Form des Vermögens, die Landwirtschaft den einzigen Beruf. Aber der Grundbesitz ist in den Händen des Adels und der Kirche zu wenigen großen Massen vereinigt; die land- wirtschaftliche Arbeit ruht auf den Schultern dinglich und oft auch persönlich unfreier Bauern -- einer unbeweg- lichen, des Waffendiensts entwöhnten, jammervoll gedrückten Klasse.
In den Städten hat man zwar die Existenz noch nicht ganz von der Bebauung des Bodens losgelöst; aber neben dem Ackerbau, der hier schon die intensiven Formen der Spatenkultur annimmt, ist ein vielfach verzweigtes, in wunderbarer Mannigfaltigkeit entwickeltes Gebiet von selb- ständigen Berufsthätigkeiten aufgeblüht, das Gewerbe. Dieses Gewerbe ist seiner Natur nach auf den Kleinbetrieb ange- wiesen. Er schafft einen kräftigen Stand freier, unab- hängiger, arbeitsamer Leute, die etwas gelten, weil sie etwas können. Der Produzent arbeitet mit eigener Hand; er arbeitet mit eigenem Werkzeug, zuweilen auch schon mit eigenen Betriebsmitteln; er arbeitet in der Regel nicht für einen weiten Markt, sondern für den engen Kundenkreis seiner Mitbürger und der umwohnenden Landbevölkerung; kein Schwarm gewinnsüchtiger Zwischenhändler schiebt sich zwischen ihn und den Konsumenten seiner Erzeugnisse.
Wo das Gewerbe nicht mehr ausreicht, da greift der Handel ein, zunächst in der charakteristischen Form des Marktumsatzes. Das mittelalterliche Marktwesen bedarf einer verhältnismäßig großen Zahl halbamtlicher Mittels-
Form des Vermögens, die Landwirtſchaft den einzigen Beruf. Aber der Grundbeſitz iſt in den Händen des Adels und der Kirche zu wenigen großen Maſſen vereinigt; die land- wirtſchaftliche Arbeit ruht auf den Schultern dinglich und oft auch perſönlich unfreier Bauern — einer unbeweg- lichen, des Waffendienſts entwöhnten, jammervoll gedrückten Klaſſe.
In den Städten hat man zwar die Exiſtenz noch nicht ganz von der Bebauung des Bodens losgelöſt; aber neben dem Ackerbau, der hier ſchon die intenſiven Formen der Spatenkultur annimmt, iſt ein vielfach verzweigtes, in wunderbarer Mannigfaltigkeit entwickeltes Gebiet von ſelb- ſtändigen Berufsthätigkeiten aufgeblüht, das Gewerbe. Dieſes Gewerbe iſt ſeiner Natur nach auf den Kleinbetrieb ange- wieſen. Er ſchafft einen kräftigen Stand freier, unab- hängiger, arbeitſamer Leute, die etwas gelten, weil ſie etwas können. Der Produzent arbeitet mit eigener Hand; er arbeitet mit eigenem Werkzeug, zuweilen auch ſchon mit eigenen Betriebsmitteln; er arbeitet in der Regel nicht für einen weiten Markt, ſondern für den engen Kundenkreis ſeiner Mitbürger und der umwohnenden Landbevölkerung; kein Schwarm gewinnſüchtiger Zwiſchenhändler ſchiebt ſich zwiſchen ihn und den Konſumenten ſeiner Erzeugniſſe.
Wo das Gewerbe nicht mehr ausreicht, da greift der Handel ein, zunächſt in der charakteriſtiſchen Form des Marktumſatzes. Das mittelalterliche Marktweſen bedarf einer verhältnismäßig großen Zahl halbamtlicher Mittels-
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Form des Vermögens, die Landwirtſchaft den einzigen Beruf.
Aber der Grundbeſitz iſt in den Händen des Adels und
der Kirche zu wenigen großen Maſſen vereinigt; die land-
wirtſchaftliche Arbeit ruht auf den Schultern dinglich und
oft auch perſönlich unfreier Bauern — einer unbeweg-
lichen, des Waffendienſts entwöhnten, jammervoll gedrückten
Klaſſe.
In den Städten hat man zwar die Exiſtenz noch nicht
ganz von der Bebauung des Bodens losgelöſt; aber neben
dem Ackerbau, der hier ſchon die intenſiven Formen der
Spatenkultur annimmt, iſt ein vielfach verzweigtes, in
wunderbarer Mannigfaltigkeit entwickeltes Gebiet von ſelb-
ſtändigen Berufsthätigkeiten aufgeblüht, das Gewerbe. Dieſes
Gewerbe iſt ſeiner Natur nach auf den Kleinbetrieb ange-
wieſen. Er ſchafft einen kräftigen Stand freier, unab-
hängiger, arbeitſamer Leute, die etwas gelten, weil ſie etwas
können. Der Produzent arbeitet mit eigener Hand; er
arbeitet mit eigenem Werkzeug, zuweilen auch ſchon mit
eigenen Betriebsmitteln; er arbeitet in der Regel nicht für
einen weiten Markt, ſondern für den engen Kundenkreis
ſeiner Mitbürger und der umwohnenden Landbevölkerung;
kein Schwarm gewinnſüchtiger Zwiſchenhändler ſchiebt ſich
zwiſchen ihn und den Konſumenten ſeiner Erzeugniſſe.
Wo das Gewerbe nicht mehr ausreicht, da greift der
Handel ein, zunächſt in der charakteriſtiſchen Form des
Marktumſatzes. Das mittelalterliche Marktweſen bedarf
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/268>, abgerufen am 22.11.2024.
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