Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Achtes Buch. lich baht er Gallus/ er möchte bey der Königlichen Geselschafft umb Gnade eines schleu-nigen Todes anhalten/ welchen er willig ausstehen wolte/ weil er denselben wol verdienet hätte. Was Urisla seinen Sohn beträffe/ währe derselbe von ihm genöhtiget/ in diese Taht zugehehlen/ daher er ohn zweifel mit gelinderer Straffe würde zubelegen seyn. Wie aber/ fragete Gallus/ wann dein Sohn dir deine Unzucht mit dem Fräulein zutreiben/ nicht hät- te gestatten wollen/ weil sie ihm zum Gemahl außersehen wahr? gewißlich würder ihr über dieser Beute unter euch selbst uneins worden seyn. Ninisla antwortete mit einem Geläch- ter; Ja/ mein Sohn solte mir wol keinen Teil an dem Fräulein gehabt haben; Zwar ich ge- brauchte ihn zum Deckel/ und bildete ihm diese Heyraht feste ein/ dann wie wolte ich ihn sonst auff meine Seite gebracht haben? Aber mir selbst hatte ich sie ausgesehen/ sonst würde ich mich seinetwegen so tieff nicht gewaget haben. Hätte er mir aber Eintrag tuhn wollen/ solte er mir alsbald mit dem Leben bezahlt haben. Der böse Muhtwil-Teu- fel muß dein Herz ganz in seinen Stricken führen/ sagete Gallus/ sonst währe unmög- lich/ daß du einer solchen Boßheit dich hättest unternehmen dürffen; ging hin/ und hinterbrachte alles der Königlichen Geselschafft. Worauff Valiska ihren Herr Vater fragete/ mit was vor Straffe er diesen Erz Verrähter zubelegen willens währe/ dessen Boßheit alle überträffe/ so von Anfang der Welt möchte begangen seyn. Hie- mit rante eine kleine Trähnen-Bach aus ihren Augen/ und fuhr gegen ihn also fort: Gn. Herr Vater/ ich muß gestehen/ daß leider ich selbst alles des grossen Jammers Ursach bin/ welcher euch angeleget ist; dann mich/ und nicht euch hat der gotvergessene Bösewicht fahen/ und seinen unzüchtigen Willen an mir erfüllen wollen; daher bin ich schuldig/ eurem Vater herzen solches kindlich und demühtig abzubitten/ ob ich gleich weder Raht noch Taht/ noch Willen darzu gegeben habe; hätte ich aber euer Elend wissen sollen/ würde ich unerschrocken mich selbst in dieses Verrähters Hände eingestellet haben/ umb euch zuer- lösen/ der ungezweiffelten Hoffnung und Zuversicht zu Gott/ er würde mir Krafft und Stärke verliehen haben/ seinen boßhafften Begierden zuwiederstehen/ und solte mein er- stes gewesen seyn/ den Sohn auff den Vater anzuhetzen/ dem ich würde geträuen Beistand geleistet/ und ihn auch nach des Vaters Hinrichtung mit falscher Hoffnung erfüllet ha- ben/ biß ihr und ich der Gefahr währen entrissen worden; doch sind dieses menschliche Ge- danken/ und hätten vielleicht keinen Verfolg haben können/ deßwegen auch Gott es anders geschicket hat/ dessen Gerichte und Werke uns Menschen zwar heimlich und verborgen/ und doch allemahl gut und gerecht sind. Herzgeliebte Fr. Tochter/ antwortete der König/ warumb woltet ihr euch dessen beschuldigen/ an dem ihr aller Dinge unschuldig seyd? euer kindlicher Geh[o]rsam ist nie wieder mich außgetreten/ zweifele auch nicht/ die Götter wür- den eure Ehr und Leben auch unter dieses unzüchtigen Menschen Zwange wol gerettet ha- ben; aber dannoch sage ich dem Himmel Dank/ daß ihr unter seine Gewalt nicht gerahten seyd. Ich bin zwar scharff gezüchtiget/ als nie kein König vor mir in der ganzen Welt; dann was achte ich/ daß ehmahls Könige sich von einem grösseren Könige haben müssen lassen vor den Wagen spannen? was rechne ich solches/ daß Könige von den Römern erschla- gen und hingerichtet sind? jedoch/ wer weiß/ womit ichs an den Göttern verschuldet/ daß ich der ganzen Welt ein Beispiel seyn/ und von meinem eigenen Untertahn mich dergestalt quälen/
Achtes Buch. lich baht er Gallus/ er moͤchte bey der Koͤniglichen Geſelſchafft umb Gnade eines ſchleu-nigen Todes anhalten/ welchen er willig ausſtehen wolte/ weil er denſelben wol verdienet haͤtte. Was Uriſla ſeinen Sohn betraͤffe/ waͤhre derſelbe von ihm genoͤhtiget/ in dieſe Taht zugehehlen/ daher er ohn zweifel mit gelinderer Straffe wuͤrde zubelegen ſeyn. Wie aber/ fragete Gallus/ wann dein Sohn dir deine Unzucht mit dem Fraͤulein zutreiben/ nicht haͤt- te geſtatten wollen/ weil ſie ihm zum Gemahl außerſehen wahr? gewißlich wuͤrder ihr uͤber dieſer Beute unter euch ſelbſt uneins worden ſeyn. Niniſla antwortete mit einem Gelaͤch- ter; Ja/ mein Sohn ſolte mir wol keinen Teil an dem Fraͤulein gehabt haben; Zwar ich ge- brauchte ihn zum Deckel/ und bildete ihm dieſe Heyraht feſte ein/ dann wie wolte ich ihn ſonſt auff meine Seite gebracht haben? Aber mir ſelbſt hatte ich ſie ausgeſehen/ ſonſt wuͤrde ich mich ſeinetwegen ſo tieff nicht gewaget haben. Haͤtte er mir aber Eintrag tuhn wollen/ ſolte er mir alsbald mit dem Leben bezahlt haben. Der boͤſe Muhtwil-Teu- fel muß dein Herz ganz in ſeinen Stricken führen/ ſagete Gallus/ ſonſt waͤhre unmoͤg- lich/ daß du einer ſolchen Boßheit dich haͤtteſt unternehmen duͤrffen; ging hin/ und hinterbrachte alles der Koͤniglichen Geſelſchafft. Worauff Valiſka ihren Herr Vater fragete/ mit was vor Straffe er dieſen Erz Verraͤhter zubelegen willens waͤhre/ deſſen Boßheit alle uͤbertraͤffe/ ſo von Anfang der Welt moͤchte begangen ſeyn. Hie- mit rante eine kleine Traͤhnen-Bach aus ihren Augen/ und fuhr gegen ihn alſo fort: Gn. Herr Vater/ ich muß geſtehen/ daß leider ich ſelbſt alles des groſſen Jammers Urſach bin/ welcher euch angeleget iſt; dann mich/ und nicht euch hat der gotvergeſſene Boͤſewicht fahen/ und ſeinen unzuͤchtigen Willen an mir erfuͤllen wollen; daher bin ich ſchuldig/ eurem Vater herzen ſolches kindlich und demuͤhtig abzubitten/ ob ich gleich weder Raht noch Taht/ noch Willen darzu gegeben habe; haͤtte ich aber euer Elend wiſſen ſollen/ wuͤrde ich unerſchrocken mich ſelbſt in dieſes Verraͤhters Haͤnde eingeſtellet haben/ umb euch zuer- loͤſen/ der ungezweiffelten Hoffnung und Zuverſicht zu Gott/ er wuͤrde mir Krafft und Staͤrke verliehen haben/ ſeinen boßhafften Begierden zuwiederſtehen/ und ſolte mein er- ſtes geweſen ſeyn/ den Sohn auff den Vater anzuhetzen/ dem ich wuͤrde getraͤuen Beiſtand geleiſtet/ und ihn auch nach des Vaters Hinrichtung mit falſcher Hoffnung erfuͤllet ha- ben/ biß ihr und ich der Gefahr waͤhren entriſſen worden; doch ſind dieſes menſchliche Ge- danken/ und haͤtten vielleicht keinen Verfolg haben koͤñen/ deßwegen auch Gott es anders geſchicket hat/ deſſen Gerichte und Werke uns Menſchen zwar heimlich und verborgen/ und doch allemahl gut und gerecht ſind. Herzgeliebte Fr. Tochter/ antwortete der Koͤnig/ warumb woltet ihr euch deſſen beſchuldigen/ an dem ihr aller Dinge unſchuldig ſeyd? euer kindlicher Geh[o]rſam iſt nie wieder mich außgetreten/ zweifele auch nicht/ die Goͤtter wuͤr- den eure Ehr und Leben auch unter dieſes unzuͤchtigen Menſchen Zwange wol gerettet ha- ben; aber dannoch ſage ich dem Himmel Dank/ daß ihr unter ſeine Gewalt nicht gerahten ſeyd. Ich bin zwar ſcharff gezuͤchtiget/ als nie kein Koͤnig vor mir in der ganzen Welt; dañ was achte ich/ daß ehmahls Koͤnige ſich von einem groͤſſeren Koͤnige haben muͤſſen laſſen vor den Wagen ſpannen? was rechne ich ſolches/ daß Koͤnige von den Roͤmern erſchla- gen und hingerichtet ſind? jedoch/ wer weiß/ womit ichs an den Goͤttern verſchuldet/ daß ich der ganzen Welt ein Beiſpiel ſeyn/ und von meinem eigenen Untertahn mich dergeſtalt quaͤlen/
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Achtes Buch.
lich baht er Gallus/ er moͤchte bey der Koͤniglichen Geſelſchafft umb Gnade eines ſchleu-
nigen Todes anhalten/ welchen er willig ausſtehen wolte/ weil er denſelben wol verdienet
haͤtte. Was Uriſla ſeinen Sohn betraͤffe/ waͤhre derſelbe von ihm genoͤhtiget/ in dieſe Taht
zugehehlen/ daher er ohn zweifel mit gelinderer Straffe wuͤrde zubelegen ſeyn. Wie aber/
fragete Gallus/ wann dein Sohn dir deine Unzucht mit dem Fraͤulein zutreiben/ nicht haͤt-
te geſtatten wollen/ weil ſie ihm zum Gemahl außerſehen wahr? gewißlich wuͤrder ihr uͤber
dieſer Beute unter euch ſelbſt uneins worden ſeyn. Niniſla antwortete mit einem Gelaͤch-
ter; Ja/ mein Sohn ſolte mir wol keinen Teil an dem Fraͤulein gehabt haben; Zwar ich ge-
brauchte ihn zum Deckel/ und bildete ihm dieſe Heyraht feſte ein/ dann wie wolte ich ihn
ſonſt auff meine Seite gebracht haben? Aber mir ſelbſt hatte ich ſie ausgeſehen/ ſonſt
wuͤrde ich mich ſeinetwegen ſo tieff nicht gewaget haben. Haͤtte er mir aber Eintrag
tuhn wollen/ ſolte er mir alsbald mit dem Leben bezahlt haben. Der boͤſe Muhtwil-Teu-
fel muß dein Herz ganz in ſeinen Stricken führen/ ſagete Gallus/ ſonſt waͤhre unmoͤg-
lich/ daß du einer ſolchen Boßheit dich haͤtteſt unternehmen duͤrffen; ging hin/ und
hinterbrachte alles der Koͤniglichen Geſelſchafft. Worauff Valiſka ihren Herr
Vater fragete/ mit was vor Straffe er dieſen Erz Verraͤhter zubelegen willens waͤhre/
deſſen Boßheit alle uͤbertraͤffe/ ſo von Anfang der Welt moͤchte begangen ſeyn. Hie-
mit rante eine kleine Traͤhnen-Bach aus ihren Augen/ und fuhr gegen ihn alſo fort:
Gn. Herr Vater/ ich muß geſtehen/ daß leider ich ſelbſt alles des groſſen Jammers Urſach
bin/ welcher euch angeleget iſt; dann mich/ und nicht euch hat der gotvergeſſene Boͤſewicht
fahen/ und ſeinen unzuͤchtigen Willen an mir erfuͤllen wollen; daher bin ich ſchuldig/ eurem
Vater herzen ſolches kindlich und demuͤhtig abzubitten/ ob ich gleich weder Raht noch
Taht/ noch Willen darzu gegeben habe; haͤtte ich aber euer Elend wiſſen ſollen/ wuͤrde ich
unerſchrocken mich ſelbſt in dieſes Verraͤhters Haͤnde eingeſtellet haben/ umb euch zuer-
loͤſen/ der ungezweiffelten Hoffnung und Zuverſicht zu Gott/ er wuͤrde mir Krafft und
Staͤrke verliehen haben/ ſeinen boßhafften Begierden zuwiederſtehen/ und ſolte mein er-
ſtes geweſen ſeyn/ den Sohn auff den Vater anzuhetzen/ dem ich wuͤrde getraͤuen Beiſtand
geleiſtet/ und ihn auch nach des Vaters Hinrichtung mit falſcher Hoffnung erfuͤllet ha-
ben/ biß ihr und ich der Gefahr waͤhren entriſſen worden; doch ſind dieſes menſchliche Ge-
danken/ und haͤtten vielleicht keinen Verfolg haben koͤñen/ deßwegen auch Gott es anders
geſchicket hat/ deſſen Gerichte und Werke uns Menſchen zwar heimlich und verborgen/
und doch allemahl gut und gerecht ſind. Herzgeliebte Fr. Tochter/ antwortete der Koͤnig/
warumb woltet ihr euch deſſen beſchuldigen/ an dem ihr aller Dinge unſchuldig ſeyd? euer
kindlicher Gehorſam iſt nie wieder mich außgetreten/ zweifele auch nicht/ die Goͤtter wuͤr-
den eure Ehr und Leben auch unter dieſes unzuͤchtigen Menſchen Zwange wol gerettet ha-
ben; aber dannoch ſage ich dem Himmel Dank/ daß ihr unter ſeine Gewalt nicht gerahten
ſeyd. Ich bin zwar ſcharff gezuͤchtiget/ als nie kein Koͤnig vor mir in der ganzen Welt; dañ
was achte ich/ daß ehmahls Koͤnige ſich von einem groͤſſeren Koͤnige haben muͤſſen laſſen
vor den Wagen ſpannen? was rechne ich ſolches/ daß Koͤnige von den Roͤmern erſchla-
gen und hingerichtet ſind? jedoch/ wer weiß/ womit ichs an den Goͤttern verſchuldet/ daß
ich der ganzen Welt ein Beiſpiel ſeyn/ und von meinem eigenen Untertahn mich dergeſtalt
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 902. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/908>, abgerufen am 26.06.2024. |