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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.

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nehmer arbeitete. Die Materiallieferung durch den Be-
steller herrscht fast bei allen mittelalterlichen Handwerken
vor; ja sie dauert bei vielen selbst dann noch Jahrhunderte
hindurch fort, als der Besteller den Rohstoff nicht mehr
in eigener Wirtschaft erzeugte, sondern ihn kaufen mußte,
wie das Leder für den Schuster, das Tuch für den Schneider.
Nur sehr langsam bürgert sich die Materialstellung durch
den Meister ein, anfangs bloß für die ärmeren Kunden,
später auch für die vermögenden. So entsteht das Hand-
werk
in dem Sinne, in welchem es heute gewöhnlich ver-
standen wird.

Von den beiden Formen des Lohnwerks geht in den
Städten zuerst die Stör unter. Dieser Untergang wird
durch das Eingreifen der Zünfte wesentlich beschleunigt 1).
Die Stör erinnerte zu sehr an die alte Hörigkeit. Der
Gewerbetreibende ist bei ihr sozusagen nur eine besondere
Art von Taglöhner, der sich einer fremden Hausordnung
zeitweise fügen muß. Daher finden wir seit dem XIV. Jahr-
hundert in den Zunftordnungen zahlreiche Verbote, daß die
Meister in den Häusern arbeiten. Aus derselben Ursache

1) Es mag bei dieser Gelegenheit nicht unangebracht sein, darauf
hinzuweisen, daß bei Abgrenzung der zünftigen Gewerbegerechtsame
auch der alte Hausfleiß in Mitleidenschaft gezogen worden war. In
sehr vielen Zunftordnungen findet sich die Bestimmung, daß der Nicht-
zünftige wohl Handwerksprodukte verfertigen darf, aber nur soviel er
in seinem Hause braucht, nicht für den Verkauf. Es war damit die
oben S. 95 f. geschilderte Ueberschußproduktion des Hauses für den
Markt unmöglich gemacht.

nehmer arbeitete. Die Materiallieferung durch den Be-
ſteller herrſcht faſt bei allen mittelalterlichen Handwerken
vor; ja ſie dauert bei vielen ſelbſt dann noch Jahrhunderte
hindurch fort, als der Beſteller den Rohſtoff nicht mehr
in eigener Wirtſchaft erzeugte, ſondern ihn kaufen mußte,
wie das Leder für den Schuſter, das Tuch für den Schneider.
Nur ſehr langſam bürgert ſich die Materialſtellung durch
den Meiſter ein, anfangs bloß für die ärmeren Kunden,
ſpäter auch für die vermögenden. So entſteht das Hand-
werk
in dem Sinne, in welchem es heute gewöhnlich ver-
ſtanden wird.

Von den beiden Formen des Lohnwerks geht in den
Städten zuerſt die Stör unter. Dieſer Untergang wird
durch das Eingreifen der Zünfte weſentlich beſchleunigt 1).
Die Stör erinnerte zu ſehr an die alte Hörigkeit. Der
Gewerbetreibende iſt bei ihr ſozuſagen nur eine beſondere
Art von Taglöhner, der ſich einer fremden Hausordnung
zeitweiſe fügen muß. Daher finden wir ſeit dem XIV. Jahr-
hundert in den Zunftordnungen zahlreiche Verbote, daß die
Meiſter in den Häuſern arbeiten. Aus derſelben Urſache

1) Es mag bei dieſer Gelegenheit nicht unangebracht ſein, darauf
hinzuweiſen, daß bei Abgrenzung der zünftigen Gewerbegerechtſame
auch der alte Hausfleiß in Mitleidenſchaft gezogen worden war. In
ſehr vielen Zunftordnungen findet ſich die Beſtimmung, daß der Nicht-
zünftige wohl Handwerksprodukte verfertigen darf, aber nur ſoviel er
in ſeinem Hauſe braucht, nicht für den Verkauf. Es war damit die
oben S. 95 f. geſchilderte Ueberſchußproduktion des Hauſes für den
Markt unmöglich gemacht.
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[101/0123] nehmer arbeitete. Die Materiallieferung durch den Be- ſteller herrſcht faſt bei allen mittelalterlichen Handwerken vor; ja ſie dauert bei vielen ſelbſt dann noch Jahrhunderte hindurch fort, als der Beſteller den Rohſtoff nicht mehr in eigener Wirtſchaft erzeugte, ſondern ihn kaufen mußte, wie das Leder für den Schuſter, das Tuch für den Schneider. Nur ſehr langſam bürgert ſich die Materialſtellung durch den Meiſter ein, anfangs bloß für die ärmeren Kunden, ſpäter auch für die vermögenden. So entſteht das Hand- werk in dem Sinne, in welchem es heute gewöhnlich ver- ſtanden wird. Von den beiden Formen des Lohnwerks geht in den Städten zuerſt die Stör unter. Dieſer Untergang wird durch das Eingreifen der Zünfte weſentlich beſchleunigt 1). Die Stör erinnerte zu ſehr an die alte Hörigkeit. Der Gewerbetreibende iſt bei ihr ſozuſagen nur eine beſondere Art von Taglöhner, der ſich einer fremden Hausordnung zeitweiſe fügen muß. Daher finden wir ſeit dem XIV. Jahr- hundert in den Zunftordnungen zahlreiche Verbote, daß die Meiſter in den Häuſern arbeiten. Aus derſelben Urſache 1) Es mag bei dieſer Gelegenheit nicht unangebracht ſein, darauf hinzuweiſen, daß bei Abgrenzung der zünftigen Gewerbegerechtſame auch der alte Hausfleiß in Mitleidenſchaft gezogen worden war. In ſehr vielen Zunftordnungen findet ſich die Beſtimmung, daß der Nicht- zünftige wohl Handwerksprodukte verfertigen darf, aber nur ſoviel er in ſeinem Hauſe braucht, nicht für den Verkauf. Es war damit die oben S. 95 f. geſchilderte Ueberſchußproduktion des Hauſes für den Markt unmöglich gemacht.

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Zitationshilfe: Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/123>, abgerufen am 22.11.2024.