Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.sich nicht weniger als 15 Aerztinnen nachweisen; im Jahre Diese Beispiele sind sehr lehrreich. Sie zeigen uns Aber noch in einer dritten Beziehung gestaltete sich In erster Linie stehen die Aussätzigen oder Son- Auch die Zahl der Lahmen, Blinden, Tauben und ſich nicht weniger als 15 Aerztinnen nachweiſen; im Jahre Dieſe Beiſpiele ſind ſehr lehrreich. Sie zeigen uns Aber noch in einer dritten Beziehung geſtaltete ſich In erſter Linie ſtehen die Ausſätzigen oder Son- Auch die Zahl der Lahmen, Blinden, Tauben und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0246" n="224"/> ſich nicht weniger als 15 Aerztinnen nachweiſen; im Jahre<lb/> 1368 ſind von den 11 konzeſſionierten Wechſelſtuben 6 in<lb/> weiblichen Händen; wir finden eine Frau als Pächterin<lb/> des Leinwandzolles, eine andere als Aufſeherin in der<lb/> Stadtwage.</p><lb/> <p>Dieſe Beiſpiele ſind ſehr lehrreich. Sie zeigen uns<lb/> einerſeits, zu welchen Auskunftsmitteln die Menge unver-<lb/> ſorgter Frauen trieb, anderſeits wie man bei der geringen<lb/> Menſchenzahl der Städte genötigt war, alle irgend verfüg-<lb/> baren Kräfte, ſelbſt die ſchwächſten, im Dienſte des Gemein-<lb/> weſens einzuſpannen.</p><lb/> <p>Aber noch in einer dritten Beziehung geſtaltete ſich<lb/> die Gliederung der mittelalterlichen Stadtbevölkerung un-<lb/> günſtig: in Hinſicht auf den <hi rendition="#g">Geſundheitszuſtand</hi>.<lb/> Die Zahl der mit dauernden körperlichen und geiſtigen<lb/> Gebrechen Behafteten war eine außerordentlich große.</p><lb/> <p>In erſter Linie ſtehen die <hi rendition="#g">Ausſätzigen</hi> oder <hi rendition="#g">Son-<lb/> derſiechen</hi>, die ihr entſetzliches Uebel zur Ausſtoßung<lb/> aus der Geſellſchaft verurteilte. Wie verbreitet die furcht-<lb/> bare Krankheit gerade im <hi rendition="#aq">XIV.</hi> und <hi rendition="#aq">XV.</hi> Jahrhundert ge-<lb/> weſen iſt, läßt ſich nur ungefähr an der Zahl und Aus-<lb/> dehnung der Leproſenhäuſer ermeſſen, die auch in der<lb/> kleinſten Stadt nicht fehlen durften. In Frankfurt diente<lb/> dieſem Zwecke der außerhalb der Mauer gelegene Gutleuthof.<lb/> Seine Inſaſſen müſſen zahlreich geweſen ſein, da ſie ſogar<lb/> eine eigene Weinſtube hielten.</p><lb/> <p>Auch die Zahl der Lahmen, Blinden, Tauben und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [224/0246]
ſich nicht weniger als 15 Aerztinnen nachweiſen; im Jahre
1368 ſind von den 11 konzeſſionierten Wechſelſtuben 6 in
weiblichen Händen; wir finden eine Frau als Pächterin
des Leinwandzolles, eine andere als Aufſeherin in der
Stadtwage.
Dieſe Beiſpiele ſind ſehr lehrreich. Sie zeigen uns
einerſeits, zu welchen Auskunftsmitteln die Menge unver-
ſorgter Frauen trieb, anderſeits wie man bei der geringen
Menſchenzahl der Städte genötigt war, alle irgend verfüg-
baren Kräfte, ſelbſt die ſchwächſten, im Dienſte des Gemein-
weſens einzuſpannen.
Aber noch in einer dritten Beziehung geſtaltete ſich
die Gliederung der mittelalterlichen Stadtbevölkerung un-
günſtig: in Hinſicht auf den Geſundheitszuſtand.
Die Zahl der mit dauernden körperlichen und geiſtigen
Gebrechen Behafteten war eine außerordentlich große.
In erſter Linie ſtehen die Ausſätzigen oder Son-
derſiechen, die ihr entſetzliches Uebel zur Ausſtoßung
aus der Geſellſchaft verurteilte. Wie verbreitet die furcht-
bare Krankheit gerade im XIV. und XV. Jahrhundert ge-
weſen iſt, läßt ſich nur ungefähr an der Zahl und Aus-
dehnung der Leproſenhäuſer ermeſſen, die auch in der
kleinſten Stadt nicht fehlen durften. In Frankfurt diente
dieſem Zwecke der außerhalb der Mauer gelegene Gutleuthof.
Seine Inſaſſen müſſen zahlreich geweſen ſein, da ſie ſogar
eine eigene Weinſtube hielten.
Auch die Zahl der Lahmen, Blinden, Tauben und
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