? Etwa, weil einige betrogene
Individuen und Andere, die sich nicht betrügen
ließen, sich um ihn reihten, um in seinem Gefolge
dem Glück und der Macht in die Arme zu laufen?
-- Je mehr er die Patrioten betrogen hat, welche
Vertrauen in ihn setzten, desto nachdrücklicher muß
er die Strenge der Freiheitsfreunde empfinden. --
Man will euch Furcht einflößen vor dem Miß-
brauche einer Gewalt, die ihr selbst ausgeübt habt.
Man schreit über den Despotismus der Ausschüsse,
als ob das Vertrauen, welches das Volk euch ge-
schenkt, und das ihr diesen Ausschüssen übertragen
habt, nicht eine sichere Garantie ihres Patriotismus
wäre. Man stellt sich, als zittre man. Aber ich
sage euch, wer in diesem Augenbicke zittert, ist schul-
dig, denn nie zittert die Unschuld vor der öffent-
lichen Wachsamkeit. (Allgemeiner Beifall.) Man hat
auch mich schrecken wollen; man gab mir zu verste-
hen, daß die Gefahr, indem sie sich Danton nähere,
auch bis zu mir dringen könne. -- Man schrieb
mir, Danton's Freunde hielten mich umlagert, in
der Meinung, die Erinnerung an eine alte Verbin-
dung, der blinde Glaube an erheuchelte Tugenden
könnte? Wodurch verdient er einen Vorzug vor
ſeinen Mitbürgern? Etwa, weil einige betrogene
Individuen und Andere, die ſich nicht betrügen
ließen, ſich um ihn reihten, um in ſeinem Gefolge
dem Glück und der Macht in die Arme zu laufen?
— Je mehr er die Patrioten betrogen hat, welche
Vertrauen in ihn ſetzten, deſto nachdrücklicher muß
er die Strenge der Freiheitsfreunde empfinden. —
Man will euch Furcht einflößen vor dem Miß-
brauche einer Gewalt, die ihr ſelbſt ausgeübt habt.
Man ſchreit über den Deſpotismus der Ausſchüſſe,
als ob das Vertrauen, welches das Volk euch ge-
ſchenkt, und das ihr dieſen Ausſchüſſen übertragen
habt, nicht eine ſichere Garantie ihres Patriotismus
wäre. Man ſtellt ſich, als zittre man. Aber ich
ſage euch, wer in dieſem Augenbicke zittert, iſt ſchul-
dig, denn nie zittert die Unſchuld vor der öffent-
lichen Wachſamkeit. (Allgemeiner Beifall.) Man hat
auch mich ſchrecken wollen; man gab mir zu verſte-
hen, daß die Gefahr, indem ſie ſich Danton nähere,
auch bis zu mir dringen könne. — Man ſchrieb
mir, Danton’s Freunde hielten mich umlagert, in
der Meinung, die Erinnerung an eine alte Verbin-
dung, der blinde Glaube an erheuchelte Tugenden
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ROB">
            <p><pb facs="#f0088" n="84"/>
könnte? Wodurch verdient er einen Vorzug vor<lb/>
&#x017F;einen Mitbürgern? Etwa, weil einige betrogene<lb/>
Individuen und Andere, die &#x017F;ich nicht betrügen<lb/>
ließen, &#x017F;ich um ihn reihten, um in &#x017F;einem Gefolge<lb/>
dem Glück und der Macht in die Arme zu laufen?<lb/>
&#x2014; Je mehr er die Patrioten betrogen hat, welche<lb/>
Vertrauen in ihn &#x017F;etzten, de&#x017F;to nachdrücklicher muß<lb/>
er die Strenge der Freiheitsfreunde empfinden. &#x2014;<lb/>
Man will euch Furcht einflößen vor dem Miß-<lb/>
brauche einer Gewalt, die ihr &#x017F;elb&#x017F;t ausgeübt habt.<lb/>
Man &#x017F;chreit über den De&#x017F;potismus der Aus&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
als ob das Vertrauen, welches das Volk euch ge-<lb/>
&#x017F;chenkt, und das ihr die&#x017F;en Aus&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;en übertragen<lb/>
habt, nicht eine &#x017F;ichere Garantie ihres Patriotismus<lb/>
wäre. Man &#x017F;tellt &#x017F;ich, als zittre man. Aber ich<lb/>
&#x017F;age euch, wer in die&#x017F;em Augenbicke zittert, i&#x017F;t &#x017F;chul-<lb/>
dig, denn nie zittert die Un&#x017F;chuld vor der öffent-<lb/>
lichen Wach&#x017F;amkeit. <stage>(Allgemeiner Beifall.)</stage> Man hat<lb/>
auch mich &#x017F;chrecken wollen; man gab mir zu ver&#x017F;te-<lb/>
hen, daß die Gefahr, indem &#x017F;ie &#x017F;ich Danton nähere,<lb/>
auch bis zu mir dringen könne. &#x2014; Man &#x017F;chrieb<lb/>
mir, Danton&#x2019;s Freunde hielten mich umlagert, in<lb/>
der Meinung, die Erinnerung an eine alte Verbin-<lb/>
dung, der blinde Glaube an erheuchelte Tugenden<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0088] könnte? Wodurch verdient er einen Vorzug vor ſeinen Mitbürgern? Etwa, weil einige betrogene Individuen und Andere, die ſich nicht betrügen ließen, ſich um ihn reihten, um in ſeinem Gefolge dem Glück und der Macht in die Arme zu laufen? — Je mehr er die Patrioten betrogen hat, welche Vertrauen in ihn ſetzten, deſto nachdrücklicher muß er die Strenge der Freiheitsfreunde empfinden. — Man will euch Furcht einflößen vor dem Miß- brauche einer Gewalt, die ihr ſelbſt ausgeübt habt. Man ſchreit über den Deſpotismus der Ausſchüſſe, als ob das Vertrauen, welches das Volk euch ge- ſchenkt, und das ihr dieſen Ausſchüſſen übertragen habt, nicht eine ſichere Garantie ihres Patriotismus wäre. Man ſtellt ſich, als zittre man. Aber ich ſage euch, wer in dieſem Augenbicke zittert, iſt ſchul- dig, denn nie zittert die Unſchuld vor der öffent- lichen Wachſamkeit. (Allgemeiner Beifall.) Man hat auch mich ſchrecken wollen; man gab mir zu verſte- hen, daß die Gefahr, indem ſie ſich Danton nähere, auch bis zu mir dringen könne. — Man ſchrieb mir, Danton’s Freunde hielten mich umlagert, in der Meinung, die Erinnerung an eine alte Verbin- dung, der blinde Glaube an erheuchelte Tugenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/88
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/88>, abgerufen am 22.12.2024.