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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.

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frei und selbständig. Durch das Verlagssystem tritt er
persönlich in eine neue Abhängigkeit: in die Klientel des kapi-
talbesitzenden Händlers; im Fabriksystem wird er auch sachlich
von demselben abhängig. Auf vier Etappen der Entwick-
lung gelangt er von der Hofhörigkeit zur Fabrikhörigkeit.

Es ist ein gewisser Parallelismus in dieser Entwick-
lung. Die Stellung des unfreien Hausfleißarbeiters zum
antiken Grundherrn hat eine gewisse Verwandtschaft mit
derjenigen des Fabrikarbeiters zum modernen Unternehmer,
und ähnlich wie der Lohnwerker zur Wirtschaft des Grund-
eigentümers verhält sich der Hausindustrielle zum Handels-
betriebe des Verlegers. In der Mitte dieser auf- und
absteigenden Reihe steht das Handwerk als Grund- und
Eckstein derselben. Vom Hausfleiß bis zum Handwerk all-
mähliche Emanzipation des Arbeiters vom Grund und
Boden und Bildung des Kapitals; vom Handwerk bis zur
Fabrik allmähliche Loslösung des Kapitals von der Arbeit
und Unterwerfung des Arbeiters unter das Kapital. Auf
der Stufe des Hausfleißes gibt es noch kein Kapital, son-
dern nur Gebrauchsgüter auf verschiedenen Stufen der Ge-
nußreife. Alles gehört dem Hause: Rohstoff, Werkzeug,
Fabrikat, oft selbst der Arbeiter. Beim Lohnwerk ist nur
das Werkzeug Kapital in der Hand des Arbeiters; Roh-
und Hülfsstoffe sind Vorräte des Hauses, die noch nicht
genußreif sind; die Betriebsstätte gehört entweder ebenfalls
dem Hause, welches das fertige Produkt verbrauchen will
(Stör), oder dem Arbeiter, der es herstellt (Heimwerk).

Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft. 8

frei und ſelbſtändig. Durch das Verlagsſyſtem tritt er
perſönlich in eine neue Abhängigkeit: in die Klientel des kapi-
talbeſitzenden Händlers; im Fabrikſyſtem wird er auch ſachlich
von demſelben abhängig. Auf vier Etappen der Entwick-
lung gelangt er von der Hofhörigkeit zur Fabrikhörigkeit.

Es iſt ein gewiſſer Parallelismus in dieſer Entwick-
lung. Die Stellung des unfreien Hausfleißarbeiters zum
antiken Grundherrn hat eine gewiſſe Verwandtſchaft mit
derjenigen des Fabrikarbeiters zum modernen Unternehmer,
und ähnlich wie der Lohnwerker zur Wirtſchaft des Grund-
eigentümers verhält ſich der Hausinduſtrielle zum Handels-
betriebe des Verlegers. In der Mitte dieſer auf- und
abſteigenden Reihe ſteht das Handwerk als Grund- und
Eckſtein derſelben. Vom Hausfleiß bis zum Handwerk all-
mähliche Emanzipation des Arbeiters vom Grund und
Boden und Bildung des Kapitals; vom Handwerk bis zur
Fabrik allmähliche Loslöſung des Kapitals von der Arbeit
und Unterwerfung des Arbeiters unter das Kapital. Auf
der Stufe des Hausfleißes gibt es noch kein Kapital, ſon-
dern nur Gebrauchsgüter auf verſchiedenen Stufen der Ge-
nußreife. Alles gehört dem Hauſe: Rohſtoff, Werkzeug,
Fabrikat, oft ſelbſt der Arbeiter. Beim Lohnwerk iſt nur
das Werkzeug Kapital in der Hand des Arbeiters; Roh-
und Hülfsſtoffe ſind Vorräte des Hauſes, die noch nicht
genußreif ſind; die Betriebsſtätte gehört entweder ebenfalls
dem Hauſe, welches das fertige Produkt verbrauchen will
(Stör), oder dem Arbeiter, der es herſtellt (Heimwerk).

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[113/0135] frei und ſelbſtändig. Durch das Verlagsſyſtem tritt er perſönlich in eine neue Abhängigkeit: in die Klientel des kapi- talbeſitzenden Händlers; im Fabrikſyſtem wird er auch ſachlich von demſelben abhängig. Auf vier Etappen der Entwick- lung gelangt er von der Hofhörigkeit zur Fabrikhörigkeit. Es iſt ein gewiſſer Parallelismus in dieſer Entwick- lung. Die Stellung des unfreien Hausfleißarbeiters zum antiken Grundherrn hat eine gewiſſe Verwandtſchaft mit derjenigen des Fabrikarbeiters zum modernen Unternehmer, und ähnlich wie der Lohnwerker zur Wirtſchaft des Grund- eigentümers verhält ſich der Hausinduſtrielle zum Handels- betriebe des Verlegers. In der Mitte dieſer auf- und abſteigenden Reihe ſteht das Handwerk als Grund- und Eckſtein derſelben. Vom Hausfleiß bis zum Handwerk all- mähliche Emanzipation des Arbeiters vom Grund und Boden und Bildung des Kapitals; vom Handwerk bis zur Fabrik allmähliche Loslöſung des Kapitals von der Arbeit und Unterwerfung des Arbeiters unter das Kapital. Auf der Stufe des Hausfleißes gibt es noch kein Kapital, ſon- dern nur Gebrauchsgüter auf verſchiedenen Stufen der Ge- nußreife. Alles gehört dem Hauſe: Rohſtoff, Werkzeug, Fabrikat, oft ſelbſt der Arbeiter. Beim Lohnwerk iſt nur das Werkzeug Kapital in der Hand des Arbeiters; Roh- und Hülfsſtoffe ſind Vorräte des Hauſes, die noch nicht genußreif ſind; die Betriebsſtätte gehört entweder ebenfalls dem Hauſe, welches das fertige Produkt verbrauchen will (Stör), oder dem Arbeiter, der es herſtellt (Heimwerk). Bücher, Die Entſtehung der Volkswirtſchaft. 8

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Zitationshilfe: Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/135>, abgerufen am 24.11.2024.