Auch hier zeichnen sich die Handwerker durch erhöhte Verhältnisziffern in den mittleren Vermögensstufen aus. Allein man würde wahrscheinlich in die Irre gehen, wenn man diese weite Verbreitung eines bescheidenen Wohlstandes allein auf Rechnung eines schwunghaften Gewerbebetriebs setzen und bei den Meistern der damaligen Zeit im Durch- schnitt ein erhebliches Geschäftskapital vermuten wollte. Bei einer Anzahl derselben, wie den Wollwebern, den Metzgern, teilweise auch den Bäckern, hat sich freilich der Uebergang vom bloßen Lohnwerk zum Preiswerk längst vollzogen; sie bedürfen eigner Betriebsmittel, wenn sie vorwärts kommen wollen. Das gleiche gilt von den meisten Metallhandwerkern, einigen Ledergewerben, den Holzschuhmachern und ähnlichen, die weit umher in den Städten bis nach Fulda und Nörd- lingen die Märkte zu beziehen pflegten. Aber die große Masse der Handwerker war, wie wir aus den städtischen Rechnungen ersehen können, darauf angewiesen, daß bei jedem größeren Stück Arbeit die Kunden ihnen das Material lieferten.
Dagegen bestand ein erheblicher Teil der Handwerker aus Grund- und Häuserbesitzern. Das letztere geht aus einem uns erhaltenen Häuserkataster von 1438 hervor, das für eine statistische Bearbeitung leider der nötigen Voll- ständigkeit entbehrt, und wenn auch die meisten jener Hand- werkerhäuser klein und mit Grundzinsen, Gülten und Renten belastet waren, so gaben sie doch der wirtschaftlichen Exi- stenz ihrer Besitzer einen sicheren Rückhalt. Noch mehr
Auch hier zeichnen ſich die Handwerker durch erhöhte Verhältnisziffern in den mittleren Vermögensſtufen aus. Allein man würde wahrſcheinlich in die Irre gehen, wenn man dieſe weite Verbreitung eines beſcheidenen Wohlſtandes allein auf Rechnung eines ſchwunghaften Gewerbebetriebs ſetzen und bei den Meiſtern der damaligen Zeit im Durch- ſchnitt ein erhebliches Geſchäftskapital vermuten wollte. Bei einer Anzahl derſelben, wie den Wollwebern, den Metzgern, teilweiſe auch den Bäckern, hat ſich freilich der Uebergang vom bloßen Lohnwerk zum Preiswerk längſt vollzogen; ſie bedürfen eigner Betriebsmittel, wenn ſie vorwärts kommen wollen. Das gleiche gilt von den meiſten Metallhandwerkern, einigen Ledergewerben, den Holzſchuhmachern und ähnlichen, die weit umher in den Städten bis nach Fulda und Nörd- lingen die Märkte zu beziehen pflegten. Aber die große Maſſe der Handwerker war, wie wir aus den ſtädtiſchen Rechnungen erſehen können, darauf angewieſen, daß bei jedem größeren Stück Arbeit die Kunden ihnen das Material lieferten.
Dagegen beſtand ein erheblicher Teil der Handwerker aus Grund- und Häuſerbeſitzern. Das letztere geht aus einem uns erhaltenen Häuſerkataſter von 1438 hervor, das für eine ſtatiſtiſche Bearbeitung leider der nötigen Voll- ſtändigkeit entbehrt, und wenn auch die meiſten jener Hand- werkerhäuſer klein und mit Grundzinſen, Gülten und Renten belaſtet waren, ſo gaben ſie doch der wirtſchaftlichen Exi- ſtenz ihrer Beſitzer einen ſicheren Rückhalt. Noch mehr
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Auch hier zeichnen ſich die Handwerker durch erhöhte
Verhältnisziffern in den mittleren Vermögensſtufen aus.
Allein man würde wahrſcheinlich in die Irre gehen, wenn
man dieſe weite Verbreitung eines beſcheidenen Wohlſtandes
allein auf Rechnung eines ſchwunghaften Gewerbebetriebs
ſetzen und bei den Meiſtern der damaligen Zeit im Durch-
ſchnitt ein erhebliches Geſchäftskapital vermuten wollte. Bei
einer Anzahl derſelben, wie den Wollwebern, den Metzgern,
teilweiſe auch den Bäckern, hat ſich freilich der Uebergang
vom bloßen Lohnwerk zum Preiswerk längſt vollzogen; ſie
bedürfen eigner Betriebsmittel, wenn ſie vorwärts kommen
wollen. Das gleiche gilt von den meiſten Metallhandwerkern,
einigen Ledergewerben, den Holzſchuhmachern und ähnlichen,
die weit umher in den Städten bis nach Fulda und Nörd-
lingen die Märkte zu beziehen pflegten. Aber die große
Maſſe der Handwerker war, wie wir aus den ſtädtiſchen
Rechnungen erſehen können, darauf angewieſen, daß bei
jedem größeren Stück Arbeit die Kunden ihnen das Material
lieferten.
Dagegen beſtand ein erheblicher Teil der Handwerker
aus Grund- und Häuſerbeſitzern. Das letztere geht aus
einem uns erhaltenen Häuſerkataſter von 1438 hervor, das
für eine ſtatiſtiſche Bearbeitung leider der nötigen Voll-
ſtändigkeit entbehrt, und wenn auch die meiſten jener Hand-
werkerhäuſer klein und mit Grundzinſen, Gülten und Renten
belaſtet waren, ſo gaben ſie doch der wirtſchaftlichen Exi-
ſtenz ihrer Beſitzer einen ſicheren Rückhalt. Noch mehr
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/266>, abgerufen am 23.11.2024.
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